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Britische Oldtimer sind die Leidenschaft dieses 79-jährigen Rothristers

Heinrich Spycher restauriert mit viel Fachwissen TR-Fahrzeuge von Triumph. Seine Passion teilt er nicht nur mit seiner Familie, sondern auch mit Mitgliedern des Swiss TR-Clubs, den er zusammen mit drei Kollegen vor 50 Jahren gegründet hat.

Ein Strassenschild an der Hausmauer weist den Weg: «Spychers TR-Werkstatt» steht da. Rein in die Garage, in der ein Mann gerade die Schutzbrille ablegt. «I be de Heiri», sagt Heinrich Spycher, bevor er die Schleifmaschine zur Seite legt. «Da muss aber noch einiges gehen», stellt der Besucher fest. «I ha jo Zyt», antwortet der 79-jährige Rothrister, der in seiner Freizeit mit viel Leidenschaft und grossem Fachwissen Old­timer restauriert. Britische Klassiker haben ihn seit Jugendtagen begeistert, restauriert hat er ausschliesslich Fahrzeuge der Marke Triumph. «Man muss sich auf etwas beschränken, sonst verzettelt man sich», sagt Spycher, und schliesslich sei das Ganze auch eine Frage des Geldes gewesen. «Mir hätte damals auch ein Jaguar E gefallen, aber Fahrzeuge dieses Typs waren für mich schlicht nicht erschwinglich», sagt er.

Auf den Triumph ist Spycher schon in seiner Jugend gekommen. «Zu Beginn meiner Lehrzeit als Carrosseriespengler lernte ich einen Lastwagenmechaniker kennen, der einen Triumph TR 2 besass», gibt Spycher zu Protokoll. In einer Zeit, als die Automobile praktisch ausschliesslich eckige Formen hatten, hätten ihm die fliesenden, runden Formen von Triumph ganz besonders gefallen. Erleichternd sei dazugekommen, dass Triumph ein eher billiges Auto gewesen sei.

Seinen Bubentraum, einen Triumph zu restaurieren, konnte sich Spycher mit dem Kauf eines Triumph TR 2 mit Jahrgang 1954 erfüllen. «600 Franken hat mich das Auto damals gekostet», erinnert er sich. Das töne zwar nach wenig, doch es gelte zu bedenken, dass er für das Auto immerhin einen halben Monatslohn hingelegt habe. Wie viele Arbeitsstunden er für die Restaurierung des Fahrzeugs zusätzlich aufgewendet habe, sei für ihn nie von Interesse gewesen. Den im ikonischen British Green Racing lackierten Oldtimer besitzt Spycher heute noch. Seinem TR 2 hat er zudem an der Front eine gelbe «Schnauze verpasst» – so, wie das früher bei den Rennen üblich gewesen sei. «Damals gab es noch keine Funkverbindungen zwischen Box und Fahrer – an den verschiedenfarbig lackierten ‹Schnauzen› der Rennwagen konnten die Mechaniker erkennen, welcher Fahrer in die Boxenstrasse einbog», erklärt Spycher.

Weitere Details lassen staunen. So wird etwa die Motorhaube mit zwei Verschlüssen aus Leder gesichert. Beim Kühlergrill gibt es eine Vorrichtung, die den Start des Autos mittels Kurbel erlaubt. Der Innenraum ist wunderschön restauriert. Die edlen schwarzen Sitzüberzüge mit weisser Paspelierung hat Spycher erworben. «Die Federung der Sitze ist aber Marke Eigenkonstruktion», sagt der 79-Jährige schmunzelnd – «ich habe dafür Federn aus einer alten Matratze verwendet».

Gleich neben dem TR 2 steht ein wunderschön restaurierter TR 4 mit Jahrgang 1963. Das Zweiplätzer-Cabriolet ist auffällig signalrot lackiert und mit Drahtspeichenrädern ausgerüstet. «Wir nehmen den fürs Foto», schlägt Spycher vor.

Ein vielseitig begabter ­Handwerker

Zurück in die Werkstatt. Hier wird Automobilgeschichte erhalten, das sieht man auf den ersten Blick. Im Raum steht Spychers nächstes grosses Projekt, ein Triumph TR 3. Die Karosserie hat Spycher weitgehend wieder instand gestellt. Den Kotflügel vorne rechts hat er eigenhändig aus einem Blech gefertigt. «Das können heute nur noch die wenigsten Spengler», sagt er mit Stolz und auch mit Bedauern. Er habe das Glück gehabt, seine Lehre bei Werner Schmitter vom gleichnamigen ehemaligen Carrosseriebetrieb in Oftringen absolvieren zu dürfen. «Ein guter Lehrmeister und hervorragender Berufsfachmann, der mir viel weitergegeben hat», blickt er dankbar zurück. Ebenso wie Spycher selber, der viele Jahre Lernende ausbildete und auch als Prüfungsexperte tätig war.

Aus der Geschichte von Triumph

Triumph wurde 1886 vom aus Deutschland stammenden Siegfried Bettmann gegründet. Die Triumph Cycle Company war ursprünglich ein Fahrradhändler, später Fahrrad­produzent. Ab 1902 wurden in Coventry auch Motorräder produziert. Ein erster 2-Liter-­Versuchswagen wurde bereits 1919 hergestellt, im April 1923 wurde das erste Triumph-Automobil vorgestellt. 1927 brachte die Firma mit dem «Super Seven» eines ihrer erfolgreichsten Automobile auf den Markt. Wirklich erfolgreich war die Firma allerdings nie – 1939 ging sie in Konkurs.Während des Zweiten Weltkriegs wurden in den Triumph-­Hallen Flugzeugteile produziert. In der Nacht vom 14. auf den 15. November 1940 zerstörte ein deutscher Luftangriff auf Coventry die Fabrikanlagen fast vollständig. Praktisch das gesamte Archiv ging dabei verloren.1944 übernahm die Standard Motor Company die Namensrechte. Diese nutzte den Namen Triumph zuerst für luxuriösere Modelle, konnte mit der ab 1953 aufgelegten TR-Modellreihe (TR 2 bis TR 8) nicht nur an die sportlichen Erfolge der Vorkriegsjahre anknüpfen, sondern auch wirtschaftlich erfolgreicher produzieren. Um 1970 – mit der Gründung der British Leyland Motor Corporation – begann der wirtschaftliche Abstieg. 1984 wurde die Produktion eingestellt, die Namensrechte liegen seit dem Kauf von Rover 1994 bei BMW. (tf)

«Jetzt geht es an die Detailarbeiten», sagt Spycher; später wird er die Karosserie sandstrahlen und lackieren lassen. Im Raum gleich nebenan steht der Motor. Den hat Spycher bereits vollständig revidiert. «Er sollte wieder laufen», sagt er strahlend. Wann wird der TR 3 auf Jungfernfahrt gehen? «Ich habe keinen Zeitplan», sagt Spycher. Es hoffe einfach, dass er den Wagen trotz gesundheitlicher Beschwerden fertig restaurieren könne.

Seine Begeisterung für Triumph-Fahrzeuge teilt Spycher mit seinen Klubkollegen vom Swiss TR-Club, den er vor 50 Jahren als Gründungsmitglied und Initiant zusammen mit drei Kollegen aus der Taufe gehoben hat. «Eigentlich der Not gehorchend», wie er selber einräumt. Im Club fanden Triumph-Enthusiasten zusammen, die sich gemeinsam um die Beschaffung der immer rarer werdenden Ersatzteile kümmern wollten. Die Gründungsversammlung fand im März 1975 in Brugg statt, Spycher wurde erster Präsident des Clubs. «Wir hofften damals, dass sich etwa 20 Mitglieder finden würden», erinnert er sich. Weit gefehlt. Der Club wuchs rasant – in kurzer Zeit zählte er über 100 Mitglieder. Dieses Jahr darf er sein 50-jähriges Bestehen feiern und ist mit seinen rund 330 Mitgliedern auch gut aufgestellt. Viele seiner Mitglieder haben mit Herzblut dazu beigetragen, das Erbe der Triumph-Fahrzeuge lebendig zu erhalten – mit Restaurierungen, Ausfahrten, dem Austausch technischen Wissens und nicht zuletzt auch mit der Organisation des alljährlich stattfindenden British Car Meetings.

Auch in Spychers Familie sind in der Zwischenzeit etliche Mitglieder mit dem Triumph-Virus infiziert worden. Die Tochter besitzt einen GT 6 Spitfire, ein Grosskind einen TR 4. «Und sämtliche Grosskinder, die einen Fahrausweis haben, dürfen auch mit meinen beiden Oldtimern fahren», verrät er.