Sie sind hier: Home > Garten > Weg mit Pool und Modepflanzen: Familie Sträuli lebt mitten in der Stadt den Traum von einem Naturgarten

Weg mit Pool und Modepflanzen: Familie Sträuli lebt mitten in der Stadt den Traum von einem Naturgarten

Gina Sträuli hat schon als Kind jedes Bienchen gerettet. Nun setzt sich die Brugger Einwohnerrätin mit der Aktion «Offener Garten» für mehr Biodiversität ein. Besichtigen kann man dabei auch ihre grüne Oase mitten in der Stadt, wo Pflanzen, Menschen und Tiere gemeinschaftlich zusammenleben.

Im Garten von Familie Sträuli an der Laurstrasse 7 in Brugg grunzt, bellt, miaut und summt es. Hier wohnen Menschen, Tiere und Pflanzen in einer symbiotischen Gemeinschaft zusammen. Was sich draussen zeigt, wird auch innerhalb des Hauses gelebt, das Gina und Nic Sträuli vor fünf Jahren von der Tierarztfamilie Pabst erworben haben. Das grosse Grundstück gehört der Einwohnergemeinde Brugg, die es Dritten im Baurecht zur Verfügung stellt.

Die Kleintierpraxis, die heute gemeinsam von den Mietern Nadine Theis und Bernhard Pabst geführt wird, befindet sich noch immer im Anbau. Die Einliegerwohnung haben die Sträulis an eine Wohngemeinschaft vermietet. «Das geht alles gut so nebeneinander», sagt Gina Sträuli. «Platz haben wir ja genug.»

Das von Gina Sträuli erbaute Weidenhaus (rechts) bietet Schatten und Geborgenheit.
Bild: Annegret Ruoff

Der grosse Garten ist unter den Händen von Gina und Nic Sträuli und ihren Kindern – sie sind 5 und 8 Jahre alt – zu einer vielfältigen Parklandschaft geworden. «Wir haben ihn restrukturiert», erklärt die Bruggerin, die für die Grünen im Einwohnerrat sitzt.

Modepflanzen aus den 90er-Jahren wurden ersetzt

In einem ersten Schritt hätten sie das Schwimmbad mit Holz zugedeckt, die grosse Eibe beim alten Poolhaus gefällt und Modepflanzen aus den 90er-Jahren ersetzt. Konzipiert von Nic Sträuli, er ist ausgebildeter Naturgartenspezialist und in der Geschäftsleitung eines Bioterra-zertifizierten Gartenbauunternehmens tätig, ist der Umschwung zu einem Paradies der Biodiversität herangewachsen.

Das alte Poolhaus wird von Bäumen umrankt.
Bild: Annegret Ruoff

Das merkt man nicht nur an den vielen Tieren, die hier hausen, darunter Blindschleichen, Ringelnattern, Molche, Vögel, Insekten und Igel, und zahlreichen Pflanzenarten. Sondern auch am Klima, das an diesem heissen Sommertag angenehm kühl und erfrischend ist. «Allgemein ist unser Garten einfach wahnsinnig feucht», erklärt Gina Sträuli.

Das hänge damit zusammen, dass die Bedingungen aufgrund des Baumbestands «fast wie am Waldrand» seien. «Für Selbstversorgung ist es hier definitiv zu schattig», schmunzelt die 37-Jährige und zeigt auf das Hochbeet, die Trübelisträucher und die Obstbäume, von deren Ertrag die Familie zehren kann. «Aber darauf sind wir hier in Brugg ja auch nicht angewiesen.»

Der mit Holz abgedeckte Pool wurde zum Sitzplatz, in dessen Schatten man entspannt plaudern kann.
Bild: Annegret Ruoff

Umrahmt wird der Naturgarten von einer Benjeshecke. Sie besteht aus Totholz, das nicht abgeführt, sondern in Form eines Zauns angeordnet und jedes Jahr neu aufgefüllt wird. «Das ist etwas Tolles», schwärmt Grafikerin Gina Sträuli, die heutzutage als Lehrperson an einer öffentlichen Tagesschule in Baden arbeitet. «Hier finden sehr viele Nützlinge Platz.» Dieses Jahr sei erstmals eine Igelmutter mit ihren Jungen in der Hecke eingezogen.

Lernen von den Pflanzen braucht Geduld

Dass auch ein Naturgarten nicht einfach sich selbst überlassen werden kann, wird bei den Ausführungen von Sträuli deutlich. «Wir nehmen dauernd Anpassungen vor», sagt die Hausbesitzerin und zeigt auf die Pfingstrosen, die unter dem Mirabellenbaum nicht so richtig in Fahrt kommen. «Sie haben nicht gern Konkurrenz», erklärt sie. «Deshalb müssen wir sie im Herbst versetzen.»

Ein Paradies für Kinder: Spielhaus im Garten von Familie Sträuli.
Bild: Annegret Ruoff

Solche Dinge habe sie lange unterschätzt. «Es gibt Pflanzen, die kommen zuerst wie verrückt, und nach zwei Jahren ziehen sie sich auf einmal zurück – um irgendwann wieder mit neuer Kraft aufzutauchen.» Das Gute daran: Sie lasse sich von den wechselnden Bedürfnissen der Pflanzen leiten und lerne stets dazu. «So zu gärtnern, ist ein aktiver Beitrag zum Schutz unseres Ökosystems, aber es braucht viel Geduld», gibt Gina Sträuli zu.

Gina und Nic Sträuli sind gefordert, immer wieder nach neuen Lösungen zu suchen. Als plötzlich die Ratten in ihrem Garten zunahmen und Spezialisten zur Anschaffung einer Katze rieten, kamen sie in einen inneren Konflikt. «Wir mögen Katzen, finden es aber nicht zumutbar, dass sie junge Vögel und Amphibien fressen», so die tierliebende Gartenbesitzerin, die schon als Kind jedes Bienchen gerettet hat.

Alte Rosensorten verströmen ihren Duft und locken Insekten an.
Bild: Annegret Ruoff

Deshalb haben sie lange überlegt und sind schliesslich auf die Idee gekommen, zwei Katzen aus dem Tierschutz zu sich zu nehmen, die durch ihren Geruch die Ratten vertreiben, aufgrund ihrer Defizite – die eine hat nur noch ein Auge, die andere eine lädierte Pfote – aber keine guten Jäger sind.

Sich von anderen Gärten inspirieren lassen

Um ihr grünes Paradies weiterzuentwickeln, schätzt Gina Sträuli den Austausch mit anderen Gartenbesitzerinnen und -besitzern. «Man kommt auf Ideen, kann von Erfahrungen zehren und eigene Kenntnisse weitergeben», sagt sie. Deshalb organisiert sie – angegliedert an die gleichnamige nationale Veranstaltung von Bioterra – am Samstag, 24. August, in Windisch und Brugg die Veranstaltung «Offener Garten».

Mit Steinen umrahmt und mit Mulch bestückt, werden bunt blühende Garteninseln geschaffen.
Bild: Annegret Ruoff

Von 10 bis 17 Uhr können Interessierte ihren Garten für Besucherinnen und Besucher öffnen. Die Standorte werden online publiziert. Ab 18 Uhr sind dann Besitzerinnen wie Besucher an der Laurstrasse 7 in Brugg zu Austausch und Apéro eingeladen. Dann ist auch Nic Sträuli vor Ort und gibt Auskunft über naturnahe Gärten.

Noch können sich Gartenbesitzende unterwww.naturfindetstadt.chanmelden. «Ich hoffe, dass dieser Tag viele Menschen dazu inspiriert, auf Balkonen, Sitzplätzen und in Gärten ein kleines Stück Biodiversität zu schaffen und so einen Beitrag für unser aller Klima zu leisten.»