Rund 400 Verdachtsfälle: So geht Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Betrug bei Covid-Hilfsgeldern vor
Die Schutzmassnahmen der Coronapandemie waren für alle einschneidend. Um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern, hatten Bund und Kantone finanzielle Hilfsangebote bereitgestellt. Diese wurden rasch und unbürokratisch angeboten – leider mitunter auch ungerechtfertigt beansprucht.
Rund 400 Betrugsverdachtsfälle werden dies im Aargau sein, so schätzt es das Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI). Dazu zählen der unrechtmässige Bezug von Covid-19-Krediten, aber auch der unrechtmässige Bezug von Erwerbsersatz für Selbstständigerwerbende, von Kurzarbeitsentschädigungen und kantonalen Härtefallgeldern.
«Der überwiegende Teil der Unternehmen hat während der Pandemie zurecht Wirtschaftshilfen beansprucht», lässt sich Regierungsrat Dieter Egli, Vorsteher DVI, in der Mitteilung vom Freitag zitieren. Das sei «gerechtfertigt und überlebensnotwendig» gewesen. Eine schnelle Bearbeitung der Betrugsverfahren sei deshalb besonders wichtig, um die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats gegenüber den vielen ehrlichen Hilfebeziehenden zu bewahren, sagt Egli weiter.
Gemeinsamer Standort und zusätzliche Stellen
Für die Bearbeitung der Fälle hat der Regierungsrat eine Frist von drei Jahren gesetzt. Dazu wurden sechs zusätzliche Stellen bewilligt.
Ein Ermittlungsteam der Staatsanwaltschaft und der Kantonspolizei hat im Juli 2022 einen gemeinsamen Standort in Buchs bezogen. So könne man Ressourcen bestmöglich bündeln und die Zusammenarbeit weiter intensivieren, sagt Markus Gisin, Chef der Kriminalpolizei Aargau.
In Buchs stehen neben erforderlichen Arbeitsplätzen auch zwei Einvernahmeräume zur Verfügung. Mit der örtlichen Nähe zum Dienst IT Forensik & Cybercrime der Kantonspolizei können auch grosse Datenmengen ideal bearbeitet werden.
Hinweise zu auffälligen Transaktionen oder Strafanzeigen gehen von Banken, vom Konkursamt und aktuell vor allem von den Bürgschaftsgenossenschaften ein. Nach den Verdachtsmeldungen werden insbesondere die Umsatzzahlen der betroffenen Unternehmen geprüft. Im Verlauf der Ermittlungen wird auch geklärt und geprüft, ob weitere strafbare Handlungen vorliegen, wie etwa Urkundenfälschung, Geldwäscherei oder Konkursdelikte.
Die Suche nach dem Geld lohnt sich
Die fallführenden Mitarbeitenden der Staatsanwaltschaft werten die oft sehr umfangreichen Daten in enger Zusammenarbeit mit den polizeilichen Mitarbeitenden aus. Im weiteren Verlauf der Ermittlungen werden die an den Delikten beteiligten Personen von Polizei und Staatsanwaltschaft befragt und mit dem Sachverhalt konfrontiert. Sind die Tatbestände erfüllt, wird je nach Strafmass Anklage beim zuständigen Gericht erhoben.
Von den bisher über 200 eingegangenen Betrugsverdachtsverfahren konnte ein Viertel, mehrheitlich einfache Verfahren, bereits erledigt werden. Die Deliktssumme beläuft sich aktuell auf 25 Millionen Franken.
Welcher Anteil der Deliktsumme sichergestellt werden kann, sei noch nicht abschätzbar, sagt Adrian Schulthess, Leiter der Kantonalen Staatsanwaltschaft. Nicht verwendete Geldbeträge würden sofort gesperrt oder sichergestellt. «Da die Beträge von beschuldigten Personen oft gar nicht für den Erhalt der Unternehmensexistenz benötigt worden sind, be- stehen Chancen, zumindest einen Teil der Gelder wieder eintreiben zu können», so Schulthess weiter. (phh)