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Nationalrat kürzt die Entwicklungshilfe um 250 Millionen Franken – und streicht auch Gelder für Palästinenser

Die bürgerliche Mehrheit ist bei den Budgetberatungen auf Kurs: Nach der Aufstockung der Mittel für die Armee hat der Nationalrat am Mittwoch bei der Entwicklungshilfe radikal gespart.

Die grosse Frage war: Hält die Allianz aus SVP, FDP und Mitte oder hält sie nicht? Ja, sie hielt. Deutlicher als erwartet hat der Nationalrat beschlossen, bei der Internationalen Entwicklungszusammenarbeit im nächsten Jahr 250 Millionen Franken zu sparen. Die Kürzung ist aus bürgerlicher Sicht nötig, um ein schuldenbremsenkonformes Budget zu machen. Denn am Montag hatte derselbe Rat entschieden, für die Armee eine halbe Milliarde Franken mehr auszugeben, als der Bundesrat geplant hat.

SP, Grüne, GLP und EVP warnten vor diesem «drastischen Kahlschlag». Die Berner SP-Nationalrätin Tamara Funiciello etwa sagte, die Hilfsgelder würden helfen, Regionen zu stabilisieren, Demokratien zu schützen und den Menschen einen Grund zu geben, zu bleiben statt zu gehen. GLP-Fraktionschefin Corina Gredig sagte, die humanitäre Tradition sei keine Last, sondern eine Investition. Es gebe kreativere Wege, um den Ausbau der Armeeausgaben zu finanzieren als bei der Entwicklungshilfe zu kürzen. Und der Freiburger Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey bemühte einen Nato-Admiral, um den Bürgerlichen den Zusammenhang zwischen Internationaler Zusammenarbeit und Sicherheit zu erklären. Der Abbau sei kontraproduktiv: «Wir vergeben uns einer der wichtigsten Sicherheitstrümpfe überhaupt.»

Gegen die Kürzung wehrte sich auch Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Sie würde dazu führen, dass ganze Projekte nicht durchgeführt werden können.

Zuerst die Sicherheit der Schweizer Bevölkerung

Die Warnungen verhallten; die Bürgerlichen setzten sich durch. Pius Kaufmann (Mitte/LU) erinnerte daran, dass die Internationale Entwicklungszusammenarbeit stark von der Friedensdividende profitiert habe. Sprich, die Ausgaben in diesem Bereich seien stark gewachsen – auch auf Kosten der Armee. FDP-Sprecher Alex Farinelli hielt die Kürzungen für machbar. Es brauche eine neue Gewichtung der Ausgaben. Auch die SVP schlug in diese Kerbe: Die Sicherheit der Schweizer Bevölkerung müsse an erster Stelle stehen, sagte Nationalrat Andreas Gafner.

Der Sparbetrag setzt sich wie folgt zusammen: Den Kredit für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit stutzte der Rat um 147,7 Millionen Franken, jenen für multilaterale Organisationen um 52,3 Millionen Franken. 50 Millionen Franken weniger als der Bundesrat genehmigte er für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

Die Kürzung in diesen drei Bereichen beträgt 16 Prozent. Alliance Sud schrieb in einer Medienmitteilung von Hungerspielen im Bundesrat. Mit diesem Budgetentscheid werde eine rote Linie überschritten. Der Verbund verschiedener Hilfsorganisationen erinnerte daran, dass dem Globalen Süden bereits wegen der Ukraine-Hilfe Gelder fehlen.

Zuberbühler und die Palästinenser

Zudem stimmte der Nationalrat einem Einzelantrag des Ausserrhoder SVP-Nationalrates David Zuberbühler zu, der die Streichung von 20 Millionen Franken für das umstrittene Palästinenser-Hilfswerk UNRWA gefordert hatte.

Noch ist das Budget nicht fertig beraten. Doch auch wenn sich abzeichnet, dass SP, Grüne und GLP den Voranschlag am Donnerstag ablehnen werden: Der bürgerliche Block wird es durchbringen. Ab nächster Woche beugt sich dann der Ständerat über das Budget. Seine vorberatende Kommission hat von drastischen Kürzungen bei der Entwicklungshilfe abgesehen.

Sie schlägt vor, in diesem Bereich 30 Millionen Franken zu sparen und setzt den Hebel an anderen Orten an. Zudem wollen die Ständeräte das Wachstum der Armeeausgaben bremsen. Die Ausgaben sollen bis 2032 auf ein Prozent des Bruttoinlandproduktes steigen – und nicht schon bis 2030.