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«Ein Vorschlag zum Vergessen»: Ausgerechnet die SP lehnt die «Service-Citoyen»-Initiative ab

Eine kürzlich lancierte Volksinitiative fordert, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen Dienst zu Gunsten der Allgemeinheit und der Umwelt leisten. Die SP-Spitze stellt sich dagegen. Sie kritisiert, die Initiative würde zu Lohndumping führen.

Alle Bürgerinnen und Bürger sollen einen Dienst zu Gunsten von Gesellschaft und Umwelt leisten: Das ist die Kernforderung der «Service-Citoyen»-Initiative, die diesen April lanciert wurde. Männer wie Frauen müssten einen «Bürgerdienst» leisten – sei es Militärdienst, Zivildienst, Zivilschutz oder ein anderes, gleichwertiges Milizengagement.

Hinter der Initiative steht der 2013 gegründete Verein ServiceCitoyen.ch. Im Komitee sitzen Politikerinnen und Politiker verschiedenster Couleur – auch aus der SP. Doch nun weht dem Volksbegehren just von dieser Seite ein rauer Wind entgegen. In einem Artikel in der SP-Mitgliederzeitschrift «Links» wird die Initiative thematisiert – unter dem Titel: «Ein Vorschlag zum Vergessen».

«Tausende schlecht bezahlte Zwangsjobs»

Die Initiative sei unsozial, führe zu Lohndumping und schade anderen Freiwilligen-Einsätzen, so die Kritik. Zudem widerspreche sie dem Verbot von Zwangsarbeit. «Mit einem solchen Dienst liessen sich Tausende schlecht bezahlte Zwangsjobs in Bildungsinstitutionen oder im Pflegebereich schaffen», schreiben die beiden Autoren Severin Meier und Lewin Lempert. Meier ist Politischer Fachsekretär bei der Partei, Lempert Projektleiter Kampagnen der SP sowie ehemaliger Sekretär der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA).

Ihr Artikel widerspiegelt die Haltung der SP-Spitze, die bisher nicht bekannt war, wie eine Nachfrage ergibt: Das Präsidium sei gegen die Initiative, sagt SP-Sprecherin Lena Allenspach. Dieses Gremium entscheidet jeweils darüber, ob Volksbegehren unterstützt werden.

Sollte die Initiative zu Stande kommen, würden wie üblich die Delegierten später die Parole fassen. Dass es Diskussionen geben wird, ist absehbar: Mit dem Walliser Nationalrat Emmanuel Amoos und dem Zürcher Lokalpolitiker Islam Alijaj sitzen zwei SP-Politiker im 27-köpfigen Initiativkomitee.

«Sinnstiftendes, bezahltes Engagement»

Noémie Roten ist Co-Präsidentin des Vereins ServiceCitoyen.ch. Sie weist die Kritik aus der SP entschieden zurück. Mit dem «Service Citoyen» werde Freiwilligenarbeit gefördert und via Erwerbsersatz auch mit 80 Prozent des Lohns entschädigt, sagt sie. «Das ist sicher keine Ausbeutung, sondern eine Möglichkeit, ein sinnstiftendes, bezahltes Engagement für Gesellschaft oder Umwelt zu leisten.»

Die Initiative führe auch keineswegs zu Lohndumping. Roten verweist auf den Zivildienst heute: Das Gesetz schreibt vor, dass die Einsätze keine bestehenden Arbeitsplätze gefährden und die Arbeitsbedingungen im Einsatzbetrieb nicht verschlechtern dürfen.

Aus Sicht der Initianten ist der «Service Citoyen» gut mit dem Verbot der Zwangs- und Pflichtarbeit vereinbar. Roten verweist auf Juristen, die diese Sichtweise unterstützen. Der« Service Citoyen» bringe mehr Wahlfreiheit als heute, sagt sie. «Zudem würde über die Initiative abgestimmt. Es ist nicht ein Autokrat, der das Volk zwingt.»

Roten hält die Argumente von Lempert und Meier für vorgeschoben. Sie sagt: «Offenbar hat sich im SP-Präsidium der GSoA-Flügel durchgesetzt. Ich bezweifle, dass die SP-Basis das genauso sieht.» Roten verweist auf eine Umfrage, gemäss der sich die Mehrheit der SP-Sympathisanten für einen obligatorischen Gemeinschaftsdienst aussprach.

Die GSoA hatte sich bereits letztes Jahr dagegengestellt – unter anderem wegen des Militärdiensts. Denn im Initiativtext heisst es explizit, der Sollbestand der Armee müsse garantiert werden. «Das Prinzip eines unnötigen Massenheeres wird mit diesem Vorschlag zementiert», schrieb Lewin Lempert 2021 in der «GSOA-Zitig». Der Titel lautete auch damals: «Ein Vorschlag zum Vergessen».