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Aargauer Rentnerin muss mit Pensionskasse 34’000 Franken Sozialhilfe zurückzahlen – doch ein grosses Fragezeichen bleibt

Eine frühpensionierte Sozialhilfe-Bezügerin muss einen Grossteil ihres Pensionskassen-Guthabens der Stadt Baden zurückzahlen, urteilt das Bundesgericht. Der Fall kam vor vier Jahren ins Rollen – heute wäre er nicht mehr möglich.

Eine heute 66-jährige Rentnerin muss dem Regionalen Sozialdienst Baden rund 34’000 Franken zurückzahlen. Das hat das Bundesgericht entschieden, wie aus einem am Donnerstag publizierten Urteil hervorgeht. Die Frau hatte bis zu ihrer Frühpensionierung als 62-Jährige, konkret von Januar 2014 bis Ende März 2020, insgesamt 84’000 Franken Sozialhilfe bezogen. Die Frau wohnte allerdings nicht in Baden selbst, sondern in einer dem Sozialdienst angeschlossenen Gemeinde.

Bei ihrer Pensionierung verfügte die Frau in der Pensionskasse über ein Guthaben von 39’000 Franken. Daraufhin forderte die Sozialkommission der Stadt Baden, dass sie jene 34’000 Franken zurückerstatten müsse. Die Differenz erklärt sich durch den sogenannten Freibetrag von 5000 Franken.

Heute sind solche Rückforderungen im Aargau verboten

Baden wie auch andere Aargauer Gemeinden wie Beinwil im Freiamt oder Wettingen forderten von Sozialhilfe-Beziehenden, dass sie bei einer Frühpensionierung ihre Pensionskasse auflösen und mit diesen Ersparnissen Sozialhilfeschulden zurückzahlen.Diese Praxis war im Kanton Aargau vom Gesetz her möglich, aber umstritten.In anderen Kantonen wie Zürich war diese Praxis verboten.

Seit Anfang 2023 ist diese Praxis auch im Kanton Aargau nicht mehr möglich, nachdem der Aargauer Regierungsrat die Sozialhilfe- und Präventionsverordnung entsprechend geändert hatte. Für die 66-Jährige kommt dies zu spät. Die Stadt Baden hatte die Rückerstattung mit ihrer Frühpensionierung zuvor, sprich am 1. April 2021 verfügt. Und der Regierungsrat hatte auf eine Übergangsregelung verzichtet.

Fragezeichen hinter der Höhe der Rückzahlung

Die Rentnerin wehrte sich durch alle Instanzen gegen die Rückerstattung der Sozialhilfeschulden. Die zwei Richterinnen und der Richter des Bundesgerichts aus Lausanne haben das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt. Schon dieses hatte festgehalten, dass die Aufhebung der Rückforderung – wie es die 66-Jährige und ihr Anwalt verlangten – gegen das Gebot der Rechtsgleichheit verstossen würde.

Welchen Betrag der Regionale Sozialdienst Baden nun von der Rentnerin zurückerhalten wird, bleibt allerdings fraglich. Die Frau ist arm und gesundheitlich angeschlagen, das Pensionskassen-Guthaben sei ihr einziger Vermögenswert, war im Urteil des Verwaltungsgericht zu lesen. Liegt ihr Einkommen selbst inklusive der Pensionskassenrente unterhalb des Existenzeinkommens, wird eine Pfändung nicht möglich sein.

Urteil:8C_124/2024