Cassis widerspricht Dosé: «Bundesrat unterschätzt Situation überhaupt nicht»
Tut die Schweiz genug, um im kommenden Winter wegen des Ukraine-Kriegs keine Engpässe im Energie-Bereich zu haben? Auf diese komplexe Frage gibt es bislang keine einfachen Antworten. Aber viele Meinungen. Eine pointierte Stimme ist dabei André Dosé, Präsident von Swissgas und dem Gasverbund Mittelland. Und in dieser Funktion machte er am Donnerstag dem Bundesrat und der Schweiz in einem Interview happige Vorwürfe: Land und Regierung seien sich «zu wenig bewusst, wie gefährlich die Situation ist». Für Dosé ist klar: «Wir haben ein riesiges Problem.»
Tags darauf folgt bereits die Antwort der Regierung. Und zwar von Ignazio Cassis: «Nein, der Bundesrat unterschätzt die Situation überhaupt nicht», sagt der Bundespräsident im Interview mit «Blick TV». So habe sich der Bundesrat in den letzten Tagen «stark mit dem Thema befasst», habe Pläne verabschiedet für die Energieversorgung oder die Information der Bevölkerung. «Der Bundesrat ist auf Kurs», so Cassis.
Verweis auf andere Ausgangslage
Geht es nach dem Bundespräsidenten, tut sich die Schweiz generell schwer mit Unsicherheiten. «Im Moment ist die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts minim klein», sagt Cassis. Nichtsdestotrotz könne man aber sagen, dass die Energie- und vor allem die Gasversorgung dem Bundesrat Sorge bereite. Doch warnt der Bundespräsident vor voreiligen Schlüssen.
So rufe die Schweiz – anders als etwa Deutschland – bislang nicht zum Stromsparen auf, «weil wir eine andere Ausgangslage haben», so Cassis. Der Aussenminister verweist dabei auf den anderen Strommix der Schweiz im Vergleich zum nördlichen Nachbarland. Hierzulande sei man weniger stark abhängig von fossilen Energieträgern wie Gas. Dennoch sei auch die Schweizer Stromversorgung abhängig von den Nachbarländern. Ignazio Cassis: «Wenn es denen nicht gut geht, geht es auch uns nicht gut.»
Namentlich wirft Gas-Präsident André Dosé der Schweiz vor, diese hätte sich vor drei Monaten für ein oder zwei Milliarden Franken Gas sichern sollen. Nun sei die Beschaffung um das Dreifache teurer geworden. Ein Problem sind laut Dosé auch die «astronomisch hohen finanziellen Garantien», die Lieferanten mittlerweile für die Optionen verlangen. Nebst Abklärungen zu verschiedenen Szenarien hat der Bundesrat bislang vor allem mit dem Nachbarland Deutschland Verhandlungen für ein Solidaritätsabkommen im Falle einer Gas-Mangellage aufgenommen. (sat)