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Letzte Chance für Jositsch? SVP und SP entscheiden über Kandidaturen

Am Freitag fallen wichtige Vorentscheide im Hinblick auf die Bundesratswahl. Die SVP-Fraktion nominiert ihre Kandidaten und die SP bestimmt, ob ein Mann für das Ticket infrage kommt.

In weniger als drei Wochen steht fest, wer Ueli Maurer (SVP) und Simonetta Sommaruga (SP) im Bundesrat ersetzen wird. Nun gilt es ernst für die Bewerberinnen und Bewerber um die Nachfolge. Am Freitag treffen sich die Bundeshausfraktionen beider Parteien, um wichtige Vorentscheide zu fällen. Die Bundesratswahl kommt in ihre heisse Phase.

SVP

Die SVP-Fraktion tagt in Hérémance im Kanton Wallis. Sie dürfte für den Maurer-Sitz ein Zweierticket nominieren und damit der Empfehlung von Findungskommission und Fraktionsvorstand folgen. Auf Namen wollten sich beide Gremien nicht festlegen. Alle fünf Kandidierenden hätten einen eindrücklichen Leistungsausweis und seien wählbar, hiess es.

Zur Wahl stellen sich:

Michèle Blöchliger, Regierungsrätin (Nidwalden)

Albert Rösti, Nationalrat (Bern)

Werner Salzmann, Ständerat (Bern)

Heinz Tännler, Regierungsrat (Zug)

Hans-Ueli Vogt, alt Nationalrat (Zürich)

Sie können sich in einem Hearing präsentieren, in alphabetischer Reihenfolge, und erhalten je fünf Minuten Zeit, sich vorzustellen. Anschliessend können ihnen die Fraktionsmitglieder Fragen stellen. Danach wird die Fraktion die Nomination vornehmen. Über den Entscheid wird gemäss einer Mitteilung nicht vor 17.30 Uhr informiert.

Diese Kandidatinnen und Kandidaten wollen für die SVP in den Bundesrat:

Albert Rösti: Der Berner Nationalrat gab am 10. September nach zehn Tagen Bedenkzeit bekannt, dass er kandidieren will. Nach etlichen Gesprächen und der Lagebeurteilung könne er mit «klarem Ja» sagen, dass er sich das Amt zutraue und eine klare Vorstellung davon habe, wie er dem Land als Bundesrat dienen wolle, so Rösti. Der Berner Oberländer ist promovierter Agronom und Berater, 55 Jahre alt und Gemeindepräsident von Uetendorf bei Thun. Seit 2011 politisiert er im Nationalrat, von 2016 bis 2020 war er Präsident der SVP Schweiz.
Urs Flueeler / KEYSTONE
Werner Salzmann: Der Berner SVP-Ständerat stieg als Erster ins Rennen um die Nachfolge von Ueli Maurer. Er habe das Anforderungsprofil studiert und sei zum Schluss gekommen, dass er es erfülle, sagte er am 7. Oktober. Der 59-jährige Salzmann ist Chefexperte bei der Steuerverwaltung des Kantons Bern. Er ist seit 2019 Ständerat, zuvor war er während einer Legislatur Nationalrat. Salzmann war früher Präsident der kantonalen SVP.
Urs Flueeler / KEYSTONE
Heinz Tännler: Der Zuger Regierungsrat will in den Bundesrat. Er hat seine Kandidatur bekannt gegeben.
ANDY METTLER
Michele Blöchliger: Die Nidwalder Regierungsrätin hat als erste Frau ihre Kandidatur bekannt gegeben.
Urs Flueeler / KEYSTONE
Hans-Ueli Vogt: Der Zürcher alt Nationalrat wurde von der Zürcher SVP ins Rennen um die Nachfolge von Ueli Maurer geschickt.
Urs Flueeler / KEYSTONE

Als gesetzt gilt Rösti. Der frühere SVP-Präsident verfügt über starken Rückhalt in der Fraktion und kommt auch bei den anderen Parteien gut an. Um den zweiten Platz auf dem Ticket könnte es zu einem «Hosenlupf» zwischen Tännler und Vogt kommen. Unter Röstis «Getreuen» gibt es angeblich Bestrebungen, den homosexuellen Zürcher zu verhindern.

Solche Spekulationen und Machtspielchen sind Teil fast jeder Bundesratswahl. Sie sind nur bedingt ernst zu nehmen. Albert Rösti jedenfalls ist und bleibt Topfavorit. Werner Salzmann hingegen wird es als zweiter Berner kaum auf das Ticket schaffen. Und Michèle Blöchliger dürfte über ihre schweizerisch-britische Doppelbürgerschaft stolpern.

SP

Bei den Sozialdemokraten, die für die Ersatzwahl weniger Zeit zur Verfügung haben als die SVP, geht es am Freitag noch nicht um Namen. Die Fraktion entscheidet im Bundeshaus vielmehr über die Kriterien, die für eine Kandidatur gelten sollen. Konkret geht es um das von Partei- und Fraktionspräsidium vorgeschlagene Ticket mit zwei Frauen.

Die Ausgrenzung der Männer bei gleichzeitiger Öffnung für Bewerbungen aus allen Landesteilen hat für Diskussionsstoff und Unmut gesorgt. Provoziert fühlt sich vor allem der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch, dem schon länger Bundesratsambitionen nachgesagt werden. Er hat trotz der Ausschlusskriterien seine Kandidatur eingereicht.

Die Sitzung am Freitag ist wohl die letzte Chance für Jositsch, es doch auf das Ticket für die Sommaruga-Nachfolge zu schaffen. Sein Solothurner Ratskollege Roberto Zanetti schlägt eine Dreiernominierung vor. Dazu wird es jedoch kaum kommen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die SP-Fraktion trotz der teils heftigen Kritik am reinen Frauenticket festhalten wird.

Zur Wahl stellen sich:

Evi Allemann, Regierungsrätin (Bern)

Elisabeth Baume-Schneider, Ständerätin (Jura)

Eva Herzog, Ständerätin (Basel-Stadt)

Beim heutigen Stand zeichnet sich ein Ticket mit Allemann und Herzog ab, wobei die Baslerin als Favoritin gilt. Baume-Schneider dürfte als Westschweizerin kaum eine Chance haben. Allerdings läuft die Meldefrist bis kommenden Montag um 12 Uhr. Eine kurzfristige weitere Kandidatur ist nicht auszuschliessen, aber wenig wahrscheinlich.

Diese Kandidatinnen und Kandidaten der SP wollen in den Bundesrat:

Evi Allemann ist 44, sass bis 2018 im Nationalrat für den Kanton Bern und amtet für diesen nun als Justizdirektorin in der Regierung.
Peter Schneider / KEYSTONE
Eva Herzog ist seit 2019 Basler Ständerätin, 60 Jahre alt und war lange Regierungsrätin und Finanzvorsteherin in ihrem Kanton.
Juri Junkov
Daniel Jositsch ist amtierender Zürcher Ständerat, 57-jährig und Rechtsprofessor. Bevor er Ständerat wurde, sass er im Nationalrat.
Peter Klaunzer / KEYSTONE
Elisabeth Baume-Schneider ist Ständerätin des Kantons Jura, 58 Jahre alt und sass ebenfalls lange in der Kantonsregierung ihrer Heimat.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE

Danach wird eine Findungskommission die eingereichten Kandidaturen auf ihre Eignung hin prüfen. Parallel dazu finden vier öffentliche Hearings statt, an denen sich die Kandidierenden den Parteimitgliedern und interessierten Personen vorstellen:

21. November, 19 Uhr, Neubad, Luzern

22. November, 19 Uhr, Centre Pluriculturel et social d’Ouchy, Lausanne

23. November, 19 Uhr, Volkshaus, Zürich

24. November, 19 Uhr, Kulturhotel Guggenheim, Liestal

Am 25. November gibt der Parteirat der SP Schweiz an einer ausserordentlichen Sitzung eine Empfehlung zuhanden der Bundeshausfraktion ab. Diese wird tags darauf erneut zusammenkommen, um das endgültige Ticket zu nominieren. Am 28. November beginnt die Wintersession mit Hearings in allen Fraktionen, und am 7. Dezember findet die Wahl statt.