
Wen wählen die Aargauer Parlamentarier am Mittwoch in den Bundesrat? Wir haben uns umgehört
Seit Bundesrätin Viola Amherd im Januar ihren Rücktritt bekannt gegeben hat, darf über ihre Nachfolge spekuliert werden. Nachdem Regierungsrat Markus Dieth sich gegen eine Kandidatur ausgesprochen hatte, war klar, dass der Aargau kaum mit einer Vertretung rechnen kann. Doch wen wählen die Aargauer Parlamentarier am Mittwoch in den Bundesrat?
SVP-Nationalrat Thomas Burgherr sagt, er sei erstaunt gewesen, dass die Mitte nicht auf den Rücktritt von Bundesrätin Amherd vorbereitet war, obwohl dieser zu erwarten gewesen sei. «All die Absagen, welche medial begleitet wurden, waren peinlich», findet Burgherr. «Trotzdem bin ich mit dem Ticket zufrieden.» Für ihn spielten weder Geschlecht, Alter noch die Region eine grosse Rolle. «Ich werde die beste Person, welche von der Partei nominiert wurde, wählen. Für mich ist dies Markus Ritter», sagt Burgherr.
Auch seine Aargauer Fraktionskolleginnen und -kollegen sprechen sich mehrheitlich für Markus Ritter aus, so etwa Andreas Glarner. Der Präsident der SVP Aargau bezeichnet das Mitte-Ticket als «akzeptabel». Alois Huber sagt, da er Vizepräsident des Bauernverbands sei, sei wohl vielen klar, welchen Namen er auf seinen Wahlzettel schreibe. «Für mich persönlich stimmt das Zweierticket. In naher Vergangenheit wurden der Vereinigten Bundesversammlung schon Vorschläge unterbreitet, die viel spezieller waren», so Huber.

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Ritter ist bei der SVP klarer Favorit
Benjamin Giezendanner sagt, aus seiner Sicht seien beide Kandidaten «wählbar und erfüllen die Voraussetzungen für das Amt des Bundesrates». Dabei stünde für ihn das Departement VBS mit zahlreichen Herausforderungen im Vordergrund. «Dieses Schlüsseldepartement braucht einen Vorsteher, welcher den Auftrag ins Zentrum stellt und unter Umständen auch ungemütliche Entscheidungen fällen muss.» Dabei habe sich Nationalrat Ritter klar als Favorit herauskristallisiert, sagt Giezendanner.
Ähnlich argumentiert Parteikollege Christian Glur. Auch wenn er selbst Bauer sei, wähle er Ritter nicht primär wegen seines Berufs, erklärt der Nationalrat. «Markus Ritter hat Biss und Durchhaltevermögen, das hat er als Präsident des Bauernverbands und in den zwölf Jahren als Nationalrat bewiesen.» Deshalb traue er ihm zu, die Aufgaben im VBS anzupacken. Zum Mitte-Ticket sagt Glur, es seien valable Kandidaturen. «Ich finde es positiv, dass wir eine Auswahl haben, insofern hat die Mitte ihren Job gemacht.»

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«Nachdem die Mitte zwischenzeitlich den Anspruch auf den FDP-Bundesratssitz erhoben hat und einige hochkarätige Kandidaten sich bereits frühzeitig aus dem Rennen genommen haben, können wir froh sein, wenigstens eine Auswahl zu haben», sagt SVP-Nationalrätin Stefanie Heimgartner. Sie verrät nicht, wen sie am Mittwoch auf dem Wahlzettel notiert, nur so viel: «Ich halte mich an die bewährte Zauberformel und werde einen Herrn vom Ticket wählen.»

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Noch keinen klaren Favoriten hat ihr Parteikollege Christoph Riner. «Ich werde mir aber heute, einen Tag vor der Wahl, nochmals in Ruhe gewisse Gedanken machen können», erklärt er der AZ am Dienstagmorgen. Der Mitte-Sitz werde sicher nicht bestritten und beide Kandidaten verfügten über grosse politische Erfahrung. «Politisch konnte ich in der Anhörung und im persönlichen Gespräch aber durchaus gewisse Unterschiede ausmachen», sagt Riner. «Nebst den Aufgaben, welche im VBS warten, wurden auch andere politische Themen angesprochen. Politische Inhalte sind mir für meinen Wahlentscheid selbstverständlich äusserst wichtig.»

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Aargauerin leitet die Bundesratswahlen
Nationalratspräsidentin Maja Riniker (FDP) verrät nicht, wen sie wählt. Für sie ist es ein spezieller Tag: «Ich bin leicht nervös, zumal ich die Vereinigte Bundesversammlung auch leiten darf», erklärt sie gegenüber der AZ.

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Bedeckt halten sich auch Ständerätin Marianne Binder und Nationalrat Andreas Meier von der Mitte. Binder war Mitglied der Findungskommission und spricht von einem «sehr guten Ticket». Ritter und Pfister seien unterschiedliche Persönlichkeiten mit politisch unterschiedlichen Prägungen. «Aber sie sind Persönlichkeiten, welche die Werte unserer Partei bestens vertreten. Beide sind bestens in der Lage, dieses Amt auszufüllen.»
Andreas Meier sagt: «Beide sind valable Kandidaten und haben intakte Chancen.» Der Winzer legt sich also öffentlich nicht auf Landwirt Ritter fest. «Das Parlament ist zurzeit gespalten.» Nationalrätin Maya Bally verpasst die Abstimmung wegen einer Darmoperation.

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Bei der GLP hiess es nach den Hearings letzte Woche, dass sie Pfister bevorzugt. Mit seiner Positionierung bei den Beziehungen zur EU stehe er der GLP-Position näher, hiess es. Nationalrat Beat Flach will sich am Dienstag nicht in die Karten schauen lassen und gibt keine Auskunft, wen er wählen wird. Auch Matthias Jauslin nicht.
SP und Grüne haben ihre Hearings mit Martin Pfister und Markus Ritter am Dienstagnachmittag durchgeführt. Die Aargauer Parlamentarier der beiden Parteien wollten diese erst abwarten. Später heisst es, dass die SP sich am Mittwochmorgen nochmals zur Diskussion über die beiden Kandidaten trifft. Unabhängig davon sagt SP-Nationalrätin Gabriela Suter: «Ich hätte mir gewünscht, dass eine Mitte-Frau kandidieren würde.» Sie arbeite mit Mitte-Parlamentarierinnen gut zusammen, die Bundesratsformat hätten.

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Grüne-Nationalrätin Irène Kälin nannte das Mitte-Ticket imAZ-Interviewdagegen ein «Armutszeugnis». Ihre Begründung: Beide seien am rechten Flügel der Mitte zu verorten. Sie kritisierte, beide hätten mit Überheblichkeit angekündigt, innert kürzester Zeit das VBS ausmisten zu wollen.