Vorteil Eva Herzog: Die SP Fraktion präsentiert ein logisches Ticket – und verärgert die Konkurrenz
Drei Wahlgänge benötigte die SP-Fraktion am Samstagmittag, bis das Zweierticket bestimmt war, das sie der Bundesversammlung für die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga vorschlägt. Dabei lag die Berner Regierungsrätin Evi Allemann lange gut im Rennen – im zweiten Wahlgang erzielte sie sogar das beste Ergebnis. Doch in der dritten Runde fiel die Entscheidung: Elisabeth Baume-Schneider und Eva Herzog erhielten je 23 Stimmen. Allemann fiel mit 14 Stimmen raus.
Mit den beiden Ständerätinnen präsentierte die SP-Spitze im Anschluss den Medien ein logisches Ticket: Herzog, die profilierte Baslerin, die ihre Durchsetzungsfähigkeit schon als Finanzdirektorin unter Beweis gestellt hatte, gilt seit Sommarugas Rücktrittsankündigung als Favoritin. Die Nomination Baume-Schneiders zeichnete sich in den letzten Tagen aus taktischen Gründen ab: Als Welsche sind ihre Chancen auf den Deutschschweizer Sitz Sommarugas im Parlament geringer. Damit war sie für Herzog wie Allemann die ungefährlichere Partnerin auf dem Ticket und wurde auch deswegen aufgeschrieben. Herzogs Unterstützerinnen und Anhänger in der Fraktion haben dieses Manöver für sich entschieden.
Eingerahmt vom SP-Präsidium mit Mattea Meyer und Cédric Wermuth sowie Fraktionschef Roger Nordmann traten die frisch Nominierten im Bundeshaus vor die Medien. Wermuth bezeichnete das Duo als «eines der besten Tickets, das der Bundesversammlung je präsentiert worden ist». Er hob unter anderem die Erfahrung der 58-jährigen Baume-Schneider und der 60-jährigen Herzog hervor. Angesprochen darauf, dass nun aber keine Mutter mit schulpflichtigen Kindern auf dem Ticket stehe, wies Wermuth leicht genervt darauf hin, die SP-Spitze habe das nie gefordert.
Allerdings hatten Meyer wie Wermuth selber die Debatte über junge Mütter im Bundesrat angestossen: In Interviews erwähnten sie Politstars wie Sanna Marin, die als finnische Premierministerin Amt und Familie vereinbaren könne. Das müsse auch in der Schweiz möglich werden. Offensichtlich ist es noch nicht so weit.
Nach der Werbetour bei den Linken folgt nun das Weibeln bei den Rechten
Für Baume-Schneider und Herzog spielen solche Diskussionen freilich keine Rolle mehr. Sie müssen jetzt ihre Perspektive wechseln. Nachdem sie seit Tagen mit pointiert linken Positionen und ihren sozialen Erfolgen als Regierungsrätinnen die eigene Partei von sich zu überzeugen versuchten, müssen sie in der kommenden Woche nun bei der politischen Konkurrenz punkten. Insbesondere bei den bürgerlichen Fraktionen, die in der Bundesversammlung die Mehrheit haben.
Insofern war interessant, was sie am Samstag auf die Frage sagten, ob sie der SP-Fraktion Versprechen abgegeben hatten: Wie tragen sie die Interessen der Partei in die Regierung? «Wir sind zu erfahren, um Versprechen abzugeben», sagte Baume-Schneider. Und auch Herzog sagte: Versprechen abzugeben, wäre «nicht sehr vernünftig». Beide verwiesen auf ihre linken Überzeugungen und ihren politischen Leistungsausweis.
Wenn aber in der am Montag beginnenden Session die bürgerlichen Fraktionen die beiden Kandidatinnen anhören werden, dürfte es (hinter verschlossenen Türen) etwas anders tönen: Dort geht es dann um Kompromissfähigkeit, Konkordanz und Pragmatismus. Dabei liegen die Vorteile bei Herzog. Sie gehört dem rechten Flügel der SP an, ist Mitglied der Reform-Plattform. Im Widerspruch zur SP unterstützte sie auf nationaler Ebene die Unternehmenssteuerreform III und lieferte so schon als Regierungsrätin den Beleg ihrer Unabhängigkeit von der Partei. Ihr werden gute Kontakte zu den grossen Basler Konzernen nachgesagt. Was in der linken Presse für Kritik sorgt, dürfte ihr im Parlament nützlich sein.
Baume-Schneider hat derweil ein linkeres Profil. In den Porträts wird etwa auf ihre Vergangenheit in der marxistischen Liga in La Chaux-de-Fonds hingewiesen, auch im Ständerat stimmt sie leicht linker als Herzog. Als Bauerntochter, die Schweizerdeutsch spricht, könnte sie trotzdem auch bei Bürgerlichen punkten. Schwerer wiegt das zweite Handicap: Sie wäre die dritte Welsche im Bundesrat und, Ignazio Cassis eingerechnet, die vierte Lateinerin. Die deutschsprachige Bevölkerungsmehrheit wäre in der Regierung in der Minderheit.
FDP diskutiert am Dienstag über Baume-Schneiders «Scheinkandidatur»
In der FDP ist deswegen schon von einer «Scheinkandidatur» die Rede: Mit nur einer Deutschschweizerin auf dem Ticket habe das Parlament gar keine Wahl. Denn die Verfassung verlange, dass alle Landesteile angemessen im Bundesrat vertreten seien. Dem hielt Baume-Schneider entgegen, die Verfassung mache keine mathematische Vorgaben. Das wäre auch bedauerlich, sonst hätte ja das Tessin nie einen Bundesrat, weil es nicht einen Siebtel der Bevölkerung ausmache. Schützenhilfe leistete Fraktionschef Nordmann: Im Bundeshaus werde fast immer Deutsch gesprochen, die deutsche Schweiz käme nicht zu kurz in Bern.
Ob das reicht, um die Freisinnigen zu besänftigen, ist fraglich. Lädt die FDP die offizielle Kandidatin aus dem Jura überhaupt zur Anhörung ein? Oder wird man bei der Bundesratswahl auch andere Namen als jene der beiden offiziellen Kandidatinnen einwerfen? «Das sind Fragen, die wir am Dienstag diskutieren» werden, sagt Fraktionschef Damien Cottier auf Anfrage. Vermutlich sei es aber besser, die Ansichten der politschen Gegner anzuhören. «Dann können wir in Kenntnis der Argumente entscheiden.» Das ist zwar keine Einladung, aber Baume-Schneider kann zumindest noch auf einen Auftritt bei der FDP hoffen.