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Jetzt meldet eine SVP-Frau Ambitionen an: Knackt Regierungsrätin Michèle Blöchliger das Bollwerk Bundesparlament?

Die Nidwaldner Regierungsrätin Michèle Blöchliger will Ueli Maurers Nachfolgerin werden. Sie hat ein Handicap: Das Parlament wählt höchst selten Nichtparlamentarier in den Bundesrat. Kann Blöchliger diese Regel durchbrechen?

Jetzt bewirbt sich doch noch eine Frau als Nachfolgerin von Ueli Maurer. Die Nidwaldner Finanzdirektorin Michèle Blöchliger, die am Freitag ihren 55. Geburtstag feiert, hat in Stans ihre Kandidatur bekannt gegeben. Michèle Blöchliger? Sie flog bis jetzt unter dem Radar der Politschweiz hindurch.

Als aussichtsreiche Kandidatinnen galten eher Magdalena Martullo-Blocher, Natalie Rickli oder Esther Friedli. All diese SVP-Frauen wollen nicht. Blöchliger will das 120. Mitglied der Landesregierung werden. «In aller Bescheidenheit darf ich sagen, dass ich durch meinen privaten, beruflichen und politischen Werdegang viele Voraussetzungen mitbringe für diese anspruchsvolle Aufgabe.» Blöchliger ist Juristin und hatte verschiedene Führungsfunktionen in der Wirtschaft inne, zum Beispiel bei der UBS als stellvertretende Regionenleiterin in der Vermögensverwaltung. Sie war Gründungs- und erste Kantonalpräsidentin der SVP Nidwalden (1999 bis 2005), sass von 2002 bis 2018 im Nidwaldner Kantonsparlament.

Nur etwa ein Dutzend Nichtparlamentarier wurden gewählt

Reicht ihr Rucksack für den Bundesrat? Tatsache ist: Blöchliger hat ein Handicap, das nichts mit ihren persönlichen Qualifikationen zu tun hat. In der Geschichte des modernen Bundesstaates wurden bis jetzt nur etwa ein Dutzend Personen in den Bundesrat gewählt, die vorher nicht im eidgenössischen Parlament politisierten. In den letzten drei Wahlen scheiterte jedes Mal eine Regierungsrätin oder ein Regierungsrat am Parlamentsbollwerk. Der Berner Politologieprofessor Adrian Vatter sagt:

«Die Parlamentarier wählen in erster Linie Parlamentarier in die Regierung, weil sie diese besser kennen und entsprechend vertiefte Kontakte bestehen.»

Urs Altermatt, Historiker und Herausgeber des Bundesratslexikons, ergänzt: «Es ist – früher noch mehr als heute – Usus, dass die Parlamentarier ein ‹Clubmitglied› in die Exekutive hieven.» Das Parlament wolle den «Club» auch nicht zu weit öffnen, um das Kandidatenfeld und somit die Konkurrenz nicht zu stark zu erweitern. «In der Regel schafften Nichtmitglieder des eidgenössischen Parlaments nur in speziellen Konstellationen die Wahl in den Bundesrat.»

Viel Drama um Widmer-Schlumpf und Dreifuss

Eine solche ergab sich letztmals im Dezember 2007, als das Parlament die Bündner Regierungsrätin Eveline Widmer-Schlumpf wählte, um Christoph Blocher aus dem Bundesrat zu werfen. Nicht minder dramatisch verlief die Wahl von Ruth Dreifuss, die es politisch «nur» in die Legislative der Stadt Bern gebracht hatte. Das Parlament schickte die Sozialdemokratin am 10. März 1993 in die Landesregierung, nachdem es eine Woche Christiane Brunner verschmäht hatte. Es gab Demonstrationen, und der gewählte Francis Matthey verzichtete, auch auf Druck seiner Partei.

Ohne Nebengeräusche schafften zuletzt Micheline Calmy-Rey und Ruth Metzler den Sprung von der Kantons- in die Landesregierung. Allerdings mussten sie sich nicht gegen eidgenössische Parlamentarier durchsetzen, sondern gegen andere Regierungsrätinnen.

Ein Selfie mit Ueli Maurer

Ob die SVP ein Zweier- oder Dreierticket präsentieren wird, ist offen. Voraussichtlich am 18. November entscheidet die Fraktion. Als Kronfavorit für Maurers Nachfolge gilt bis jetzt der frühere Parteipräsident und Nationalrat Albert Rösti. Wie will Blöchliger die Bundesversammlung davon überzeugen, eine Aussenseiterin zu küren? «Ich traue es mir zu, mit Botschafterinnen und Botschaftern auch aus der eigenen Partei das nötige Netzwerk zu knüpfen», sagt sie. Als langjähriges Vorstandsmitglied der SVP-Schweiz sei sie sehr gut bekannt in der Fraktion, sie kenne auch diverse National- und Ständeräte gut. Sie führte ihre politische Erfahrung in der Exekutive ins Feld und die Fähigkeit, über die Parteigrenzen hinweg Anliegen durchzubringen.

Zufällige Begegnung: Auf dem Weg zum Eidgenössischen Schwingfest traf Michèle Blöchliger Ueli Maurer im Zug an.
Selfie: Michèle Blöchliger

Blöchliger ist dreifache Mutter. Der älteste Sohn, Benjamin (20), studiert an der ETH Zürich Maschinenbau. Die 16-jährigen Zwillinge Valentin und Annabel besuchen die Kantonsschule in Stans. Blöchliger und ihr Mann waren und sind beruflich stark engagiert, teilten und teilen sich die Familienarbeit auf. Als die Kinder noch kleiner waren, engagierten sie eine professionelle Kinderbetreuerin. Auf ihrem Whatsapp-Profil zeigt sich Blöchliger jedoch nicht mit ihrer Familie, sondern: mit Ueli Maurer. Sie hat ein Selfie, als sie ihm zufällig im Zug auf dem Weg zum Eidgenössischen Schwingfest begegnete. Ein gutes Omen?