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Aargauer Firma versorgt 2000 Zürcherinnen und Zürcher mit Joints – denn dort darf ab dem Sommer kontrolliert gekifft werden

In der Stadt Zürich darf ab Sommer kontrolliert gekifft werden. Die Aargauer Firma Pure Production AG liefert in den nächsten Monaten 200 Kilogramm Cannabis. Bis dahin werden die Pflanzen wie ein Schatz bewacht.

Am Dienstag kam grünes Licht aus Bern. Nach der Kantonalen Ethikkommission hat nun auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Bewilligung für die geplante Cannabis-Studie der Stadt Zürich erteilt. Das bedeutet: Ab August können rund 2000 Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer an ausgewählten Abgabestellen legal Cannabis kaufen und dieses in den Social Clubs und in privaten Räumen konsumieren.

Die Studie ist auf eine Dauer von dreieinhalb Jahren angelegt und soll eine wissenschaftliche Grundlage für eine zukünftige gesetzliche Regelung von Cannabis liefern. Nach Basel-Stadt ist die Zürcher Studie die schweizweit zweite dieser Art, die eine Bewilligung erhält. Sie untersucht, welche Auswirkungen es auf den Konsum und die Gesundheit der Teilnehmenden hat, wenn sie Cannabisprodukte aus kontrolliertem Anbau unter regulierten Bedingungen kaufen können. Zudem sollen unterschiedliche Modelle des regulierten Bezugs von Cannabis miteinander verglichen werden.

«Jetzt heisst es: schneiden, schneiden, schneiden, schneiden», sagt Marc Brüngger, am Donnerstagmorgen am Telefon. Er ist Head of Innovation & Regulation bei der Pure Production AG, einem von zwei Unternehmen, die das Cannabis für die Studie liefern. Geschnitten werden müssen jetzt all die Stecklinge an den Mutterpflanzen. Brüngger spricht von mehreren Tausend Pflänzchen, die im Aargau in den kommenden Monaten heranwachsen, um später in den Stadtzürcher Joints zu landen.

Wenn der Fuchs Alarm auslöst

Momentan befinden sich die Stecklinge noch in einem Gewächshaus in Zeiningen, im Frühling werden sie in einer Gemeinde im Bezirk Bremgarten auf dem Grundstück eines Biolandwirts in die Erde gepflanzt. Dort sollen sie innert weniger Wochen die Erntereife erreichen.

Damit sie in Ruhe vor sich hin gedeihen können, sind strenge Sicherheitsvorkehrungen nötig: Die Pflanzen sind wertvoll und begehrt. Denn im Gegensatz zum CBD-Hanf, der seit einigen Jahren boomt und mittlerweile vielerorts angebaut wird, enthält das Cannabis der Zürcher Studie um ein Vielfaches mehr THC. Also mehr von jenem Wirkstoff, der zur berauschenden Wirkung führt.

Der Wirkstoff THC führt im Joint zur berauschenden Wirkung.
Bild: Keystone

Gemäss Vorgaben der Behörden ist das Feld mit einem doppelten Zaun, Stacheldraht und mit Schlössern gesichert. Kameras mit Bewegungsmeldern registrieren rund um die Uhr jede Regung – und lösen eine Alarm-Kaskade aus: Wird etwas Verdächtiges registriert, informiert die Sicherheitsfirma Pure Production AG per Telefon. Dann ist es am Pikett-Mitarbeiter, diese Aktivitäten zu überprüfen und den Alarm zu entschärfen. Passiert das nicht rechtzeitig, rückt die Polizei aus. Und das kann teuer werden: Stellt sich der Notruf als Fehlalarm heraus, muss Pure Production AG die Einsatzkosten berappen.

Das Unternehmen produziert schon länger auf besagtem Feld. Auch das Cannabis für die Basler Studie wächst dort. Bis anhin, sagt Marc Brüngger, habe es keine Einbruchsversuche gegeben. Fehlalarme zur Entschärfung gebe es aber ab und zu: etwa, wenn ein Fuchs ins Visier der Überwachungskameras tappe oder eine Spinne.

Studien in allen grösseren Städten geplant

Die ersten Cannabisblüten für die Zürcher Studie sollen Anfang Juli geerntet werden. Zum Verkauf bereit sind sie voraussichtlich ab August, bei den Haschprodukten wird es wegen der längeren Produktionszeit und der aufwendigeren Verarbeitung Oktober. Insgesamt wird die Pure Production AG im ersten Studienjahr 150 Kilogramm Cannabisblüten und 50 Kilogramm Haschisch nach Zürich liefern, was rund der Hälfte des prognostizierten Konsums entspricht. Den Rest liefert das Unternehmen Swissextract.

Zur laufenden Studie in Basel-Stadt mit knapp 400 Konsumentinnen und Konsumenten werden nun aus der Stadt Zürich im Rahmen von «Züri Can – Cannabis mit Verantwortung» Daten von rund 2000 weiteren Studienteilnehmenden hinzukommen. Marc Brüngger stimmt das optimistisch: «Eine grössere Stichprobe erhöht die Chance, den Behörden aufzuzeigen, dass ein regulierter Cannabis-Markt mit Konsumenten und Jugendschutz funktionieren kann.»

Und er weiss: Bei den Daten aus Basel-Stadt und Zürich wird es nicht bleiben. Gemäss Bundesamt für Gesundheit sind in der Schweiz in allen grösseren Städten Pilotversuche mit Cannabis geplant. Bisher sind insgesamt 17 Gesuche zur Durchführung eines wissenschaftlichen Pilotversuchs mit Cannabis eingegangen, 14 sind derzeit hängig.

Den Kanton Aargau betrifft allerdings bisher keines, wie die Abteilung Gesundheit des Departements Gesundheit und Soziales auf Anfrage bestätigt.