
«Qualität des Essens kann zweifellos mit klassischen Restaurants mithalten»: Aargauer Spital- und Heimköche wollen besser zusammenarbeiten
Später Nachmittag im Restaurant JoJo der St. Josef-Stiftung in Bremgarten. Der Mittagsansturm ist vorbei, einzelne Gäste kreisen ums Dessertbuffet oder lassen Kaffee aus der Maschine. Hier drin ist fast alles neu: der Buffetbereich, die Küche, das Logo des Restaurants. Nach langer Zeit im Provisorium wurde das «JoJo» im Januar wiedereröffnet.
Es ist das Reich von Manuel Laubacher. Seit 18 Jahren arbeitet er in der St. Josef-Stiftung, seit acht Jahren als Küchenchef. Zusammen mit Andreas Biedermann und fünf weiteren Personen hat er im August 2024 den Verein Care Food Network Aargau gegründet. Dabei handelt es sich um eine neue Branchenorganisation für die Gastronomie in Aargauer Spitälern, Kliniken, Altersheimen, aber auch Schulen oder Kitas.
Laubacher setzt sich an einen freien Tisch und sagt: «So ruhig wie jetzt ist es nicht immer. Koch ist ein durchgetakteter, stressiger Job. Dreimal am Tag hast du eine Deadline.» Andreas Biedermann, der die Küche im Regionalen Pflegezentrum Baden leitet, ist an diesem Tag ebenfalls nach Bremgarten gekommen. Nach Feierabend ruft die nächste Sitzung. «Wir machen das alles freiwillig. Weil es wichtig ist, sich zu vernetzen», sagt er.
Gut ein Drittel der Aargauer Betriebe ist im Netzwerk
Wer an Koch denkt, denkt zuerst ans klassische Speiserestaurant. Dabei sind viele Köchinnen und Köche in der sogenannten Care-Gastronomie tätig.
Im Vergleich zu früher heisst man in vielen Spital- und Heimrestaurants heute auch externe Gäste willkommen. Manuel Laubacher ist überzeugt: «Die Qualität des Essens kann zweifellos mit klassischen Restaurants mithalten.» Für Angestellte ist Care-Gastronomie vor allem attraktiv wegen der geregelten Arbeitszeiten. «Und der Umgangston in der Küche ist etwas weniger rau», sagt Biedermann.
Bis vor kurzem gab es im Aargau den Verein Entrée, der Vertreterinnen und Vertreter dieser Sparte miteinander vernetzte. Nachdem er aufgelöst wurde, schlossen sich die sieben Mitglieder unter dem Co-Präsidium von Laubacher und Biedermann zusammen, um etwas Neues zu schaffen. 136 Aargauer Care-Gastronomie-Betriebe hat der Verein zu Jahresbeginn angeschrieben, mittlerweile zählt er 50 Aktivmitglieder. Bisher nicht an Bord sind grosse Player wie die Kantonsspitäler Aarau oder Baden. Die Gründer hoffen, dass sich das noch ändert.
Betriebe haben Schwierigkeiten, Köche zu finden
Die meisten an Spitäler oder Heime angegliederten Gastrobetriebe stehen vor den gleichen Herausforderungen. Deshalb mache es Sinn, sich gegenseitig zu helfen und gemeinsame Ressourcen nutzen zu können, erklärt Biedermann. Dazu solle der neu gegründete Verein dienen.
Die aktuell grösste Herausforderung in der Branche ist der Fachkräftemangel. Manuel Laubacher sagt: «Als ich mich damals beworben hatte, musste ich mich gegen zehn Konkurrenten durchsetzen. Heute brauche ich bis zu 12 Monate, bis ich eine Stelle besetzen kann.» Einerseits sei es schwierig, junge Leute für die Lehre zu begeistern. Andererseits gebe es zahlreiche erfahrene Berufsleute, welche die Branche verliessen.

Bild: Sandra Ardizzone
Den Hauptgrund dafür sieht Laubacher in der mangelnden Wertschätzung – vor allem in finanzieller Hinsicht. «Die Löhne sind tief, der Mindestlohn für Köche beträgt 4500 Franken. Während sich beispielsweise das Pflegepersonal erfolgreich für bessere Löhne eingesetzt hat, wird in unserem Bereich tendenziell gespart. Bei gleichbleibendem oder höherem Leistungsdruck.» Er selbst habe seinem Sohn davon abgeraten, eine Kochlehre zu beginnen. «Es ist ein wunderschöner Beruf, aber die aktuellen Bedingungen sind einfach zu schlecht.»
Einfach mal die Kollegin oder den Kollegen anrufen
Doch was will Care Food Network Aargau konkret bewirken? Unter anderem plant der Verein eine gemeinsame Organisation der Nachwuchsförderung und Jobsharing-Angebote. «Wenn ein Betrieb beispielsweise ein Fest organisiert und an einem Abend zusätzliche Mitarbeitende braucht», erklärt Laubacher. Es gibt auch eine eigene App, die den Austausch fördern soll.
Andreas Biedermann erhofft sich, dass durch den Verein Hürden abgebaut werden: «Dass man sich traut, Kolleginnen und Kollegen anzurufen, sie zu fragen, wie sie den Einkauf organisieren oder den Umbau planen.» Innerhalb der Branche gebe es «kein Konkurrenzdenken», da die Institutionen sehr lokal verankert seien. Biedermann ruft dazu auf, sich gegenseitig zu helfen.
Trotz vieler Herausforderungen arbeiten er und sein Kollege Manuel Laubacher gerne im Beruf. «Für mich ist es das Schönste, wenn ich mit Essen Emotionen auslösen kann», sagt Biedermann. In seinem Betrieb komme es vor, dass gewisse Leute 365 Tage im Jahr drei Mahlzeiten täglich zu sich nehmen. «Sie weiterhin zu begeistern, ist etwas vom Anspruchsvollsten, was ein Koch leisten kann.»