Der nächste Feiertag für den Schweizer Fussball – aber diese YB-Gala hat ein «Geschmäckle»
Nach der Rückkehr von Xherdan Shaqiri zum FC Basel erhält der Schweizer Klubfussball innert Kürze einen zweiten Schub: YB schaltet in den Champions-League-Play-offs das hochfavorisierte Galatasaray Istanbul aus. Kein Produkt von Zufall, sondern ein hochverdienter Coup, der im Rückspiel am Dienstagabend (1:0 für YB) noch deutlicher hätte ausfallen können. Facts und Figures zum Berner Husarenstück:
Patrick Rahmen
So sieht man ihn nur ganz selten. Mehr noch: Patrick Rahmens Jubelausbruch dürfte in diesem Ausmasse eine Premiere auf den Schweizer TV-Bildschirmen gewesen sein. Als Alan Virginius in der 88. Minute zum 1:0 für die Gäste aus Bern trifft, gibt’s für den Trainer kein Halten mehr. Der Frust über den verpatzten Auftakt in der Liga (fünf Spiele ohne Sieg) weicht der riesigen Freude über den Coup in den Champions-League-Play-offs. Was viel damit zu tun hat, dass der neue und bereits kritisierte YB-Coach mit der Einwechslung von Virginius und Vorbereiter Cédric Itten ein goldenes Händchen beweist.
Es ist Rahmens grösster Erfolg in seiner neunjährigen Cheftrainer-Karriere (Biel, Aarau, Basel, Winterthur, YB). Die Veredelung des Vorsprungs nach dem Hinspiel (3:2) verscheucht die letzten bösen Geister, die vom legendär verpassten Super-League-Aufstieg 2019 mit dem FC Aarau nach einem 4:0-Hinspielsieg in Neuenburg übrig waren.
Was in Istanbul besonders auffiel: YB spielte auf Aufforderung Rahmens sehr mutig nach vorne, bespielt konsequent die von Galatasaray offerierten Räume und muss sich als einzigen Vorwurf gefallen lassen, den Führungstreffer nicht schon früher erzielt zu haben. Die YB-Bosse auf der Tribüne dürften die Vorstellung zufrieden zur Kenntnis genommen haben: Für diese Art Fussball haben sie Rahmen geholt.
Das «Geschmäckle»
Ein «Geschmäckle» aber hinterlässt die YB-Gala: Die Unterschiede zwischen den Auftritten zuvor in der Super League und nun in den Playoff-Spielen gegen Istanbul sind frappant. Und hinterlassen Fragezeichen. Mittelfeldspieler Filip Ugrinic äusserte sich nach dem Hinspiel dahingehend entlarvend, als er sagte, dass man sich für die Bühne «Champions League» nicht motivieren müsse. Diese Eigenmotivation nun auch in der Liga zu finden, ist Aufgabe des Trainerstaffs – sollte vor allem aber auch zum Berufsethos eines Profis gehören.
Ein Denkmal zerstört sich selbst
Fernando Muslera ist ein Monument in der Goalie-Branche: Seit 2011 hütet der Uruguayer das Tor von Galatasaray, wurde mitunter sechs Mal Meister. Er gewann als Nationalspieler die Copa America und kommt auf 133 Länderspiele. Doch in den beiden Duellen gegen YB dürfte der 38-Jährige viele Bewunderer verloren haben.
In Bern sieht er bei zwei von drei Gegentoren schlecht aus. Und als im Rams-Park das Ausscheiden seiner Mannschaft näher rückt, verliert er total die Kontrolle: Erst will er die YB-Profis Ugrinic und Colley dazu nötigen, den Rasen bei ihrer Auswechslung vor der Kurve der Heimfans zu verlassen. Die Spieler verweigern dies verständlicherweise, um sich nicht mit Wurfgeschossen eindecken lassen zu müssen. Und als nach Virignius‘ Tor zur YB-Führung die Gala-Schmach praktisch feststeht, will Muslera dem Torschützen ein Bein stellen. Peinlich – und die Rote Karte die logische Konsequenz.
Die Wachablösung
Obwohl YB auf nationaler Ebene seit sieben Jahren tonangebend ist: Auf der Europacup-Bühne machte seit jeher der FC Basel die bessere Falle. Mit Halbfinal-Einzügen und diversen Sternstunden gegen Schwergewichte. Als statistischer Beweis für ihre Überlegenheit im internationalen Geschäft konnten die Basler stets die Uefa-Fünfjahreswertung vorweisen, in der sie seit 2002 ununterbrochen das beste Schweizer Team waren. Bis diese Woche YB Galatasaray ausschaltete. Der Lohn sind nicht nur rund 40 Millionen Franken garantierte Einnahmen und die Aussicht auf hochkarätige Gästeteams im Wankdorf, sondern auch erstmals eine Rangierung in der Klubkoeffizienten-Tabelle vor dem FC Basel. Der Vorsprung dürfte sich in den kommenden Monaten noch etwas vergrössern, da der FCB diese Saison international nicht vertreten ist.
Alles neu an der Auslosung
Gegen wen YB in der Champions League antritt, wird am Donnerstagabend (18 Uhr) in Monaco ausgelost. Es wartet, bis auf den Namen, eine komplett neue Vorrunde auf die Teilnehmer: Neu sind 36 statt 32 Teilnehmer dabei. Es gibt keine Vierergruppen mehr mit Hin- und Rückspiel gegen die gleichen Gegner, sondern eine Liga mit den erwähnten 36 Teams. YB spielt gegen acht verschiedene Gegner, je vier Mal zuhause bzw. auswärts.