Comeback der Alitalia? Lufthansa-Poker spitzt sich zu – mit einer Schweizer Firma an Bord
Die Geschichte erinnert an jene der Swiss. Auch sie entstand aus einer maroden Fluggesellschaft, die das Zeitliche gesegnet hatte. Und auch sie wurde kurz nach ihrer Gründung von der Lufthansa übernommen. So könnte es auch der italienischen ITA Airways ergehen.
Erst im Oktober ging ITA an den Start und übernahm damit den Betrieb der Alitalia, die über Jahre hinweg ein Problemfall war. Derzeit gehört ITA zu 100 Prozent dem italienischen Finanzministerium und startete schuldenfrei. Die EU-Kommission hat der neuen Airline allerdings Auflagen gemacht – etwa, dass sie das Treueprogramm der Alitalia nicht übernehmen darf und einen grossen Teil der Zusatzleistungen wie der Bodenabfertigung abgeben muss.
Genfer Grosskonzern an Bord
Immer wieder gab es Gerüchte über eine Beteiligung oder Übernahme bei der Alitalia, so auch durch die Lufthansa. Doch soweit kam es nicht. Das dürfte sich nun bei der Nachfolgerin ändern. Wie ITA Airways am Montagabend verkündete, hat der Kranich-Konzern aus Frankfurt eine Interessensbekundung zum Kauf einer Mehrheit abgegeben.
Doch die Lufthansa macht das Angebot nicht allein. Mit im Boot ist der Reederei-Konzern MSC – ein Schifffahrtsriese mit einer Flotte von 570 Schiffen und über 100’000 Angestellten. Seinen Sitz hat MSC im Genfer Nobelviertel Champel, genauso wie dessen Tochterfirma MSC Cruises. Während die Muttergesellschaft im Frachtgeschäft tätig ist, wirtschaftet MSC Cruises mit touristischen Kreuzfahrtenschiffen. Botschafterin eines der MSC-Reiseschiffe ist die italienische Kult-Schauspielerin Sophia Loren.
Entscheidende Sitzung am Montag
Allerdings hat MSC einen starken Bezug zu Italien. Gegründet wurde die Firma 1970 vom Neapolitaner Gianluigi Aponte, der wie dessen Sohn Diego noch immer Teil des Konzerns ist. Die MSC-Gruppe habe sich mit der Lufthansa auf gewisse Bedingungen geeinigt, schreibt ITA in der Medienmitteilung. Noch steht allerdings die Due Diligience, also die genaue Prüfung der Geschäftsbücher an.
MSC und Lufthansa wünschen gemäss Communiqué allerdings, dass die italienische Regierung eine Minderheitsbeteiligung an der Airline behaltet. Am kommenden Montag findet die entscheidende Sitzung statt. Danach sollen innert 90 Tagen alle Bedingungen geprüft werden.
Möglich scheint sogar, dass auch der Name Alitalia zurückkehrt. Diese Option bringt zumindest ITA-Chef Alfredo Altavilla in einem Bericht des «Corriere della Sera» ins Spiel. Doch ob dies die Lufthansa absegnen würde? Schliesslich hält die Swiss nach wie vor die Namensrechte der Swissair und könnte sie jederzeit für den eigenen Gebrauch reaktivieren. Tut sie bis heute aber nicht.
Weitere Grossdeals am Horizont?
Fragt sich, ob es zu weiteren Grossübernahmen in der Aviatik kommt angesichts der Branchenflaute im Zuge der Pandemie. Erst kürzlich sagte Willie Walsh, Direktor des Airline-Verbands Iata, gegenüber CH Media, dass er nicht eine Welle an derartigen Deals erwarte, «schlicht weil der finanzielle Druck bei allen Airlines enorm hoch ist und sie den Cash benötigen, um Schulden zu tilgen.» Die Lufthansa hat allerdings ihre staatlichen Hilfskredite bereits vor einiger Zeit zurückbezahlt.
Mit oder ohne MSC: Das Unterfangen mit ITA ein profitables Geschäft aufzubauen, wird für die Lufthansa nicht einfach. Denn die Billigairlines Ryanair und Wizz haben den italienischen Aviatikmarkt mit günstigen Flugpreisen fest im Griff. Hinzu kommt ein relativ gut ausgebautes Netz an Hochgeschwindigkeitszügen.