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Comeback nach Corona: Marco Rima witzelt nur noch über WC-Rollen

Marco Rima ist zurück – als satirefreier Rundumblödel mit einem astreinen Comedyprogramm. Das Publikum ist erleichtert – und feierte ihn bei der Premiere im luzernischen Hochdorf wie früher.

Nach drei Jahren Pandemie hat sich Marco Rima auf das besonnen, was er am besten kann: der sympathische Herumblödler der Nation zu sein. «Schwachsinn kann nur ich erzählen», verkündete er bei der Premiere seines neuen Programms. Schwachsinn wie Wortverdreher zum Gender-Wahn («Love me gender»). Schwachsinn über seinen Bauchumfang («Ich habe eine Lebensmittelschwangerschaft»). Schwachsinn über seine hypermotivierte Frau, die nachts um drei aufstehe, um noch vor den Chinesen auf der Skipiste zu sein.

Beinahe zwei Stunden lang grimassierte, sang und witzelte sich der «King des Wikipedia-Halbwissens» im luzernischen Hochdorf durch sein neues Programm. Die Gedanken gingen mit ihm durch wie zu seinen besten Zeiten. Sie vergaloppierten sich an die Ränder des guten Geschmacks (beim Schwulenwitz) und bis weit unter die Gürtellinie (bei unappetitlichen Eheszenen). Die fehlende Logik in seinen Geschichten, mit welcher der Coronamassnahmenkritiker Rima während der heissen Phase der Pandemie unangenehm aufgefallen war, war an jenem Abend kein Epizentrum von Shitstorms mehr. Sie war das Epizentrum für ganz viele Lacher. Lacher, die der Comedian, der wegen der Pandemie sein 40-jähriges Bühnenjubiläum hatte begraben müssen, dankbar abholte. Die Pandemie, die ihm nicht nur organisatorisch in die Quere gekommenwar, sondern ihn in den Augen vieler zum Querdenker der Nation gemacht hatte. Zwei Jahre seines Lebens, so Rima in Hochdorf, sitze der Mensch im Schnitt auf dem WC. «So habe ich mich während der Pandemie gefühlt. Beschissen.»

Die Pandemie wird ausgeklammert

Marco Rima hat wieder sein Publikum. Und das Publikum hat wieder seinen Marco Rima. Vielleicht wären die dreizehn Shows schneller ausverkauft gewesen, hätte der Comedian nicht monatelang so kontrovers gegen den Bundesrat und die Impfung gewettert. Vielleicht. Der Vorverkauf ist trotzdem gut angelaufen. Viele Shows sind auf den letzten Metern vorm Ausverkauf. Die Menschen scheinen bereit, Rima eine zweite Chance zu geben. Eine kluge PR im Vorfeld hat wohl mit dazu beigetragen. Rima gab der Presse Interviews mit einstudierten Antworten, die Massnahmengegner und -befürworter gleichermassen nicht vor den Kopf stossen sollten. Die Pandemie klammert er im Programm aus. Gerade zweimal kommt er an diesem Abend auf sie zu sprechen: Der erste Witz geht auf Kosten des Pflegepersonals («Müssen die den Applaus, den sie gekriegt haben, jetzt versteuern?»). Der zweite ist ein gut abgefederter Scherz über die WC-Papier-Hamsterkäufer.

Warum Rima sein Programm ausgerechnet «Ich weiss es nicht…» nennt, versteht wohl nur er selbst. Es ist der Satz, mit dem er während des Lockdowns seine nächtlich aufgenommenen Videos auf Youtube anfing. Massnahmengegner werden das als Etikettenschwindel verstehen. Befürworter wird dieser Satz eher abschrecken. Im Programm ätzt er aber nicht mehr schlaflos gegen sein Feindbild Alain Berset, sondern zählt ganz harmlos Schafe. Satire muss weh tun, Comedy muss es nicht.

Vor allem inszeniert sich Rima in «Ich weiss es nicht…» als alternder, kurzsichtiger und vergesslicher Kerl mit Hüft- und Rückenproblemen. Was während der Pandemie wie eine tragische Selbstdemontage wirkte, funktioniert im Rahmen der Comedy wieder als verlässlicher Witzgenerator. «Ich bin ein Alien aus dem letzten Jahrtausend», bekennt Rima. Ein Alien, das noch Altherrenwitze und Flachwitze kenne – und tatsächlich sind Witze, die ins männliche Zentralmassiv zielen, an diesem Abend überdurchschnittlich stark vertreten. Etwa, wenn seine Frau ihm den Fuss mit dem Skischuh ins, na ja, Sie wissen schon, rammt («Eine Vasektomie habe ich mir anders vorgestellt»). Oder ein älterer Herr mit Lauchsuppen-Atem einer Blondine hinterher sabbert. Das Publikum kichert mit, auch, als ein Lügendetektor die Lügen einer Ehe mit einem Pieps markiert («Für mich bist du die schönste Frau der Welt»).

Zurück in die 1990er-Jahre

Das klingt alles verdächtig nach 1990er-Jahre. Bei Rima werden noch Kassettli abgespielt. Es wird nicht auf Zalando, sondern in Kaufhäusern geshoppt (Frauen und Männer, als Secondhandmodell oder als C&A-Stangenware). Und man lernt sich auch noch nicht auf keiner Dating-Plattform kennen, sondern im Lift – von dieser wahren Liebesgeschichte mit seiner Frau gibt’s dann auch gleich noch einen rührseligen, soften Popsong, einer unter vielen. Am Ende erfährt dann auch noch Mani Matters «Zündhölzli» eine Aktualisierung. Ein junges Publikum wird er damit nicht gewinnen. Aber er gewinnt damit sein altes zurück.

Geholfen hat ihm dabei übrigens Rob Spence, ein weiterer prominenter Massnahmengegner aus der Szene. Bei der Premiere sitzt er im Publikum. «Mein Kollege wird im Herbst hier auftreten», meint Rima an jenem Abend und ebnet auch seinem Kollegen den Weg zurück in die Normalität. Rima selbst ist wieder da, wo er sein will: zurück in der Zukunft.