«Kriegstreiber haben keinen Humor»: Peach Weber über unterschätzte Aargauer und eine Million Gags
Peach Weber, Beni Thurnheer hatte im Basler «Fauteuil» vor ein paar Jahren einen Auftritt, aber nur vier Personen wollten das sehen. Er ging dann mit ihnen direkt in die Beiz. Haben Sie so etwas auch schon erlebt?
Peach Weber: Nein, sonst hätte ich wohl aufgehört. Keine Ahnung, warum ihm das widerfahren ist.
In der Provinz hatte er bis zu 400 Zuschauer.
Vielleicht hatte ich am selben Abend ebenfalls einen Auftritt in Basel?
Sind Sie sich selber geblieben?
Ja, ich kann nur das, was ich auf der Bühne nun seit über vierzig Jahren zeige. Wenn das nicht mehr funktioniert hätte, wäre Schluss gewesen. Ich habe keine versteckten Talente, kann keinen Salto rückwärts oder Alphorn spielen.
Haben Sie es auch schon in Deutschland versucht?
Ja, ganz zu Beginn. Ich trat in der Münchner Lach- und Schiessgesellschaft auf sowie bei den «Wühlmäusen» in Berlin, der Kabarettbühne von Didi Hallervorden. Auch er drängte darauf, dass ich gleich drei Wochen lang spiele. Ich fand: «Goht’s no?» Er aber zog das durch. Am ersten Abend kamen 50 bis 60 Personen, von da an bei jeder Show mehr. Es funktionierte also auch in Deutschland, der Aufwand war jedoch riesig: Man macht zehnmal mehr Kilometer und verdient gleichzeitig zehnmal weniger als in der Schweiz. Zudem hätte ich immer im Hotel übernachten müssen. Ich aber bin gerne zu Hause. Also liess ich es bleiben.
Die Siebziger waren verrückte Jahre, mit Klamauksendungen wie «Klimbim» oder eben Didi Hallervorden.
In der Schweiz gab es das Cabaret Rotstift und Emil, sonst aber nicht mehr viel. Heute ist die Konkurrenz riesig. Es war auch die Zeit der Liedermacher. Wenn ich mit meiner Gitarre auf die Bühne kam, dachten die Leute zuerst, da komme ein weiterer Liedermacher. Ich aber redete die ganze Zeit. Ich sah den Zuschauern an, wie es in ihren Köpfen arbeitete: «Wann singt denn der endlich?» Und wenn sie nach zwanzig Minuten nicht mehr daran glaubten, sang ich dann doch noch ein Lied.
Wer hat es schwerer – ihr Aargauer oder wir Basler? Wirklich ernst genommen werden wir nicht, wenn man die letzten Bundesratswahlen anschaut.
Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Auch weil ihr Basler weiterhin das Gefühl habt, dass ihr die Grössten seid! (Lacht.) An Selbstbewusstsein mangelt es euch nicht. Der Aargau hingegen wird unterschätzt. Die meisten fahren hier nur durch, dabei hat es wunderbare Flecken. Gleichzeitig bin ich auch froh, wenn am Sonntag nicht die halbe Schweiz zu uns pilgert. So habe ich weiterhin meine Ruhe, wenn ich am Hallwilersee oder an der Reuss spaziere.
Der Begleittext zu Ihrem Programm ist verrückt. Da heisst es: «Nach der Show werden Menschen wieder einen Sinn im Leben sehen, nicht mehr rauchen, saufen, keine Drogen mehr nehmen.» Wie kommt man nur auf so was?
Das hat meine PR-Abteilung geschrieben …
… natürlich …
… die ich selber bin. Es stimmt, was da drin steht: Denn wer in meiner Show sitzt, macht während dieser Zeit nichts Dümmeres. Überhaupt sind Menschen mit Humor die besseren Menschen. Schauen Sie sich nur die Kriegstreiber an: Die lachen höchstens andere aus, Humor haben sie nicht. Es ist doch so: Ein Mensch mit Humor kann keinen Krieg anfangen.
Sie sind eine One-Man-Show. Was aber Vorteile hat: Auf Ihrer Lohnliste sind Sie die einzige Person.
Ja, das ist so. Unter dem Strich habe ich gut verdient. Für mich war immer klar, dass ich mich später im Alter selber finanzieren will. Deshalb war der Lehrerlohn mein Massstab. Wäre es irgendwann weniger gewesen, hätte ich aufgehört. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, irgendwelche Unterstützungsgelder einzufordern, auch während Corona nicht. Als Selbstständiger musst du auch gegen schlechte Zeiten gewappnet sein. Wer wegen Corona bereits nach 14 Tagen jammert, den kann ich nicht ernst nehmen.
Wie viele Gags erzählen Sie an einem Abend?
Zwischen 200 und 300.
Sie sind seit 47 Jahren im Geschäft. Bei durchschnittlich 80 Auftritten pro Jahr und 250 Gags pro Abend sind das gesamthaft 940 000 Gags. Die Million bekommen Sie wohl noch voll.
Das weiss man nie. Eigentlich wäre ich ja pensioniert. Dummerweise macht es jedoch immer noch Spass.
Im Oktober 2027 beenden Sie Ihre Karriere mit zwei Shows im Hallenstadion. Machen Sie auch da alles selber?
Klar, inklusive der Renovation des Hallenstadions im Vorfeld. Mittlerweile ist auch die zweite Show bald ausverkauft, sodass ich mir überlege, ob ich nicht gar noch ein drittes Mal auftreten will. Aber es ist schon so: Ich brauche nicht ein Dutzend Leute um mich herum, die alle ein T-Shirt mit dem Aufdruck «Peach-Weber-Tour» anhaben und herumstehen.
Und danach wollen Sie sich bereits mit 75 zurückziehen? Ernsthaft?
Ja. Ich werde nicht noch mit 90 auf der Bühne sitzen.
Johannes Heesters hörte erst mit 106 auf.
Mit solchen Beispielen wird einem das Alter kaputtgemacht. 80-Jährige, die noch den New-York-Marathon laufen! Das trifft höchstens auf einen von tausend zu. Die anderen müssen froh sein, wenn sie es noch alleine aufs WC schaffen.