Corona hat das Shopping verändert: Wir erklären, was passiert ist
Egal, ob beim spontanen Zeitungskauf am Kiosk oder beim sorgfältig durchdachten Erwerb einer neuen Waschmaschine: Kundinnen und Kunden durchlaufen beim Kauf eines Produktes verschiedene Phasen. Diese setzten sich aus diversen Online- und Offline-Erlebnissen und Berührungspunkten mit dem Unternehmen zusammen – von der ersten Recherche auf der Website, dem Besuch im Laden oder der Werbung in den sozialen Medien.
Das Kundenerlebnis, ein Begriff aus dem Marketing, umfasst die Gesamtheit aller Eindrücke und Interaktionen zwischen Kundschaft und einem Unternehmen. Je besser das gesamtheitliche Erlebnis, desto emotionaler die Beziehung der Kundinnen und Kunden zum Unternehmen und desto grösser die Wahrscheinlichkeit, dass die Produkte und Dienstleistungen gekauft werden.
Folglich wird es laut Michael Grund, Dozent an der Hochschule für Wirtschaft Zürich, für Unternehmen in einem stärker werdenden Wettbewerb immer wichtiger, diese Kundenerlebnisse möglichst positiv und aussergewöhnlich zu gestalten.
Der Einfluss der Pandemie
Doch so einfach war das in jüngster Zeit gar nicht. Denn die Pandemie hat die physischen Interaktionsmöglichkeiten mit der Kundschaft stark eingeschränkt. Auch wenn einige Phasen des Kaufprozesses neu virtuell stattfinden, heisst das nicht, dass Kundinnen und Kunden weniger Wert auf Erlebnisse legen würden.
Im Gegenteil, wie Michael Grund in einer neuen Studie aufzeigt: Das Thema Kundenerlebnis hat an Bedeutung gewonnen. Rund ein Viertel der 229 befragten Unternehmen ist der Meinung, dass sich die Gesundheitskrise positiv auf die Qualität des Kundenerlebnisses ausgewirkt habe.
Denn die Pandemie hat den Druck auf die Firmen erhöht, ihre digitalen Prozesse zu verbessern, was wiederum die Käuferschaft freut. So waren beispielsweise viele Händler gezwungen, ihre oft veralteten Onlineshops zu modernisieren.
Einzelhandel besonders betroffen
Die Branche, die laut Grund am stärksten von sich ändernden Kundenbedürfnissen betroffen ist, ist der stationäre Handel. Denn im Vergleich zum Onlineshopping ist klassisches Einkaufen mit deutlich mehr Aufwand verbunden. Der Mausklick von zu Hause aus geht nun mal schneller als die Hin- und Rückfahrt ins Geschäft. Daher reicht die alleinige Präsentation von Waren nicht mehr aus, um Menschen in die Läden zu locken. Einkaufen müsse wie eine Freizeitbeschäftigung mit Erlebnissen angereichert werden, heisst es in der Studie.
Mit immer ausgefalleneren Attraktionen wie Wasserparks, Aquarien und Eisfeldern versuchen etwa Einkaufszentren, Kundschaft anzulocken. Und sogar Supermärkte wie die Migros probieren mit neuen Konzepten wie «Bridge» – einem Mix aus Gastronomie, Supermarkt und Events im Herzen von Zürich –, das tägliche Einkaufen zum Erlebnis zu gestalten.
Schweizer Firmenkultur als Herausforderung
Die Studie zeigt jedoch, dass knapp die Hälfte aller Unternehmen die eigene Firmenkultur als Herausforderung sieht. Ein Grund dafür sieht Michael Grund bei der fehlenden Dienstleistungsorientierung in der Schweiz. Mitarbeitende sollten bereit sein, den Kundinnen und Kunden einen Mehrwert zu erbringen und ihnen ein besonderes Erlebnis zu bieten. Und dies müssten sie auch wollen.
Zudem muss die ganze Organisation das kundenorientierte Verhalten wertschätzen. In vielen Unternehmen sei dies noch nicht der Fall. Dieses niedrige Niveau an Kundenorientierung überrascht sogar Grund.
Digitale Innovationen auch im Jahr 2022 wichtig
Trotz dieser Herausforderungen sind die befragten Firmen zuversichtlich. So sind laut Studie rund 60 Prozent der Meinung, dass sich die eigene Unternehmensleitung aktiv für die Verbesserung des Kundenerlebnisses einsetze und die Mitarbeitenden korrekt für die Interaktionen mit den Kunden schule.
Für das Jahr 2022 setzen Unternehmen auf weitere Innovationen: So sollen die digitalen Kanäle wie etwa die sozialen Medien und das E-Mail-Marketing ausgebaut werden.