Härtefallbeiträge im Aargau: 1 Million Franken laut kantonaler Finanzkontrolle wohl unrechtmässig bezogen
Bei den Coronahilfen kam es schweizweit in mehreren tausend Fällen zu Missbräuchen: Dies stellte die Eidgenössische Finanzkontrolle diese Woche fest, wie die NZZ berichtet. Für die Unterstützung von Aargauer Firmen im Rahmen der Härtefallmassnahmen wurden im letzten Jahr insgesamt Finanzhilfen in der Höhe von 235,6 Millionen Franken gesprochen. Nach Abzug der Bundesbeiträge fielen für den Kanton noch Kosten von 52,4 Millionen Franken an, wie aus der Jahresrechnung 2021 hervorgeht.
Ab dem 3. Dezember 2020 konnten Aargauer Firmen, die wegen der Pandemie von Ausfällen betroffen waren, Unterstützungsgesuche stellen. Dies basierend auf der Covid-19-Härtefallverordnung des Bundes und der kantonalen Sonderverordnung zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie. Die kantonale Finanzkontrolle führte mit Blick auf die Härtefallbeiträge zwei Untersuchungen durch, wie aus dem nun publizierten Jahresbericht 2021 hervorgeht.
Im Fokus der ersten Prüfung standen die Prozesse zur Abwicklung der Härtefallmassnahmen. Die Revision deckte den Zeitraum vom 3. Dezember 2020 bis Ende Januar 2021 ab, die Finanzkontrolle kam zum Schluss, «dass die Recht- und Ordnungsmässigkeit der Prozesse gegeben war». Verbesserungspotenzial sah die Behörde bei Unterlagen und Bestätigungen, welche die Firmen einreichen mussten. Die meisten dieser Punkte habe das zuständige Departement Volkswirtschaft und Inneres ab April 2021 in den Gesuchsprozess integriert, heisst es im Bericht.
Stichprobe: Fragwürdige Vorgänge bei jedem dritten Fall
Weniger erfreulich fiel hingegen das Resultat einer risikobasierten Stichprobe der Finanzkontrolle aus. Diese wurde per 30. April 2021 vorgenommen und umfasste 79 Fälle. Dabei ging es um Entscheide bei Härtefallmassnahmen, also zum Beispiel um die Frage, ob eine Firma beitragsberechtigt ist oder wie hoch die Zahlungen ausfallen sollen. Hier gab es laut dem Bericht einige fragwürdige Vorgänge:
«Bei der Überprüfung der risikobasiert ausgewählten Entscheide betreffend Liquiditätshilfe wurden insgesamt neun Fälle mit Beitragszahlungen von rund 240’000 Franken eruiert, bei denen die Beitragsberechtigung nicht abschliessend geklärt werden konnte.»
Das heisst, dass neun Firmen eine Zahlung als Liquiditätshilfe erhielten, obwohl offenbar nicht klar war, ob sie die Kriterien dafür erfüllten.
Bei den Fixkostenbeiträgen wurden gemäss Bericht der Finanzkontrolle insgesamt 19 Fälle identifiziert, «bei denen der Verdacht bestand, dass sie nicht beitragsberechtigt waren, oder bei welchen eine zu hohe Härtefallzahlung erfolgte». Hier ist der Fehlbetrag entsprechend höher:
«Bis 30. April 2021 wurden dabei mutmasslich rund 763’000 Franken zu viel an Beitragszahlungen geleistet.»
Insgesamt wurde also gut eine Million Franken an Härtefallgeldern möglicherweise unrechtmässig bezogen. Da bei der Prüfung nur eine Stichprobe in einem beschränkten Zeitraum berücksichtigt wurde, dürfte der tatsächliche Betrag höher liegen. Andererseits gab es laut dem Bericht auch sieben Fälle, «bei welchen eine Berechtigung für höhere Beitragszahlungen von rund 427’000 Franken bestehen könnte».
Finanzkontrolle stellt Unregelmässigkeiten bei Firmenangaben fest
Zudem wurde festgestellt, dass bei zahlreichen Anträgen wichtige Unterlagen wie Jahresrechnungen oder Revisionsstellenberichte fehlten. Ebenfalls fehlten teilweise Bestätigungen, dass kein Betreibungsverfahren gegenüber Sozialversicherungen und kein Konkurs- und Liquidationsverfahren vorlagen. Ausserdem fehlten teilweise Nachweise zum Sitz der Gesuchsteller im Kanton Aargau. Zudem wies die Finanzkontrolle darauf hin, dass bei einigen Antragsstellern mutmasslich gegen die Meldepflicht an das Handelsregisteramt verstossen wurde.
Die Finanzkontrolle führte auch eine Datenanalyse über alle ausbezahlten Härtefallmassnahmen durch. Diese ergab mehrere Fälle, «bei denen potenziell die maximale Beitragshöhe überschritten wurde, Angaben vom Handelsregisteramt wesentlich zu den Gesuchsunterlagen abwichen, unklare Gründungsdaten vorlagen, die Geschäftstätigkeit nicht nachvollziehbar geprüft werden konnte oder eine kritische Sitzverlegung vorlag».
Bei den Liquiditätshilfen wurden dem zuständigen Departement zudem Fälle von potenziell nicht profitablen und überlebensfähigen Firmen sowie ein mutmassliches Doppelgesuch zur weiteren Untersuchung übergeben. Bei den Fixkostenbeiträgen wegen hohem Umsatzrückgang und Schliessung fand die Finanzkontrolle Fälle von potenziell falschen Selbstdeklarationen (Umsatz, Gewinn und Gründungsdatum). Zudem weist die Behörde in ihrem Bericht auf mögliche Überentschädigungen bei Teilschliessungen in gewissen Branchen hin.