Von der Maus bis zum Murmeltier: Zahlreiche Wildtiere tragen das Coronavirus in sich
Den Waschbären hat es erwischt, das Opossum, das Murmeltier oder die Hirschmaus: Sie alle haben sich mit Sars-CoV-2 angesteckt. Und dies, obwohl sie in freier Wildbahn leben. Dass das Coronavirus von Menschen auf Tiere überspringt, ist nicht neu. Bekannt ist, dass sich Hunde oder Katzen bei ihren hustenden und schniefenden Besitzerinnen und Besitzern während der Pandemie angesteckt hatten.
Doch anders als Bello und Tigerli kuscheln sich Wildtiere nicht an einen Zweibeiner, sondern rennen davon, wenn dieser auftaucht. Dennoch hat Sars-CoV-2 einen Weg gefunden, auch sie zu infizieren. Das weist ein Wissenschaftsteam rund um Carla Finkielstein von der Virginia Tech University in einer Studie nach, die in der Fachzeitschrift «Nature Communication» erschienen ist.
Die Forschenden haben 23 verschiedene Tierarten auf Sars-CoV-2 respektive auf dessen Antikörper getestet, die auf eine frühere Infektion hinweisen. Dafür entnahmen sie fast 800 Nasen- und Mundabstriche sowie rund 130 Blutproben. Die Wildtiere wurden dafür kurz gefangen genommen oder befanden sich in einer Auffangstation. Sie lebten über den ganzen US-Bundesstaat Virginia verteilt – sowohl in der abgelegenen Wildnis als auch in städtischen Gebieten.
Mit den Tests wiesen die Forschenden das Virus bei sechs Arten nach. «Dem Virus ist es gleichgültig, ob sein Wirt auf zwei oder vier Beinen geht. Sein oberstes Ziel ist das Überleben», wird Wissenschafterin Finkielstein in der Medienmitteilung zitiert. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt haben Forschende das Virus bei wilden Nerzen, Flussottern und beim Weisswedelhirschen nachgewiesen, der häufigsten Hirschart in den USA. Mit der Studie steigt die Zahl der untersuchten und auch infizierten Arten allerdings erheblich. Gemäss den Studienautorinnen und -autoren deuten ihre Daten darauf hin, dass Sars-CoV-2 bei Wildtieren weit verbreitet ist.
Dadurch dürfte das Virus über ein grosses Reservoir verfügen, von wo es allenfalls erneut auf Menschen überspringen könnte. Im schlechtesten Fall als eine neue Variante mit Immunflucht. Virusmutationen fanden die Forschenden bei einem untersuchten Opossum. Sonst stiessen sie vor allem auf Abstammungslinien, die eng mit den beim Menschen zirkulierenden Varianten übereinstimmten.
Tiere in Städten und Erholungsgebieten betroffen
Die Forschenden betonen, dass die Mutationen – auch beim Weisswedelhirsch wurde zu einem früheren Zeitpunkt eine solche festgestellt – unbedingt überwacht werden müssten. Denn diese könnten für den Menschen schädlicher sein. Gleichzeitig halten sie fest, dass sie aktuell keine Hinweise gefunden hätten, dass das Virus von Wildtieren auf Menschen übertragen würde.
Am häufigsten mit Covid infiziert waren jene Populationen, die in städtischen Gebieten oder an Orten in der Wildnis lebten, die von Menschen regelmässig aufgesucht wurden. Etwa in den Erholungsgebieten, den sogenannten «State Parks», wo viele Menschen wandern gehen. Wie genau die Übertragung stattgefunden hat, wissen die Forschenden nicht. Eine Möglichkeit sei das Abwasser, schreiben sie. Als wahrscheinlicher stufen sie jedoch weggeworfene Lebensmittel oder Abfälle ein, in denen das Virus überdauert hatte.
Es müsse daher erst noch erforscht werden, wie sich das Virus vom Menschen auf die Wildtiere übertrage, innerhalb der Arten verbreite und allenfalls auch von einer Art zur anderen übertrage.