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«Transparenz ist in Krisen besonders wichtig»: Kritik an Geheimniskrämerei beim CS-Debakel

Die Finanzmarktaufsicht solle dem Öffentlichkeitsprinzip unterstellt werden, fordert ein Verein. Auch die PUK stellte Transparenzmängel fest. Der Bundesrat will über die Bücher.

Was läuft hinter den Kulissen ab, wenn Behörden und Politik über wichtige Entscheide brüten? Das blieb für die Öffentlichkeit lange ein Geheimnis. Bis 2006. In diesem Jahr setzte der Bundesrat das Öffentlichkeitsprinzip in Kraft: Seither haben Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich Zugang zu amtlichen Dokumenten. Der Paradigmenwechsel sollte einen «Kulturwandel innerhalb der Verwaltung» anstossen. Der «demokratische Charakter» der Institutionen werde gestärkt, das Vertrauen verbessert, hiess es in der Botschaft zum Gesetz.

Zwanzig Jahre später ist das Prinzip zwar etabliert. Doch gerade der Bundesrat hebelt es per Notrecht immer wieder aus. Sei es während der Covid-Pandemie, der Energiekrise 2022 oder jüngst beim Untergang der Credit Suisse. Die Tendenz, das Öffentlichkeitsprinzip bei besonders heiklen Entscheidungen zu umgehen, kritisierte der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Adrian Lobsiger gegenüber CH Media: «Wenn das Öffentlichkeitsgesetz nur noch für Wetterdaten gilt, dann bringt es nichts mehr. Dann haben wir den Paradigmenwechsel rückgängig gemacht.»

Bundesrat kassiert eine Rüge

Die Geheimniskrämerei bei der milliardenschweren CS-Rettung begründete der Bundesrat damit, dass ansonsten «der Informationsfluss zwecks Sicherung der Finanzmarktstabilität sowie zum Schutz der Volkswirtschaft» gefährdet sei. Ein Transparenzproblem sah die Regierung in diesem Vorgehen nicht. Denn: Sie und die Verwaltung informierten doch selbst über «wichtige Erkenntnisse, Eckwerte und Rahmenbedingungen in geeigneter Form».

Doch mittlerweile kam auch die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zum Schluss, dass «ein derartiges Abweichen vom Öffentlichkeitsprinzip nicht angemessen war». Die PUK hält «die Schaffung von Transparenz gerade in Krisenzeiten für besonders wichtig». Sie empfiehlt deshalb, bei Notrecht künftig das Öffentlichkeitsprinzip zu beachten und anzuwenden.

Dies fordert auch der Verein Öffentlichkeitsgesetz.ch. Er geht noch einen Schritt weiter und möchte die Finanzmarktaufsicht (Finma) grundsätzlich dem Öffentlichkeitsprinzip unterstellen. Die Behörde musste sich für ihr zögerliches Handeln in der CS-Krise harsche Kritik gefallen lassen. Gleichzeitig sei die Finma «die einzige zur Bundesverwaltung gehörende Aufsichtsbehörde, die vom allgemein gültigen Öffentlichkeitsgesetz ausgenommen ist», kritisiert der Verein. Dies sei der Bankiervereinigung zu verdanken, die für die Ausnahme lobbyiert habe. Eine weitere und unbestrittene Ausnahme ist die unabhängige Schweizerische Nationalbank.

«Die Finma muss unter das Öffentlichkeitsgesetz gestellt werden», fordert Titus Plattner, Co-Präsident des Vereins Öffentlichkeitsgesetz.ch. «Der Schutz sensibler Informationen bleibt gewährleistet. Unterliegen gewisse Tätigkeitsbereiche der Finma dem Geschäfts- und Berufsgeheimnis, ist die Geheimhaltung über die im Öffentlichkeitsgesetz verankerten Ausnahmezustände gewahrt.»

Die Finma selbst ist einer deutlicheren Kommunikation indes nicht abgeneigt. Finma-Präsidentin Marlene Amstad machte im Nachgang des CS-Debakels klar, dass sie gerne transparenter über abgeschlossene sogenannte Enforcement-Verfahren gegen fehlbare Banken gesprochen hätte. Bisher darf die Behörde dazu nur in Ausnahmefällen kommunizieren. Wäre es für die Behörde darüber hinaus ein Gewinn, dem Öffentlichkeitsprinzip zu unterstehen? Dazu heisst es auf Anfrage: «Der Gesetzgeber hat entschieden, dass die Finma dem Öffentlichkeitsgesetz nicht unterstellt ist, da sie zu einem grossen Teil Daten bearbeitet, die den Geschäfts- oder Berufsgeheimnissen der Beaufsichtigten unterliegen. Die PUK hat keine Unterstellung der Finma unter das Gesetz gefordert.»

Die Grundsatzkritik der PUK scheint auch beim Bundesrat angekommen zu sein. Die Regierung äusserte sich kürzlich zum Vorwurf, das Öffentlichkeitsprinzip durch Notrecht auszuhöhlen. Man könne die Kritik der PUK nachvollziehen, hiess es in einerStellungnahme. «Der Bundesrat ist bereit, die Fragen, die sich in Zusammenhang mit dem Zugang zu Informationen nach Öffentlichkeitsgesetz in Krisensituationen stellen, zu prüfen und hat dem Justizdepartement einen entsprechenden Auftrag erteilt.»