Der Staatsanwalt: «Es war Glück und Zufall, dass die Frau nicht gestorben ist»
Ein 30-jähriger Schweizer, der wegen Geldstreitereien eine Frau gewürgt und einem Mann ein Messer ins Gesäss gestossen hat, soll wegen psychischen Problemen stationär behandelt werden. Dies hat der Staatsanwalt gestern am Prozess vor dem Luzerner Kriminalgericht gefordert. Der Verteidiger forderte den Verzicht auf eine solche Massnahme.
Der Beschuldigte hat gemäss Anklage 2017 bei sich zu Hause im Entlebuch, nachdem er Alkohol und Drogen konsumiert hatte, eine Bekannte, der er 50 Franken schuldete, mit einem Elektroschockgerät niedergestreckt. Danach würgte er sie, nachdem sie seinen TV-Apparat auf den Boden geworfen hatte. Es sei Glück und Zufall, dass die Frau nicht gestorben sei, sagte der Staatsanwalt vor Gericht.
2021, als das Verfahren noch am Laufen war, beging der Beschuldigte erneut ein Gewaltdelikt. Wiederum im Entlebuch stiess er einem Bekannten, der ihm Geld schuldete, ein Messer ins Gesäss – gemäss Staatsanwalt unkontrolliert.
Zu den ihm vorgeworfenen Delikten äusserte sich der Beschuldigte vor Gericht kaum. Er anerkannte sie aber und sagte, er habe Fehler gemacht, die er zutiefst bereue.
Der Beschuldigte will sich nicht erinnern
Zum Angriff auf die Frau befragt, sagte der Beschuldigte, er könne und wolle sich nicht erinnern. Er wolle mit dem Geschehenen abschliessen. Er beteuerte ferner trotz anderslautenden Gutachten, er habe keine psychischen Probleme, sondern die Sucht sei sein Problem.
Der Staatsanwalt sah diese Äusserungen als Beweis einer «Verweigerungshaltung». Der Beschuldigte zeige deswegen auch keine echte Reue und übernehme keine Verantwortung für sein Handeln, sondern mache die Drogensucht dafür verantwortlich.
Der Staatsanwalt sagte, es bestehe ein hohes Risiko, dass der Beschuldigte erneut Gewaltdelikte begehen werde. Er beantragte deswegen zwar eine Freiheitsstrafe von 8,5 Jahren wegen versuchter Tötung, versuchter schwerer und einfacher Körperverletzung, Raub, Hehlerei, Nötigung sowie wegen Waffen- und Drogendelikten. Die Strafe solle aber zugunsten einer stationären Massnahme aufgeschoben werden.
Bei den Gewalttaten war er völlig zugedröhnt
Für den Verteidiger ist die Sucht für das frühere Verhalten seines Mandanten verantwortlich. Der Drogenkonsum habe einen wesentlichen Einfluss gehabt, sagte er. Der Beschuldigte sei bei den Gewalttaten völlig zugedröhnt gewesen. Der Verteidiger forderte deswegen das Gericht auf, auf eine Massnahme zu verzichten. Eine private Drogentherapie sei ambulant möglich. Die sei nötig, damit sein Mandant ein straffreies Leben führen könne.
Verteidiger: «Er wollte niemanden töten»
Der Verteidiger stufte die Gewaltdelikte bedeutend milder ein als der Staatsanwalt. Er plädierte in den Hauptdelikten auf einfache und qualifizierte einfache Körperverletzung. Er habe niemanden schwer verletzt und niemanden töten wollen, erklärte er. Er habe die Frau auch nicht bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt. Der Verteidiger erklärte zudem, dass sein Mandant in einer tiefen Gefühlsregung gehandelt habe. Die Frau habe gewusst, wie sie ihn zur Weissglut treiben könne. Auch wenn dies keine Rechtfertigung für die Tat sei.
Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich eröffnet.