Auto rast in Menschenmenge auf Magdeburger Weihnachtsmarkt ++ Kleinkind unter den Toten ++ Opferzahlen unklar
Bei einem mutmasslichen Anschlag mit einem Auto auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist mindestens ein Mensch getötet worden. Das sagte die Magdeburger Bürgermeisterin Regina-Dolores Stieler-Hinz. Mehr als 50 Menschen seien verletzt. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sprach von mindestens zwei Menschen, die ums Leben gekommen sind – darunter ein Erwachsener und ein Kleinkind. Weitere Tote könnten nicht ausgeschlossen werden. Die «Bild» berichtete zuvor von mindestens elf Toten und 80 Verletzten.
Der Tatverdächtige sei festgenommen worden, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Abend aus Regierungskreisen in Sachsen-Anhalt. Nach Angaben von Regierungssprecher Matthias Schuppe handelt es sich «vermutlich um einen Anschlag». Auch Stadtsprecher Michael Reif sagte, nach erstem Stand sei es ein Anschlag.
Der festgenommene Verdächtige ist den deutschen Behörden nach Informationen aus Sicherheitskreisen bislang nicht als Islamist bekannt gewesen. Der Mann soll nach ersten Erkenntnissen etwa 50 Jahre alt sein und aus Saudi-Arabien stammen. Er sei laut Ministerpräsident Haseloff Arzt, der in Bernburg lebe und arbeite.
Landesinnenministerin Tamara Zieschang sagte, der Mann sei seit 2006 in Deutschland und habe einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Der Täter ist laut Haseloff mit einem Leihwagen in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gerast.
Sirenen überall, Blaulicht, Feuerwehr: Eine dpa-Reporterin berichtete, es wimmele auf dem Weihnachtsmarkt von Rettungswagen und Sanitätern. Es gebe eine deutlich zweistellige Zahl von Opfern. An einer grossen Weihnachtspyramide wurden demnach Verletzte versorgt. Mehrere Verletzte wurden weggetragen.
Intensivbetten in Krankenhaus stehen bereit
Ein Sprecher des Universitätsklinikums sagte der Deutschen Presse-Agentur, die ersten 10 bis 20 Patienten würden aktuell versorgt. Man stelle sich jedoch auf deutlich mehr Verletzte ein. «Wir rüsten gerade auf», sagte der Sprecher. «Intensivbetten stehen bereit. Sämtliche Krankenhäuser in Halle bereiten sich auf einen Massenunfall mit Verletzten vor, sämtliche Rettungshubschrauber im Grossraum Halle fliegen in Richtung Magdeburg.
«Der Weihnachtsmarkt in der Innenstadt ist geschlossen», teilte die Polizei mit. Er befindet sich auf dem Alten Markt, direkt am Rathaus in der Nähe der Elbe. Unweit davon liegt ein grosses Einkaufszentrum. Auf der Plattform X wurden am Abend Videos veröffentlicht, in denen zahlreiche Einsatzfahrzeuge zu sehen waren.
Haseloff: Das ist ein furchtbares Ereignis
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) reagierte mit Entsetzen auf das Geschehen. «Das ist ein furchtbares Ereignis, gerade jetzt in den Tagen vor Weihnachten», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er wolle sich jetzt selbst ein Bild von der Lage vor Ort machen und sei im Auto auf dem Weg nach Magdeburg. Zu Opfern und Hintergründen des Geschehens konnte Haseloff zunächst keine Angaben machen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte zuletzt wiederholt zu Wachsamkeit bei Weihnachtsmarktbesuchen aufgerufen. Konkrete Gefährdungshinweise gebe es zwar aktuell nicht, sagte die SPD-Politikerin Ende November. «Aber wir haben angesichts der abstrakt hohen Bedrohungslage weiter Grund zu grosser Wachsamkeit und konsequentem Handeln für unsere Sicherheit.»
Bundeskanzler Olaf Scholz hat (SPD) schrieb auf der Plattform X: «Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Wir stehen an ihrer Seite und an der Seite der Magdeburgerinnen und Magdeburger. Mein Dank gilt den engagierten Rettungskräften in diesen bangen Stunden.» Der Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, äusserte sich ebenfalls auf der Plattform:. «Welch furchtbare Nachrichten aus Magdeburg, wo Menschen die Adventszeit in Frieden und Gemeinschaft verbringen wollten.»
Auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner ist bestürzt über den mutmasslichen Anschlag. «In Magdeburg wurden viele Menschen Opfer eines tödlichen Anschlags», schrieb Lindner bei X. «Die Bilder haben mich schockiert. Ich denke an die Opfer, ihre Familien und die Einsatzkräfte vor Ort.»
Rund acht Jahre nach Berliner Weihnachtsmarktanschlag
Fast auf den Tag genau vor acht Jahren, am 19. Dezember 2016, war in Berlin ein islamistischer Terrorist mit einem entführten Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gerast. Dabei wurden zwölf Menschen getötet, das 13. Opfer starb 2021 an den Folgen. Mehr als 70 Menschen wurden verletzt. Der Attentäter floh nach Italien, wo er von der Polizei erschossen wurde.
Nach dem mutmasslichen Anschlag in Magdeburg ist die Polizei in anderen Städten mit Weihnachtsmärkten besonders achtsam. In Stuttgart sagte ein Polizeisprecher, die Polizeikräfte seien vor Ort sensibilisiert worden. In Berlin sagte ein Sprecher, man habe die Beamten aufgerufen, ein erhöhtes Augenmerk auf Weihnachtsmärkte zu richten. (dpa)