Sie sind hier: Home > International > Benzin-Bschiss in Deutschland: Mit Tankrabatten hätte der Sprit-Preis gesenkt werden sollen – doch profitieren tun nur die Ölmultis

Benzin-Bschiss in Deutschland: Mit Tankrabatten hätte der Sprit-Preis gesenkt werden sollen – doch profitieren tun nur die Ölmultis

Jetzt sollen die Mineralölkonzerne offenlegen, wie sie ihre Spritpreise genau festlegen. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat noch ganz andere Ideen.

Mit einem Entlastungspaket wollte die deutsche Ampel-Regierung auf die angespannte Stimmung im Land angesichts der hohen Inflation und anhaltenden Teuerung reagieren. Die SPD setzte eine 300-Euro-Energiegeldzahlung an jeden Bürger durch, die Grünen ein 9-Euro-Tagesticket für den öffentlichen Regionalverkehr und die FDP einen Tankrabatt für Pendlerinnen und Pendler.

Konkret senkt Deutschland von Juni bis August die Energiesteuer. Der Liter Diesel wird dadurch 14 Cent günstiger, der Liter Benzin gar 35 Cent. Kostenpunkt: Rund drei Milliarden Euro.

So weit, so gut. Jetzt aber stellt sich heraus: Der Tankrabatt macht sich an den Zapfsäulen kaum bemerkbar. Zwar sind die Preise für Diesel und Benzin seit dem 1. Juni kurzzeitig auf unter zwei Euro gesunken, doch seit Tagen klettern die Spritpreise wieder nach oben. Durchschnittlich kosten Diesel und Super wieder um die 2 Euro, oftmals mehr. Der Tankrabatt droht zum Rohrkrepierer zu werden.

Nur die Hälfte des Steuernachlasses kommt bei Kunden an

Der Grund dafür: Von der Preissenkung profitieren primär die Mineralölkonzerne. Wirtschaftsforscher rechnen vor, dass die Öl-Multis nur 50 Prozent bis gar nur 30 Prozent des Steuernachlasses an die Autofahrerinnen und Autofahrer weitergeben. Den Rest verbuchen die Konzerne zu ihren eigenen Gunsten, so der Vorwurf.

Der Branchenverband der Mineralölkonzerne weist den Vorwurf zurück. Der Grund, weshalb die Steuersenkung nicht voll an der Zapfsäule durchschlägt, seien gestiegene Kosten in den Raffinerien – dort also, wo Rohöl zu Benzin und Diesel weiterverarbeitet wird. Analysten halten diese Argumentation für vorgeschoben.

«Die grossen Mineralölkonzerne betreiben die Raffinerien mehrheitlich selbst», sagt der Hamburger Energie-Analyst Steffen Bukold gegenüber der «Süddeutschen Zeitung.» Gewinne der Raffinerien würden die Mineralölkonzerne einstreichen. Die Raffinerien hätten ihre Gewinnmarge seit Ausbruch des Ukraine-Krieges dadurch deutlich erhöht.

Will das Kartellrecht reformieren, um gegen Wettbewerbsverzerrung der Mineralölwirtschaft vorzuegehen: Vizekanzler Robert Habeck.
Filip Singer/Key/02.06.2022

Deutlich Worte findet auch Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck:

«Die Mineralölkonzerne streichen den Profit ein, die Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung.»

Der Grünen-Politiker möchte gegensteuern. Der 52-Jährige plant eine Verschärfung des Kartellrechts, um die Ölmultis wenigstens künftig in Schach zu halten. Habeck wirft den Mineralölkonzernen vor, indirekt mit Preisabsprachen zu operieren und damit Marktmissbrauch zu begehen.

Denn die Preise an den Zapfsäulen sind transparent. So steigen wie von Geisterhand die Spritpreise an allen Tankstellen fast im Gleichschritt sowohl bei Total, Shell als auch BP. Habeck: «Auch ohne eine kartellrechtswidrige Absprache werden die Preise sehr schnell einander angeglichen.» Doch ein Missbrauch es Wettbewerbs sei heute kaum nachweisbar.

Habeck droht mit Zerschlagung der Schummel-Konzerne

Deshalb möchte der Vizekanzler das Kartellrecht reformieren. Dafür soll für Mineralölkonzerne künftig die Beweislastumkehr gelten: Die Konzerne müssen transparent machen, weshalb die Preise wann gestiegen sind und warum ein bestimmter Preis für Benzin und Diesel festgelegt worden ist. Das überarbeitete Kartellrecht soll noch in diesem Jahr durchgeboxt werden.

Habecks Plan: Unternehmensgewinne abschöpfen, die mithilfe von Verstössen gegen den Wettbewerb erzielt worden sind. Auch Sanktionen gegen Konzerne sollen möglich werden. Als letztes Mittel sollen – bei offensichtlichen Preisabsprachen – auch Zerschlagungen von Konzernen möglich werden. Habeck:

«Wir machen ein Kartellrecht mit Klauen und Zähnen.»