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Am Ende ist es Scholz, der die «Ampel» abschaltet: Im März wählt Deutschland wohl einen neuen Bundestag

Es zeichnete sich seit Tagen ab, doch am Mittwochabend ging es auf einmal schnell: Der Kanzler hat Finanzminister Lindner entlassen. Die Regierung ist damit nach drei Jahren am Ende.

Der Tag begann mit einem Donnerschlag, und er endete mit einem Donnerschlag: Nach dem Erwachen erfuhr das politische Berlin, dass Donald Trump erneut zum Präsidenten der USA gewählt worden war; am Abend entliess Kanzler Olaf Scholz Finanzminister Christian Lindner. Die «Ampel», das Bündnis von Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen, das die Bundesrepublik seit drei Jahren regiert hat, ist damit ein Jahr vor dem regulären Ende der Legislaturperiode gescheitert.

Abgezeichnet hatte sich dies seit Tagen, doch am Ende ging alles ganz schnell: Am Mittwochabend trafen sich der Sozialdemokrat Scholz, der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck und FDP-Chef Lindner zum Krisengipfel im Kanzleramt.Lindner hatte seinen Koalitionspartnern bereits letzte Woche ein Papier zukommen lassen, in dem er skizzierte, was sich in der Steuer-, Wirtschafts-, Klima- und Sozialpolitik seiner Meinung nach ändern müsse, um Deutschland aus der Krise zu führen.

Scholz schlägt scharfe Töne an

Zu einer Einigung über den künftigen Kurs der Regierung kam es am Mittwoch allerdings nicht, worauf Lindner laut deutschen Medienberichten vorgezogene Neuwahlen vorgeschlagen haben soll. Bis zu diesen, so habe der FDP-Chef angeboten, könne seine Partei Teil einer geschäftsführenden Regierung bleiben. Dies lehnte Scholz offenbar ab und verkündete Lindner dessen Entlassung. Später kündigten die übrigen FDP-Minister Bettina Stark-Watzinger (Bildung), Volker Wissing (Verkehr) und Marco Buschmann (Justiz) ihren Rückzug aus der Regierung an.

Als Scholz am Mittwochabend vor die Presse trat, hielt er eine regelrechte Philippika gegen Lindner: Er, Scholz, sei der FDP unter anderem durch ein Massnahmepaket zur Senkung der Energiepreise, für die Autoindustrie und steuerliche Abschreibungen für Unternehmen entgegengekommen. Darauf sei Lindner aber nicht eingegangen. Dieser handle verantwortungslos, habe Vertrauen gebrochen und agiere «kleinkariert parteipolitisch».

Da tönte der Kanzler, als befinde er sich bereits im Wahlkampf: Schärfer hat sich der notorische Leisetreter Scholz selten geäussert. Am 15. Januar werde er im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, kündigte er an. Eine Mehrheit dürfte er dabei nicht erhalten, sodassBundespräsident Frank-Walter Steinmeierentscheiden müsste, ob er das Parlament auflöst. Neuwahlen würden dann spätestens Ende März stattfinden.

Lindner stellte den Bruch am Mittwochabend anders dar als Scholz: Der Kanzler habe ultimativ verlangt, die «Schuldenbremse» auszusetzen. Das habe er, Lindner, nicht gekonnt, sei diese doch in der Verfassung festgeschrieben, auf die er als Minister einen Amtseid abgelegt habe. Scholz sei es um einen «kalkulierten Bruch der Koalition» gegangen.

Einfacher dürfte es nicht werden

Das Aus für die Regierung trifft die Bundesrepublik in einer der schwersten Krisen ihrer Geschichte: Die Wirtschaft befindet sich in einem Tief, die Migrationskrise schwelt weiter und setzt den etablierten Parteien zu, und Trump könnte Deutschland dazu zwingen, bei der Verteidigung und bei der Unterstützung der Ukraine mehr Verantwortung zu übernehmen.

In den Umfragen sieht es für alle drei «Ampel»-Parteien schlecht aus: Würde jetzt ein neuer Bundestag gewählt, könnte die SPD hinter die AfD zurückfallen, die Grünen dürften ebenfalls verlieren, und die FDP könnte sogar den Wiedereinzug ins Parlament verpassen.

Dass nach den wahrscheinlichen Neuwahlen im Frühjahr stabilere Verhältnisse einkehren, ist längst nicht gesagt: Sollte Scholz’ SPD keine Aufholjagd gelingen, wird wohl der christdemokratische Oppositionsführer Friedrich Merz eine neue Regierung bilden. Da neben der AfD aber auch nochdas neue Bündnis Sahra Wagenknechtin den Bundestag einziehen dürfte, könnte die Regierungsbildung erneut mit einem Bündnis enden, dessen Partner inhaltlich nicht allzu viel verbindet. Gerade in Krisenzeiten, die energische Reformen erfordern, ist dies keine gute Aussicht.