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Die Fasnacht kehrt ins Dorf zurück – ein Revival der besonderen Art

Die 1985 in Vordemwald gegründete Guggenmusik Boowaudchrächzer ist heute zwar nicht mehr aktiv, aber zu ihrem 40-Jahr-Jubiläum verhelfen ehemalige Mitglieder der Fasnacht im Dorf zu einem Revival.

Fotobücher und Aktenordner liegen auf dem Tisch in der Untergrundbar an der Langen­thalerstrasse. Gefüllt mit Erinnerungen an die Gründerzeiten der Vordemwalder Guggenmusik Boowaudchrächzer. Die Unterlagen gehören Priska und Ernst Zimmerli. Die beiden Vordemwalder sind Gründungsmitglieder der «Chrächzer» und gehören auch dem Organisationskomitee an, welches zum 40-Jahr-Jubiläum der Gugge die Fasnacht wieder ins Dorf zurückbringen will. Mit einem Kehrausball, der am 15. März im Gemeindesaal über die Bühne gehen wird.

Doch zuerst ein Rückblick auf die Geschichte der Guggenmusik. «Die Idee, in Vordemwald eine Guggenmusik auf die Beine zu stellen, kam von Toni Hasler», weiss Ernst Zimmerli. Hasler sei mit einer Gruppe von Freunden und Kollegen an einem Maskenball gewesen, als sie spontan beschlossen, auch in Vordemwald eine Gugge zu gründen. Eine Woche später kam es zu einem ersten Treffen bei Hasler, das zweite fand wiederum eine Woche später im Restaurant Tannenbaum statt.

Toni Hasler regte die Gründung einer Gugge in Vordemwald an und war auch ihr erster Oberchrächzer.
Bild: zvg

«Dieses Treffen vom 14. März 1985 war gleichzeitig die Gründungsversammlung der Guggenmusik», sagt Ernst Zimmerli. Priska und Ernst Zimmerli stiessen an diesem Abend zufällig dazu. Die beiden waren mit Kollegen im Ausgang im «Boum», als Wirtin Ida Scheurer an ihren Tisch trat und sie darauf aufmerksam machte, dass im Saal gerade eine Guggenmusik gegründet werde. «Da müsst ihr auch kommen», meinte die Wirtin. Gesagt, getan. Die Zimmerlis wurden so nicht nur zu Gründungs-, sondern gleich auch zu Vorstandsmitgliedern der neuen Guggenmusik, die schliesslich auf den Namen Boowaudchrächzer getauft wurde. Als erster Präsident beziehungsweise «Oberchrächzer» wurde Toni Hasler gewählt. Nach Hasler fiel nur noch vier Personen die Ehre zu, die Gugge zu leiten: Toni Fahrni, Edith Diriwächter, Markus Müller und Thomas Leuenberger.

Rasantes Wachstum – bis zum Aufnahmestopp

Die Boowaudchrächzer erreichten rasch eine stattliche Grösse. Beim ersten Auftritt 1986 zählten sie bereits 29 Mitglieder. Gleichberechtigung wurde dabei grossgeschrieben. «Ziemlich genau die Hälfte aller ‹Chrächzer› waren Frauen», erinnert sich Priska Zimmerli. Die Guggenmusik wuchs rasant weiter. Mit 43 Mitgliedern erreichte sie 1987 den grössten Bestand in ihrer Geschichte und zugleich eine problematische Grösse. «Mit so vielen Mitgliedern konnten wir kaum mehr in einem Restaurant aufspielen», sagt Ernst Zimmerli. Die Folge: In den Statuten wurde neu festgelegt, dass die Guggenmusik höchstens 36 Mitglieder aufweisen dürfe. «Wir haben allerdings keine Mitglieder aktiv verabschiedet», stellt Zimmerli klar, eine gewisse Zeit lang seien einfach keine Neumitglieder aufgenommen worden.

Die Boowaudchrächzer im ersten Fasnachtskostüm am Umzug in Strengelbach 1986.
Bild: zvg

«Wäuderball» als ­Markenzeichen

Die Guggenmusik nahm ab 1986 nicht nur regelmässig an den Fasnachtsumzügen in der Region teil, sie organisierte auch selbst fasnächtliches Treiben in Vordemwald. 1990 führten die «Chrächzer» einen ersten Fasnachtsumzug im Dorf in Eigenregie durch, 1992 den zweiten. Zum 10-jährigen Bestehen 1995 organisierte die Gugge einen Sternmarsch zum Gemeindehausplatz.

1997 beteiligten sich die Boowaudchrächzer erstmals am «Wäuderball», zusammen mit den bisherigen Organisatoren Musikverein und Damenriege. «Die Fasnacht in Vordemwald ist aber älter», erklärt Ernst Zimmerli; die ersten Bälle seien noch von der Jagdgesellschaft organisiert worden, vermutlich in den frühen 1970er-Jahren. Später übernahmen Musikverein und Damenriege den Ball, der fortan «Musigball» hiess und gleich an zwei Wochenenden durchgeführt wurde. Ab 1998 führten die Boowaudchrächzer den «Wäuderball» in Eigenregie durch. Mit grossem Erfolg – er wurde zum Markenzeichen der Gugge. Und trotzdem: Weil die «Chrächzer» immer weniger Mitglieder zählten, fand 2010 der letzte Ball statt. Die Gugge besteht heute noch aus einer guten Handvoll Mitglieder, ist aber nicht mehr aktiv.

Jetzt kommt es zum Revival

Heuer kommt die Fasnacht aber ins Dorf an der Pfaffnern zurück. «Nach der Abschiedsparty für die Band ‹Crossline› wurden Anfang Oktober 2024 sämtliche Helferinnen und Helfer zu einem Dankesessen eingeladen», sagt Andi Blaas. Unter den Helfern waren auch zwei «Chrächzer». Priska Zimmerli machte dort darauf aufmerksam, dass die Vordemwalder Gugge 2025 ihren 40. Geburtstag feiern dürfe. Und schon war die Idee geboren, zum Jubiläum einen Maskenball zu veranstalten. Ein Organisationskomitee mit Melanie Nyfeler (Präsidentin), Andi Blaas, Patrick Burger, Marco Lindenmann, Markus Müller sowie Priska und Ernst Zimmerli nahm die Vorbereitungen unverzüglich auf. Schon vor der ersten OK-Sitzung am 28. Oktober 2024 waren die Tanzmusik engagiert und der Gemeindesaal reserviert worden.

Die Vordemwalder Fasnacht startet im Gemeindesaal am Samstag, 15. März, bereits um 16 Uhr mit einem Kindermaskenball. «Mit allem, was man für Kinder halt so macht», sagt Priska Zimmerli. Sugus-Schleuder, Heisser Draht, Tinu mit seinen Ballontieren und Polonaise sind für die jüngsten Fasnächtler angesagt. Bereits um 18 Uhr tritt die erste von insgesamt drei Guggenmusiken auf. Der eigentliche Maskenball startet um 20 Uhr unter dem Motto «Wildwest». Was würde besser passen – schliesslich liegt Vordemwald ja im Wilden Westen des Kantons. Für Stimmung sorgt neben den drei Guggenmusiken die Band «Wirbelwind», eine der bekanntesten Partybands Österreichs. Die Band mit ihrem stimmungs­geladenen Sound zwischen Polka, Schlager und Rock kommt jährlich auf über 150 Auftritte in ganz Europa und wird sicher auch das fasnächtliche Publikum in Vordemwald begeistern. Am Ball gibt es auch eine Maskenprämierung für Einzel- und Gruppenmasken. Der Foodcorner wird vom Radfahrerverein geführt, dazu herrscht natürlich Barbetrieb. Ab Mitternacht wird die traditionelle Mehlsuppe köcheln. Eintrittstickets für den Maskenball kosten 15 Franken.

«Es soll ein richtig schöner Kehrausball werden», wünschen sich Priska und Ernst Zimmerli. Und die beiden würden sich natürlich freuen, unter den Gästen auch möglichst viele alt «Chrächzer» begrüssen zu dürfen. Episoden und «Episödeli», die sich die Ehemaligen erzählen könnten, gäbe es genügend. Von Kuhhörnern aus der Dorfmetzgerei etwa, die die «Chrächzer» 1988 auf dem Rastplatz Rüti in einem grossen Topf auskochten, damit sie diese für die gfürchige Larve an der Fasnacht verwenden konnten.