F-35: Frankreich zieht einen Schlussstrich unter Kampfjet-Entscheid
Nachdem sich der Bundesrat für die US-amerikanische F-35 und gegen die französische Rafale entschieden hatte, stand es um die diplomatischen Beziehungen zum Nachbarland nicht zum Besten: Der für die Verhandlungspartner unerwartete F-35-Entscheid habe «viel Frustration verursacht», fasste Isabelle Pasquier-Eichenberger (Grüne/GE) von der Geschäftsprüfungskommission (GPK) die zerrüttete Lage im September zusammen.
Nun scheint wieder Tauwetter zu herrschen: «Der Prozess war ein Problem für uns – mehr als der Entscheid», sagt der französische Botschafter Frédéric Journès in einem am Mittwoch erschienenen Interview mit dem «Tages-Anzeiger». «Aber wir sind schon lange weitergezogen, und diese Geschichte ist vorbei.»
Der zuständigen Bundesrätin Viola Amherd wurde vorgeworfen, ihre Kolleginnen und Kollegen zu spät über die Kampfjet-Evaluation informiert zu haben. Dies führte laut der GPK dazu, dass verschiedene Departemente bis kurz vor dem Typenentscheid mit Herstellerländern über Lösungen in anderen Dossiers verhandelten, die mit dem Typenentscheid verknüpft waren.
Frankreich will wieder etwas von der Schweiz
Die diplomatische Sendepause sei «keine Bestrafung» gewesen, so Journès im Interview. «Wir waren nicht wütend. Aber nach dem Entscheid des Bundesrates über das Rahmenabkommen und die Flugzeuge hatten wir keine Agenda, um uns anzunähern.» Dies habe sich nun geändert: «Frankreich sieht neuen politischen Handlungsbedarf gegenüber der Schweiz.»
Paris habe sein Mandat in der Schweiz deshalb verlängert, «um an der Wiederbelebung unserer Beziehungen mitzuwirken», sagte Journès. Dabei gehe es um einen «institutionalisierten europäischen politischen Austausch» mit Nicht-EU-Staaten. Dieser sei auch Gegenstand von Gesprächen «auf höchster Ebene» zwischen Bundespräsident Ignazio Cassis und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron gewesen.
Hoffnung auf Schweizer Spitalplätze für französische Patienten
Daneben habe Frankreich auch konkrete Interessen, etwa bei der Bewirtschaftung der Rhone, der Grenzgängerfrage und dem Fachkräftemangel in den französischen Grenzregionen, der unter anderem durch das hohe Lohnniveau im Schweizer Gesundheitswesen verstärkt wird. Journès bringt deshalb eine gesundheitspolitische Kooperation ins Spiel, die es Frankreich erlauben würde, Patienten in Schweizer Einrichtungen zu verlegen, etwa im Bereich der Dialyse oder der Pädiatrie.
Keinen Spielraum sieht der Botschafter derzeit aber bei der sistierten Schweizer Beteiligung am Forschungsabkommen Horizon. «Es gibt heute keine Bewegung einer vorherrschenden Gruppe von Europäern gegenüber der Kommission, um diese Angelegenheit unabhängig von Fortschritten bei den übrigen Problemen zu regeln», winkt der Franzose ab. (wap)