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In dieser Aargauer Kirche steht ein ganz besonderes Instrument – ein Wunderwerk an Orgeltechnik

Sie ist zwar nur 2,5 Meter hoch und 1,5 Meter breit, was aber in ihr steckt, ist ein Meisterwerk: Die mobile Orgel in der St.-Johannes-Kirche ist ein durchdachtes und vielseitiges Instrument. Am Bau beteiligt war auch Organist Stefan Müller.

Als es vor zehn Jahren darum ging, was mit der 1962 gebauten, elektrischen Orgel in der Döttinger St.-Johannes-Kirche passieren sollte, gab es mehrere Vorschläge zur damals dringend benötigten Instandsetzung. Reinigen und die nötigsten Reparaturen durchzuführen, waren nur zwei Ideen. Eine derartige Überholung ist auch mit enormem finanziellem Aufwand verbunden. Zusätzlich entstand die Idee, zur bestehenden grossen Orgel eine kleinere, mechanische im Chorraum zu bauen.

Diese Idee wurde schlussendlich umgesetzt. Seit 2019 ergänzt die mobile Orgel von Döttingen das musikalische Gesamterlebnis während der Messen, aber auch an Konzerten und Wort-und-Musik-Feiern. Dass es sich dabei um keine gewöhnliche Orgel handelt, wird im Gespräch mit dem Organisten Stefan Müller schnell klar. Zusammen mit dem Orgelbauer Anton Meier war er am Entwurf und der Umsetzung des Instrumentes beteiligt.

Im Video spielt Stefan Müller die mobile Orgel:

Elemente der Kirchenarchitektur als Teil der Orgel

«Der musikalische Schwerpunkt der Orgel liegt in der Musikästhetik des 16. bis 18. Jahrhunderts», erklärt Stefan Müller. «In der Zeit der Renaissance veränderte sich die Musik. Im Gegensatz zum Mittelalter stellte diese Zeit neu den Menschen ins Zentrum.» Das heisst, wo die mittelalterliche Musik etwas schwerer und teilweise «von höheren Sphären herab» klinge, «spricht» die neu entwickelte Musik der ab dem 15. Jahrhundert wirkenden Renaissance den Menschen direkt an.

Um diesem musikalischen Anspruch zu genügen, erhöhten die Orgelbauer die Anzahl der Tasten, die nun teilweise mit zwei Tönen belegt sind, und erweiterten das historische System mit fünf Hebeln, die mit dem Fuss bedient werden können. Das Ziel, das Akkorderlebnis der Döttinger Orgel rein zu halten und zu erweitern, konnte so erfüllt werden.

Die zwischen 1960 und 1961 vom bekannten Architekten Hermann Baur entworfene Kirche steht seit 2017 unter Denkmalschutz. Die Orgelbauer liessen auch architektonische Elemente der Kirche in die Gestaltung der Orgel einfliessen. Es wird ein moderner Stil gepflegt; so beinhaltet die Front zwar die Formsprache des Barocks, kommt aber dennoch sec und schnörkellos daher. Die Formsprache der Fensterzwischenräume findet sich ansatzweise an der Orgel wieder.

Nicht jedes Holz eignet sich gleich gut

Bei der Tastatur fallen die feinen und dunklen Tasten auf, die darüber zu schweben scheinen. Sie wurden aus sogenanntem Schlangenholz geformt, das eine wunderbare Maserung hat und durch seine Härte wenig Abnutzung erfährt. Für die Besuchenden unsichtbar, befinden sich im Innern der Orgel zahlreiche Pfeifen aus Fichtenholz. «Fichte ist leicht und günstig. Oft sind die für das Publikum sichtbaren Pfeifen aus Metall, da diese im Barock sehr teuer waren», ergänzt Stefan Müller.

Die dunklen Tasten wurden aus sogenanntem Schlangenholz geformt.
Bild: Raphaël Dupain

Ein weiterer Anspruch beim Bau der Orgel war, dass sie sich bewegen lässt. Das 2,5 Meter hohe und 1,5 Meter breite Instrument steht denn auch auf Rollen und lässt sich so verschieben. Trotz dieser Möglichkeit bleibt es jedoch meist am selben Ort und tritt so in Dialog mit Menschen und der grossen Orgel auf der Empore.

Nächste Veranstaltung «Wort und Musik»: Freitag, 21. März 2025, 19 Uhr: «Johann Sebastian Bach: Die Kunst der Fuge»; Stefan Müller, Orgel.