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Ein vertrauter Begleiter – der Vogel des Jahres

Das Rotkehlchen ist der Vogel des Jahres 2025. Der Rothrister Vogelkenner Beat Rüegger weiss, wie und wo der kleine Vogel lebt, und ordnet die Bedeutung dieser Wahl ein.

Ein kleiner Vogel kommt gross heraus. Olivbraune Oberseite, orangerote Brust, Kehle und Stirn, weisslicher Bauch. Perlender Gesang. Und gerade einmal 16 bis 22 Gramm schwer. Das Rotkehlchen ist der Vogel des Jahres 2025. Nicht wie bisher bestimmt durch ein Expertengremium. Denn erstmals hat BirdLife Schweiz den Vogel des Jahres durch die Bevölkerung wählen lassen. Mehr als 12 000 Menschen haben sich an der Wahl beteiligt, wobei unter fünf bekannten Vogelarten ausgewählt werden konnte. Dabei setzte sich der kleine Vogel mit dem auffälligen orangeroten Brustfleck mit rund 25 Prozent aller Wählerstimmen durch. Knapp dahinter folgen Schwanzmeise (23 Prozent), Grünspecht (20 Prozent) und Kleiber (19 Prozent), auch auf die Mönchsgrasmücke entfiel mit 13 Prozent noch eine ansehnliche Stimmenzahl.

Mit dem geänderten Wahlprozedere hat der Verband BirdLife Schweiz, der über 70 000 Natur- und Vogelschützer in seinen Reihen vereint, auch seine Auswahlpraxis verändert. «Bis anhin wurden in erster Linie Vögel mit dem Titel ‹Vogel des Jahres› ausgezeichnet, deren Bestände durch die Zerstörung ihrer Lebensräume stark dezimiert worden waren», sagt Beat Rüegger, Co-Präsident des Naturschutzvereins Rothrist (NVR).

Das Rotkehlchen lebt im Wald und Siedlungsbereich

So zum Beispiel der Sumpfrohrsänger (Vogel des Jahres 2023). Seine Bestände waren vor allem durch die Trockenlegung von Feuchtgebieten – in der Schweiz waren in den letzten 150 Jahren rund 90 Prozent aller Feuchtgebiete zerstört worden – stark zurückgegangen. Dank Aufwertungs- und Renaturierungsprojekten ist er als Brutvogel in die Region zurückgekehrt und zum Beispiel in Rothrist in der Flachwasserzone Hungerzelg sowie im Gebiet der Boninger Inseln oder auch beim Brittnauer Eichmattweiher zu finden. Das Rotkehlchen hingegen gilt als nicht gefährdet und ist im Wald und im Siedlungsbereich recht häufig anzutreffen und entsprechend leicht zu sichten.

«Die Förderung der Biodiversität ist auch im Siedlungs­bereich wichtig und notwendig», betont Rüegger. Diese Aussage wolle BirdLife Schweiz mit der Wahl des Rotkehlchens wohl unterstreichen. Mit gutem Beispiel sind die Naturschutzvereine der Region diesbezüglich längst vorangegangen.

Der NVR etwa hat mit der Anlage eines Naturgartens beim Miescherheimet gezeigt, wie Gärten auch abseits von englischen Rasen gestaltet werden könnten. Ein weiteres gutes Beispiel ist der Rosengarten in Zofingen, der mit vielen Kleinstrukturen versehen und gemeinsam vom Verein «Lebendiger Rosengarten» und der Stadt angelegt wurde. Der Naturschutzverein Vordemwald bietet seit Jahren (Natur-)Gartenberatungen für Private an. «Zudem sieht man gerade in Rothrist, dass auch von Industrieseite her die Bereitschaft da ist, etwas in dieser Hinsicht zu unternehmen», sagt Rüegger. Er findet das «eine höchst erfreuliche Entwicklung». Doch zurück zum Rotkehlchen.

Das «Rotbrüstli» ist an seinem orangeroten Brustfleck leicht zu erkennen – und lässt sich mit seinem vertrauensvollen, fast neugierigen Auftreten oft auch aus der Nähe betrachten. Mit seinem klaren, melodiösen Gesang bereitet es den Leuten viel Freude. Es ist frühmorgens einer der ersten und abends oft einer der letzten singenden Vögel. Auf den Gesang des Rotkehlchens muss auch im Winter nicht verzichtet werden, obwohl es ein Zugvogel ist. Wenn die meisten «unserer» Rotkehlchen in den Mittelmeerraum ziehen, kommen gleichzeitig andere Artgenossen aus nördlicheren Gegenden in die Schweiz und verbringen den Winter hier.

Untereinander sind Rotkehlchen aber zänkisch und unverträglich. Männchen und Weibchen etablieren auch im Winter feste Reviere. «Sie verteidigen diese sogar am reich gedeckten Futtertisch», sagt Rüegger.

Der Vogel des Jahres 2025 ist hierzulande einer der häufigsten Brutvögel. Die Vogelwarte Sempach weist für das «Rotbrüstli» einen Bestand von 450 000 bis 650 000 Paaren aus. Ab Ende März beginnt das Rotkehlchen mit seiner Brut. Das Weibchen übernimmt Nestbau und Brutgeschäft, während das Männchen das Revier verteidigt und sich an der Fütterung beteiligt. Das napfförmige Nest aus Moos, Blättern und Halmen findet sich meist gut getarnt am Boden, wo es unter einem Busch oder in einem Wurzelstock versteckt sein kann. Normalerweise brütet der Vogel zwei Mal im Jahr, wobei er jeweils fünf bis sieben Jungvögel ausbrütet. Den Jungvögeln fehlt die namensgebende orangerote Färbung anfänglich. Sie bildet sich erst nach der Mauser – dem Wechsel des Federkleids – aus.

Kleinstrukturen fördern die Biodiversität

«Im eigenen Garten kann man das Rotkehlchen mit der Pflanzung von dichten Hecken oder dornenreichen Büschen unterstützen», sagt Rüegger. Denn diese bieten nicht nur Nistplätze, sondern schützen auch vor Katzen. Durch naturnahe Strukturen und einheimische Pflanzen unterstützt man im Garten nicht nur das häufige Rotkehlchen, sondern auch zahlreiche weitere Arten und Nützlinge. Besonders wichtig sind einheimische Sträucher und Bäume sowie Wiesen und Blumenrasen mit einem hohen Blütenangebot. Auch Kleinstrukturen wie Stein-, Ast- oder Laubhaufen bieten vielen Tieren Unterschlupf. «Das ist eines der einfachsten Entwicklungspotenziale», findet Rüegger.

Wer seine Kenntnisse über Vögel vertiefen möchte, kann sich für die Grundkurse «Vögel beobachten» anmelden, die von IG Natur Region Zofingen durchgeführt werden. An drei Theorieabenden vermitteln die Vogelkenner Adrian Wull­schleger, Christoph Vogel und Beat Rüegger Wissenswertes über einheimische Wasser- und Waldvögel sowie Vögel im Siedlungsraum. Ein Wissen, das bei drei Exkursionen gleich auch angewandt werden kann.

Der Kurs findet an sechs Abenden zwischen Februar und Mai 2025 statt. Die Kurskosten betragen 180 Franken, für Mitglieder der regionalen Naturschutzvereine 150 Franken. Anmelden kann man sich per Mail: info@nvvordemwald.ch. Anmeldeschluss ist am 22. Februar 2025.