Eine Sportart, die Generationen verbindet und einfach Spass macht
«Wir leiden wie viele andere Vereine auch unter einem allgemeinen Mitgliederschwund», gibt Fabian Senn unumwunden zu. Der 35-jährige Bauverwalter ist Präsident der Hornussergesellschaft (HG) Rothrist-Olten, die seit einigen Jahren die Meisterschaft in der 3. Liga bestreitet. Nur gerade zu drei von neun Meisterschaftspartien konnten die Rothrister Hornusser in der letzten Saison in Vollbestand von 18 Mann antreten. «Die Lücken beim Abtun sind mit ein Grund, wieso wir als schlagstärkste Mannschaft aller vier Drittliga-Gruppen den Wiederaufstieg in die 2. Liga verpassten», sagt Senn.
Einfache Regeln: keine Nummern – lange Streiche
Hornussen ist von seinen Spielregeln her ein einfaches Spiel. Weniger geläufig dürften allerdings die Fachausdrücke rund um die Sportart sein. Was es bedeutet, wenn ein Nouss vom Bock mit einem Stecken ins Ries geschlagen wird, sei deshalb kurz erklärt.
Ziel des Spiels für die schlagende Mannschaft ist es, den Hornuss, auch Nouss genannt, so weit wie möglich in das gegnerische Spielfeld, das Ries, hinein oder gar darüber hinaus zu treiben. Geschlagen wird der Nouss von einer Abschlagvorrichtung aus, dem Bock. Geschlagen wird mit einem elastischen Stecken, an dessen Spitze ein Holzstück, das Träf, angebracht ist. Für die abtuende Mannschaft hingegen geht es darum, den anfliegenden Nouss so früh wie möglich, spätestens jedoch vor dem Auftreffen am Boden des Spielfelds, mit einer Schindel, das ist eine Art Holzschaufel, zu stoppen.
Im Normalfall werden zwei Umgänge gespielt, wobei jede Mannschaft pro Umgang einmal schlägt und einmal abtut. Jeder einzelne Spieler schlägt pro Umgang zwei Streiche mit drei Versuchen. Es gewinnt die Mannschaft mit weniger Nummern, das heisst diejenige, bei welcher weniger Hornusse ungestoppt im Spielfeld zu Boden gegangen sind. Bei Gleichstand entscheidet das Total der Schlagpunkte. Schlagpunkte bemessen sich nach der Flugweite der Nouss: Nach 100 Metern beginnt das Ries, von da an wird pro 10 Meter Distanz ein Punkt gutgeschrieben. Somit ergibt beispielsweise ein Schlag, der nach 200 Metern abgefangen wird, zehn Punkte. Senn, der den Nouss regelmässig in Weiten über 300 Meter jagt und damit in der HG Rothrist-Olten zu den Langschlägern gehört, findet gerade diese Kombination von Einzel- und Mannschaftssport am Hornussen faszinierend. «Beim Hornussen steht der mannschaftlichen Geschlossenheit beim Abtun die individuelle Leistung des Schlägers gegenüber», sagt er. Wobei natürlich schwierige Sichtbedingungen die Arbeit im Ries zusätzlich erschweren können.
Ebenso faszinierend findet Senn, dass Hornussen eine Sportart ist, in der mehrere Generationen und beide Geschlechter im gleichen Team mitmachen könnten. Das ist auch bei der HG Rothrist-Olten (fast) so. «Unser jüngstes Mitglied ist 11 Jahre alt, das älteste 67», sagt Senn. Leider fehlen die aktiven Frauen im Ries vorderhand noch, mit Kassierin Monique Graven und Aktuarin Jasmin Sutter helfen aber zwei engagierte Frauen mit, das Vereinsschiff auf Kurs zu halten.
Rothrist und Olten fusionierten 2003
Wie für viele andere Vereine ist es auch für die Hornusser nicht ganz einfach, neue Mitglieder zu finden. Ein schweizweites Phänomen. Zählte der Eidgenössische Hornusserverband 2011 171 Gesellschaften, so sind es aktuell noch 163. Auch die heutige HG Rothrist-Olten ist aus einer Fusion zweier eigenständiger Vereine hervorgegangen. Die 1903 gegründete Hornussergesellschaft Olten musste 2000 ihren Platz räumen, weil dort Eigentumswohnungen erstellt wurden. Die Oltner genossen vorübergehend Gastrecht bei der HG Mättenwil-Zofingen, verloren im «Exil» aber immer mehr Mitglieder. Deshalb schloss sich die HG Olten mit der 1979 gegründeten HG Rothrist zusammen, die ebenfalls unter Mitgliederschwund litt. Seit 2003 stehen die beiden Vereine als HG Rothrist-Olten mit vereinten Kräften auf dem Platz.
Auch der Zentralvorstand des Eidgenössischen Hornusserverbandes ist sich des Problems bewusst und unternimmt seit einiger Zeit grössere Anstrengungen, um den fortwährenden Abwärtstrend im Mitgliederbereich zu stoppen. 2021 wurde das Projekt «Hornusserweg» (hornusserweg.ch) gestartet – mit dem Ziel, 2028 über 6500 Aktive und 1500 Nachwuchsspielerinnen und Nachwuchsspieler zu verfügen. Insbesondere im Bereich der Nachwuchsspielerinnen scheint das Projekt bereits Früchte zu tragen. Heute ist bereits jedes sechste Mitglied in Nachwuchsteams weiblich. Der Verband ist auch dafür besorgt, dass sämtliche Juniorinnen und Junioren Meisterschaftsspiele bestreiten können. Er stellt nämlich kombinierte Mannschaften zusammen, sodass auch die sechs Junioren aus Rothrist, die kein eigenes Team bilden könnten, Wettkämpfe bestreiten können.
Ausprobieren und Spass haben
Mit der Durchführung eines Plauschhornussens versucht die HG Rothrist-Olten seit mehreren Jahren, etwas gegen den Mitgliedermangel zu tun. «Wir haben auf diesem Weg auch schon neue Mitglieder gefunden», sagt Senn. Doch in erster Linie soll das Plauschhornussen eine ganz ungezwungene Möglichkeit bieten, eine neue Sportart auszuprobieren und dabei auch etwas Spass zu haben. Dabei gilt natürlich auch beim Hornussen: Aller Anfang ist schwer. Doch keine Angst: Erfahrene Hornusser stehen den Gästen zur Seite, erklären den richtigen Umgang mit Stecken, Nouss und Schindel und greifen korrigierend ein, wenn Stand und Bewegungsablauf nicht ganz korrekt sein sollten. «Hemmungen sind jedenfalls fehl am Platz», sagt Senn, denn probieren geht auch beim Hornussen über studieren.
Hornusserhüttli und Ries der HG Rothrist-Olten befinden sich ausgangs Rothrist Richtung Murgenthal, direkt bei der alten Spinnerei im Hungerzelg. Im Beizli der Rothrister Hornusser lässt sich gemütlich verweilen. Infos zum Anlass gibt es auch auf www.hg-rothrist-olten.ch.
Rothrist, im Hungerzelg bei der alten Spinnerei, Samstag, 20. April, ab 10 Uhr.