
Aufstieg in die Swiss League vom Tisch: Wie Arosas Schildbürger die Verbands-Heuchler entlarven
Vernunft siegt über Romantik, Vorsicht über Wagemut: Der EHC Arosa hatte die Bewilligung zum Aufstieg in die Swiss League vom Operetten-Gremium Lizenzkommission erhalten. Aber bis am 24. Februar, Mitternacht, hätte die Aufstiegsbestätigung eingereicht werden müssen. Also die schriftliche Verpflichtung, aufzusteigen wenn der Aufstieg sportlich erreicht wird. Arosa hätte lediglich den Viertelfinal gegen Thun gewinnen müssen.
Im Falle eines Aufstieges von der MyHockey League in die Swiss League wäre eine Budgeterhöhung von aktuell rund 850 000 Franken auf gut 2 Millionen erforderlich gewesen. Arosa hat die Aufstiegsbestätigung nicht eingereicht und verzichtet somit auf den Aufstieg. Der Grund ist klar: Das Geld fehlt.
Dass ein Klub keine finanziellen Abenteuer eingehen mag, der 1986 als erster in der Geschichte aus wirtschaftlichen Gründen freiwillig aus der höchsten Liga in die 1. Liga absteigen musste, ist mehr als verständlich und vernünftig. Zumal eine Spendeaktion (das Minimalziel waren 100 000 Franken) soeben nicht einmal 25 000 Franken eingebracht hat.
Ein Ersatztermin wäre kein Problem gewesen
Die Begründung für den Aufstiegsverzicht ist allerdings hanebüchen. Eine schlechte Ausrede halt. Arosa zelebriert jeweils in der Altjahrswoche ein Spiel gegen einen Klub aus der National League. Nun hat die Lizenzkommission erklärt, dass dieses Spiel – eine wichtige Einnahmequelle für Arosa – in der Altjahrswoche nicht mehr durchgeführt werden kann. Weil ja die Swiss League in der Altjahrswoche zwei Runden spielt. Spielplan-General Willi Vögtlin – er ist auch für die Swiss League zuständig – sagt: «Aber es wäre kein Problem gewesen, ein anderes Datum zu finden. Wir hätten garantiert eine Lösung gefunden.»
Arosas ganzes Aufstiegs-Drama mag an Schildbürger mahnen. Die faule Ausrede mit dem Spiel in der Altjahrswoche wäre gar nicht notwendig. Es hätte genügt zu sagen: Sorry, das Geld reicht nicht. Aber dieses ganze Aufstiegsdrama ist ein Lehrstück. Unsere Verbandsgeneräle werden gnadenlos als elendigliche Heuchler entlarvt.
Die Swiss League ist – anders als die juristisch unabhängige National League – ein Teil von Swiss Ice Hockey, dem als Verein konstituierten Verband. Es ist also der Verband, der für das Wohl und Weh der zweithöchsten Spielklasse zuständig und verantwortlich ist.
Spätestens seit der Selbständigkeit der National League ist die Swiss League (2020) in Not. Zu wenig Teams, zu wenig Geld, zu wenig TV-Präsenz. Es ist Sache des Verbandes, diese Probleme zu lösen.
Alle rühmen die Wichtigkeit der Swiss League
Es gibt keine Liga der Welt, deren Wichtigkeit von den Verantwortlichen schon beinahe unablässig in schöneren Worten gelobt und gerühmt wird. Immer und immer wieder betonen die Verbands-Funktionäre (Frauen äussern sich zum Thema nicht) oder der Geschäftsführer des Verbandes oder der Sportdirektor des Verbandes oder sonst ein Funktionärlein wie wichtig die Swiss League für unser Hockey doch sei. Als Unterbau zur National League und als Ausbildungsliga. Es sei wichtig, diese Liga zu fördern und zu erhalten, zu hegen und zu pflegen.
Es werden auch keine Ausgaben gescheut, um Konzepte, Studien, Analysen, Abhandlungen oder Untersuchungen zu erstellen, wie der Swiss League geholfen werden könnte. Soeben ist eine international tätige Agentur mit einem entsprechenden Auftrag beglückt worden. Für mehrere zehntausend Franken. Praktischerweise kennt der neue Verbands-Direktor Martin Baumann diese Agentur zufälligerweise aus einer früheren Geschäftsverbindung. Ein Bier werden ihm die Jungs von der Agentur wohl spendieren.
Als Arosa sein Aufstiegsgesuch einreichte, da wurden von den Verbandsgenerälen wieder in allen Tonlagen Psalmen gesungen: «Super! Arosa ist mit seiner Ausstrahlung und Tradition eine immense Bereicherung für die Swiss League! Arosa, Willkommen! Hopp Arosa!»
Diese Einschätzung ist richtig. Der EHC Arosa wäre eine enorme Bereicherung für die Swiss League. Arosa und die Klubfarben haben ihre Magie auch 39 Jahre nach dem freiwilligen Abstieg nicht verloren. Zahlreich sind die Hockey-Romantiker im Flachland, die jetzt noch zu den Partien in der MyHockey League pilgern.
Arosa wäre eine Bereicherung gewesen
Keine Frage: Jeder Klub in der Swiss League hätte an der Abendkasse profitiert. Und Chur wäre sogar zu einem Derby gekommen. Natürlich wäre eine umfassende Reform – Zusammenlegung der Swiss League mit der MyHockey League – erforderlich und besser als die mutlose «Pflästerli-Politik» des Verbandes. Aber wenn schon «Pflästerli-Politik», dann mal ein richtiges Pflaster mit einer «Hockey-Berghilfe» für Arosa.
Wir können es salopp so formulieren: Wenn der Verband Arosas Aufstiegsplan mit einer Subvention von 200 000 Franken und einer Starthilfe von weiteren 200 000 Franken für die erste Saison in der Swiss League unterstützt hätte, dann hätten die Verantwortlichen nicht auf den Aufstieg verzichtet.
Nun mögen wir einwenden, der Verband könne aus zahlreichen Gründen keinen Klub unterstützen und ein «Anwältlein» wird – gegen Honorar aus der Verbandskasse – auch eine entsprechende juristische Begründung liefern. Und überhaupt wäre die Präjudiz zu beachten: Was, wenn in einem Jahr beispielsweise der EHC Thun um Subvention nachsuchen würde?
Aber wenn dem Verband das Wohl der Swiss League am Herzen läge, dann wäre die Aktion «Hockey-Berghilfe für Arosa» bewilligt und begründet worden. Im Extremfall bei sportlichem Versagen im Viertelfinal sogar mit einem Aufstieg am grünen Tisch. Und es wäre sehr einfach gewesen, von einem «Anwältlein» – gegen Honorar aus der Verbandskasse natürlich – eine entsprechende juristischen Begründung für diese Hockey-Berghilfe ausarbeiten zu lassen.
Die Geldspeicher des Verbands sind proppenvoll
Der Verband ist nämlich so reich wie nie seit seiner Gründung im Jahre 1908. Der Verband hat am Ende des letzten Geschäftsjahres liquide Mittel in der Höhe von 17,6 Millionen ausgewiesen und in den Geldspeichern lagern 2,5 Millionen Verbandsvermögen plus 7,5 Millionen zweckgebundenes Fondsvermögen zur Förderung unseres Hockeys. Der heilige Auftrag des Verbandes ist die Förderung unseres Hockeys – und damit auch der Swiss League.
Die Legitimation für die Alimentierung des EHC Arosa unter der Bezeichnung «Werbung für die Swiss League» oder «Förderung der Swiss League» oder «Strukturhilfe für die Swiss League» oder „Förderung des Hockeys in den Bergen wäre ein Kinderspiel gewesen.
Und der neue Verbandsdirektor Martin Baumann, ein Hockey-Sonntagsredner sondergleichen – hätte halt hinstehen und den Entscheid verteidigen müssen: Jawoll! Wir unterstützen Arosa! Jawoll, das ist im Interesse unseres Hockeys. Jawoll, dazu stehen wir! Und die Hockeyschweiz hätte ihm zugestimmt. Wenn dann in einem Jahr ein anderer Klub ein Subventionsgesuch eingereicht hätte, dann wäre es ein Leichtes gewesen, dieses Gesuch abzulehnen. Oder – wenn es gut begründet ist – zu bewilligen.
Aber eben: Es ist halt für den Verbandsdirektor einfacher, einen Deal mit einer Agentur, die man schon kennt, einzufädeln oder beim Vierländer-Turnier in Boston den Mann von Welt zu geben als sich in den Niederungen des helvetischen Hockeys couragiert und engagiert für das Wohl einer Liga oder eines Klubs einzusetzen und zu exponieren.
Das Vorgehen von Arosa mag – wie gesagt – schon ein wenig dilettantisch sein. Aber dafür sind die Verbands-Verantwortlichen als elendigliche Heuchler entlarvt worden. Ende der Polemik.
P.S. Es gibt nach dem Verzicht von Arosa definitiv keinen Aufsteiger von der MyHockey League in die Swiss League und auch keinen Aufsteiger aus der 1. Liga in die MyHockey League.