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Der Vorteil, ein Champion zu sein: Deshalb fliegen die ZSC Lions nicht mehr, haben aber dennoch alle Trümpfe in der Hand

Die ZSC Lions geraten im zweiten Finalspiel an den Rand einer Niederlage und gewinnen doch – das hat einen Grund.

Kann es im Final so weitergehen? Das war die bange Frage nach dem ersten Spiel. Am Dienstag sind die Zürcher im ersten Finalspiel gegen Lausanne gleichsam zum ersten Sieg (3:0) «geflogen». Mit erstaunlicher, schier unfassbarer Leichtigkeit. Dank ihrer spielerischen Überlegenheit.

Nach 12:08 Minuten ist mit dem 2:0 die Entscheidung bereits gefallen. Die ZSC Lions, wie sie spielerisch singen und lachen und bedingungslos ernst machen. In Lausanne. Auswärts also. Dort, wo sie vor einem Jahr alle drei Finalpartien verloren haben.

Die ZSC Lions können nicht mehr fliegen

Die Antwort kommt am Samstag rasch: Nein, so geht es nicht weiter. Lausannes Reaktion im zweiten Spiel in Zürich ist heftig. Im zweiten Final wird endlich wahres, richtiges, uriges, intensives Hockey gespielt und ein Drama sondergleichen aufgeführt. Die ZSC Lions vermögen ihren Gegner erst in der Verlängerung mit 3:2 zu bodigen. Und phasenweise droht nach 14 Playoff-Heimsiegen in Serie gar die erste Niederlage. Lausanne ist bei einem Pfostenschuss dem 1:3 nahe. Die Zürcher können nicht mehr fliegendes Hockey zelebrieren und liegen nach 13:48 Minuten 1:2 im Rückstand. Nun müssen sie zu Fuss gehen. Aber sie schaffen nach einer harten Landung in der Realität diese denkbar schwierige Umstellung.

Christian Marti, ihr härtester Mann, muss nicht einmal eingreifen. Natürlich steht er im Einsatz. Aber Trainer Marco Bayer teilt ihm «nur» 16 Minuten Eiszeit zu. Das ist sogar weniger als sein durchschnittliches Arbeitspensum in diesen Playoffs (17:39 Minuten).

Wie gut die ZSC Lions die Umstellung auf die neue Gangart letztlich doch geschafft haben, zeigt sich auch darin, dass es genügte, dass Christian Marti mit Ruhe und Umsicht verteidigte. So intensiv die Partie auch war: Zürichs grösster, schwerster und bei Bedarf härtester Mann (193 cm/97 kg) muss nicht rumpeln. Auf die entsprechende Frage muss er fast ein wenig schmunzeln. Es sei ein intensives Spiel gewesen. Aber fair und ohne gefährliche Checks oder Provokationen. «Es gab keinen Grund, einzugreifen.»

Er steht für die Disziplin und Gelassenheit seines Teams. Für die Art und Weise, wie die Herausforderung gemeistert, ein Rückstand weggesteckt und die Dinge in der Verlängerung wieder in Ordnung gebracht worden sind. Es gibt noch einen Grund, warum alles am Ende doch noch gut ausgegangen ist und der mit dem Auswärtssieg im ersten Spiel erkämpften Heimvorteil verteidigt werden konnte. Die Gelassenheit, die Ruhe, die Zuversicht eines Champions.

Trainer Marco Bayer antwortet auf die Frage, wie die Stimmung in der Pause vor der Verlängerung war, als alles auf der Kippe stand: «Ganz ruhig. Wir wussten, dass wir dieses Spiel gewinnen werden, und wir haben es gewonnen.»

Die Überzeugung des Siegens: Die ZSC Lions bleiben gelassen.
Bild: Michael Buholzer / KEYSTONE

Der 52-jährige Zürcher sagt das gelassen und doch bestimmt. Mit gehörigem Respekt auch für einen starken Gegner und mit Demut. Der ZSC Trainer drückt lediglich in Worten das aus, was er in diesem entscheidenden Moment in der Kabine gespürt hat: Die Gelassenheit, die Ruhe, die Zuversicht seiner Spieler, die aus gelebter Erfahrung als Meister von 2024 und als Sieger der Champions League wissen, dass sie es schaffen werden. Als sei etwas anderes gar nicht möglich oder denkbar, beenden die Zürcher bereits nach 121 Sekunden durch den Treffer von Jesper Frödén die Verlängerung.

Es ist das sportliche «Herrschaftswissen» von Champions, das durch heikle Situationen trägt und sich oft als Glück in schwierigen Phasen zeigt und letztlich so unerklärlich ist und bleibt wie das Pech der Verlierer. Eine alte chinesische Weisheit sagt dazu: Wer sich selbst alles zutraut, wird andere übertreffen.

ZSC ist Favorit, aber Lausanne reagierte richtig

Dieses «Herrschaftswissen» der ZSC Lions wird noch auf eine sehr, sehr harte Probe gestellt werden. Sie führen zwar nun im Final 2:0. Sie brauchen «nur» noch zwei Siege. Aber Lausanne hat auf die Startniederlage heftig und richtig reagiert und die Zürcher an den Rand einer Niederlage gedrängt. Auswärts.

Am Samstag geht es in Lausanne weiter. Ja, die ZSC Lions sind klare Favoriten. Aber es wäre fast ein Wunder, wenn sie «ungeschoren», ohne Niederlage, durch diesen Final kommen. Und sie werden auf dem Weg zur Titelverteidigung Christian Martis Härte noch gut gebrauchen können.

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