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ZSC Lions sind Könige von Europa: Noch nie gab es so wenig Geld für so viel Leistung
Ein Blick zurück lohnt sich, um den langen Weg an die Spitze Europas zu verstehen. In den 1990er Jahren ist die Stadtzürcher Hockeykultur sportlich, wirtschaftlich und politisch in einem ähnlich zerrütteten Zustand wie heute die Stadtzürcher Fussballkultur. Und das will wahrlich etwas heissen.
Der ZSC ist seit Jahren von der Zahlungsunfähigkeit und vom sportlichen Abstieg bedroht. Die Eishockey-Sektion der Grasshoppers, 1966 noch Meister, ist zwischenzeitlich bis in die 2. Liga abgestiegen und schafft in den 1990er Jahren die Rückkehr in die höchste Liga einfach nicht. Ein Hockeystadion gibt es nicht. Eishockey wird dort gespielt, wo das wahre Geld mit anderen Veranstaltungen verdient wird, wo schon Muhamad Ali geboxt und Joe Cocker gesungen hat. Im Hallenstadion, das der Stadt gehört. Es ist Brauch, dass während Eishockeyvorstellungen auf den Rängen gekifft wird.
1997 kommt es zum Urknall in der Stadtzürcher Hockeykultur. Der ZSC ist finanziell am Ende und die Grasshoppers sind im Aufstiegskampf erneut gescheitert. Walter Frey orchestriert den Zusammenschluss.
Der ZSC bringt das Publikum und den Platz in der höchsten Liga, die Grasshoppers, die kaum mehr Fans hatten, das Geld und eine Nachwuchsabteilung. Eine Vereinigung von Geld und Geist auf Zürcher Art und daraus ist ein Hockeykonzern unter der Bezeichnung «ZSC/GCK Lions Organisation» geworden. Unter dem Dach dieser Bezeichnung ist das operative Geschäft – Sport-Dienstleistungen aller Art, NL-Spielbetrieb der ZSC Lions, Spielbetrieb des Farmteams GCK Lions, Nachwuchsorganisation und Bewirtschaftung der eigenen Arena neben dem Sportbetrieb – in fünf Tochterfirmen strukturiert. Der Spielbetrieb der ZSC Lions und die Nachwuchsabteilung schreiben schwarze Zahlen, das Farmteam GCK Lions nicht und noch ist es nicht möglich, mit Veranstaltungen in der neuen Arena auf eine schwarze Null zu kommen. Im Gesamtergebnis ist der «Hockey-Konzern» ZSC Lions noch in den roten Zahlen. Mit dem Potenzial, mittelfristig Gewinn zu erwirtschaften.
Der Gewinn der Champions Hockey League ist für den Geist, nicht für das Geld. YB hat sich in der Champions League diese Saison lächerlich gemacht und mit null Punkten den 36. und letzten Platz belegt. Dafür kassierten die Berner Einnahmen von 18,6 Millionen und obendrauf kamen noch die Erträge aus dem Ticketverkauf. Nie in der Geschichte unseres Sportes ist für weniger Leistung mehr Geld bezahlt worden. Die ZSC Lions erwirtschaften inklusive Siegesprämie mit dem Gewinn der Champions League knapp eine Million. Nie in der Geschichte unseres Teamsportes ist mit so viel Leistung so wenig Geld verdient worden.
Die Zürcher Hockeykultur ist seit dem Einstieg von Walter Frey nicht auf fremdes Geld angewiesen. Deshalb sind Geduld und Nachhaltigkeit und der Bau eines Stadions möglich geworden. Und weil es geduldiges Geld mit Geist ist, gilt die Organisation der ZSC/GCK Lions als eine der besten ausserhalb der NHL
Die Stadtzürcher Fussballkultur ist inzwischen durch ständige Führungs-, Trainer und Besitzerwechsel – zeitweise fallen die Grasshoppers gar in chinesische Hände – und unanständige Fans zerrüttet und zu einer «Opera Buffa» geworden und wartet auf ein taugliches Fussballstadion wie die Christenheit auf den Jüngsten Tag. Die Kraft der Eitelkeiten und der Torheiten ist so mächtig, dass es nicht gelingt und nie gelingen wird, die enormen Energien der Stadtzürcher Fussballkultur zu bündeln. Der Stadtzürcher Fussball hat keinen Walter Frey. Er hat Ancillo Canepa.
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Bild: Andrea Zahler / CH Media
Walter Frey ist ein Glücksfall für das Stadtzürcher und für unser gesamtes Hockey. Einerseits fördert und fordert er eine Leistungskultur. Aber zugleich sorgt er für Nachhaltigkeit und hat die grösste Nachwuchsorganisation Europas aufgebaut. Er hat Geld und Geduld und gehört zu den ganz raren Sportförderern, die keine Profilierung im Sport anstreben, sich bescheiden im Hintergrund halten und sich nicht ins Tagesgeschäft einmischen. Walter Frey muss sich nicht einmischen, weil er das Geschick und Glück hat, die besten Macher zu finden. Drei aus vielen sind hier erwähnt: Simon Schenk, der in der ersten Phase das sportliche Fundament zimmert, Peter Zahner, der die politische, wirtschaftliche und sportliche Kompetenz mitbringt, die erst den Bau des neuen Hockeytempels möglich machen und Sven Leuenberger, der als Sportchef das Erbe von Simon Schenk würdig vertritt. Sportliche Erfolge stehen auf dünnem Eis. Permanente Dominanz ist nicht möglich. Wichtig ist eine solide, breite sportliche Basis, um ein Team immer wieder neu aufbauen und im Notfall rasch und richtig reagieren zu können. Als Cheftrainer Marc Crawford aus gesundheitlichen Gründen sein Amt aufgeben muss, übernimmt mit Marco Bayer der Cheftrainer des Farmteams seinen Platz. Und hat nun die Champions League gewonnen.
Im letzten Frühjahr haben die ZSC Lions ihren ersten Titel im neuen, im Herbst 2022 eröffneten Tempel gefeiert. Nun sind sie in ihrem eigenen Stadion mit einem Schweizer Trainer aus den eigenen Reihen die Nummer 1 in Europa geworden. Es ist die Krönung des sportlichen Lebenswerkes von Walter Frey.