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Die Schweiz eignet sich nicht für die Wasserstoff-Produktion. Trotzdem kann sie Sinn machen

Wasserstoff ist ein Schlüssel zur Energiewende. Wissenschafter des Paul-Scherrer-Instituts (PSI) haben in einer Studie berechnet, wo grüner Wasserstoff am besten produziert werden sollte.

Die Schweiz soll bis 2050 klimaneutral werden, ab dann sollen netto keine zusätzlichen Treibhausgase mehr in die Atmosphäre gelangen. Wesentlicher Baustein dabei ist die Elektrifizierung von Verkehr, Industrie und Haushalten. Für gewissen Anwendungen ist die Energiedichte von allerdings nicht ausreichend. Dort soll Wasserstoff (H2) genutzt werden, insbesondere bei der Luftfahrt, der Landwirtschaft und der Stahlindustrie.

Forscher und Forscherinnen der Paul Scherrer Instituts (PSI) haben nun untersucht, wo sich die grossräumige Wasserstoff-Produktion am besten eignet. Denn der globale Wasserstoffbedarf soll im Jahr 2050 je nach Klimaszenarien zwischen 111 und 614 Megatonnen pro Jahr betragen. Aktuell werden weltweit rund 90 Megatonnen produziert, allerdings zur Hauptsache aus fossilen Energieträgern.

Sinn macht die Wasserstoff-Produktion aber nur mit Verwendung erneuerbarer Energie. Diese fossil-freie PEM-Elektrolyse zur Herstellung von Wasserstoff bei der Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespaltet wird, verursacht 90 Prozent weniger Treibhausgase als die H2-Produktion mit Öl, Gas oder Kohle.

Kanada ist das geeigneteste Land

Die in der Fachzeitschrift «Natur Communications» veröffentlichte PSI-Studiezeigt, dass Kanada das geeigneteste Land für günstige Wasserstoff-Produktion ist. «Dort existieren viele freie Flächen, die sehr windig und daher ideal zum Aufstellen von Windturbinen sind», sagt Tom Mike Terlouw vom PSI. Dazu gibt es dort viel Wasser für die Elektrolyse und stabile politische Verhältnisse.

Auch die zentralen Staaten in den USA bieten gute Bedingungen sowie Teile Australiens, der Sahara, Nordchinas und Nordwesteuropas. Entweder weil es dort viel Sonne zur Produktion von Solarstrom gibt oder viel Wind und freie Fläche zum Aufstellen von Windrädern und Wasserstofffabriken.

Andere dicht besiedelte Regionen und Länder wie Japan oder weite Küstenabschnitte der USA und Chinas könnten nur zu vergleichsweise hohen Kosten produzieren. Weniger gut zur Produktion eignen sich gemäss den PSI-Forschern mitteleuropäische Industrieländer wie die Schweiz oder Deutschland.

Verwendung von Schweizer Überschussstrom macht Sinn

«Die Schweiz eignet sich einfach weniger als andere Regionen zur H2-Produktion in grossem Umfang, da der Ertrag aus Solar- und Windkraftwerken bescheiden ist», sagt Christian Bauer vom PSI. Baut man Sonnen- und Windkraftwerke allein für die H2-Produktion, mache das somit wenig Sinn und wäre vergleichsweise teuer.

In Zukunft wird es mit dem Ausbau der Photovoltaik wahrscheinlich im Sommer überschüssigen Strom über die Mittagszeit geben. «Diesen vielleicht vorhandenen Überschussstrom aus Photovoltaik-Anlagen zur H2-Produktion zu nutzen, macht aber sehr wohl Sinn», sagt Studienautor Bauer. Klimafreundlich hergestellter Wasserstoff kann als saisonaler Energiespeicher auch in der Schweiz dabei helfen, die Winterstromlücke zu verringern und industrielle Verfahren zu dekarbonisieren. Allerdings ist die Speicherung noch teuer.

Der grüne Wasserstoff habe auch eine ökologische Kehrseite. Zum einen werden auch dabei Restemissionen von Treibhausgas ausgeschieden. Die Elektrolyse-Systeme weisen zudem graue Energie auf, die bei der Herstellung der Elektrolyse-Materialien anfallen.

Diese Emissionen könne man ausgleichen, wenn für die H2-Produktion CO2aus der Luft abgeschieden wird – mit Technologien wie Direct Air Capture, bei der Apparate CO2aus der Luft einfangen. Oder durch Aufforstung. Und wie bei der Produktion für erneuerbare Energien, in Windturbinen oder Batterien zum Beispiel, werden auch bei der Elektrolyse kritische Materialien verwendet wie das Metall Iridium.