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SP kritisiert Forderung nach neuen AKW als «aus der Zeit gefallen» – und attackiert Energiedirektor Stephan Attiger

In zehn Tagen will die SVP im Kantonsparlament einen Vorstoss einreichen, der ein neues AKW im Aargau verlangt – und dies möglichst rasch. Die SP lehnt die Forderung entschieden ab und wirft FDP-Regierungsrat Attiger vor, er missachte mit seinen Aussagen zu möglichen Standorten den Volksentscheid zum Neubauverbot.

«AKW sind realitätsfremd und aus der Zeit gefallen»: So lautet der Titel der Mitteilung, welche die SP am Freitag verschickte. Die Genossinnen und Genossen reagieren damit auf dieAnkündigung der SVP, mit einer Motion im Grossen Rat den raschen Bau eines weiteren Atomkraftwerks im Kantonzu fordern. Für die SP Aargau ist «der Vorstoss aus atomgetriebenen politischen Kreisen, im Aargau ein neues AKW bauen zu wollen, sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich verantwortungslos».

Die Partei kritisiert, obwohl sich die Stimmbevölkerung mehrmals für eine zukunftsorientierte und nachhaltige Energiepolitik ausgesprochen habe, preschten im Aargau AKW-gläubige Kreise vor und verlangten den Bau eines neuen Reaktors. Zuletzt wurde das neue Energiegesetz, das ein Verbot für den Neubau von Atomkraftwerken enthält, im Mai 2017 von der Schweizer Stimmbevölkerung mit einem Ja-Anteil von gut 58 Prozent angenommen. Der Aargau lehnte das Gesetz indes ab, hier sprachen sich fast 52 Prozent der Stimmenden dagegen aus.

Nora Langmoen, Co-Präsidentin der SP Aargau, kritisiert die Aussagen von FDP-Regierungsrat Stephan Attiger zu möglichen AKW-Standorten im Aargau.
Bild: Severin Bigler

Dennoch ist für die SP Aargau klar: «Ein neues AKW zu bauen wäre verantwortungslos», wie Co-Präsidentin Nora Langmoen festhält. Atomenergie sei nicht nachhaltig, zudem würde ein Neubau den Ausbau der erneuerbaren Energien blockieren. Die SP hält fest, für den Betrieb von AKW sei viel radioaktives Uran notwendig. Das macht die Schweiz vom Ausland abhängig, zerstöre die Umwelt an den Standorten der Uranminen und produziere grosse Mengen an CO2-Emissionen beim Transport.

Standort-Aussagen von Attiger «demokratisch fragwürdig»

Zudem sei es «demokratisch höchst fragwürdig, dass Regierungsrat Stephan Attiger neue Standorte für AKW vorschlägt, obwohl es einen klaren Volksentscheid dagegen gab». Es stelle sich die Frage, «ob er die vorgeschlagenen Standorte evaluieren liess und damit den Volksentscheid bewusst umging oder die Standorte aus dem Bauch heraus empfiehlt». FDP-Energiedirektor Attiger sagte am Donnerstag auf Anfrage der AZ – bevor die SVP-Forderung bekannt war – die bestehenden Standorte würden für neue AKW gute Voraussetzungen mitbringen.

Dies gelte für Beznau und Leibstadt in Bezug auf Strom- und Fernwärmeleitungen, Akzeptanz und Fachkräfte. Attiger berief sich auf die kantonale Energiestrategie, in der es heisst: «Wegen möglicher technologischer Fortschritte in ferner Zukunft soll von einem Verbot der nuklearen Technologie abgesehen werden.» Weiter ist dort nachzulesen: «Die Standorte der heutigen Kernkraftwerke sowie die mögliche Weiternutzung der bestehenden Infrastruktur haben einen Einfluss auf zukünftige Technologie und Standortentscheidungen.»

SP-Energiespezialist findet AKW-Pläne abstrus

«Neue AKW sind nur schon rein ökologisch Blödsinn und kein vernünftiges Finanzinstitut würden sie finanzieren», lässt sich SP-Grossrat Martin Brügger in der Mitteilung zitieren. Seine Partei setze sich entschieden für erneuerbare, klimaneutrale Energiesysteme ein, hält Brügger weiter fest. Erneuerbare Energien würden schneller als prognostiziert ausgebaut – die Energiewende sei in vollem Gange.

Martin Brügger, SP-Grossrat und Energiespezialist, fordert mehr Investitionen in erneuerbare Energien.
Bild: Severin Bigler

«Es muss aber mehr getan werden», stellt der SP-Energiespezialist fest, und macht sogleich seine Position klar: «Solange die erneuerbaren Energien nicht besser gefördert werden und Solaranlagen auf Bauten des Bundes fast gänzlich fehlen – wie auch bei Bahnperrons, Kasernen und Kraftwerksgebäuden – sollte man nicht abstrusen AKW-Plänen nachfiebern», so Brügger weiter.