Mysteriöser Todesfall im Iran: Schweizer soll heimlich Bodenproben genommen haben
Der mysteriöse Todesfall eines Schweizers im Iran sorgt international für Schlagzeilen. Der Mann soll sich in einer Zelle im Gefängnis von Semnan, knapp 200 Kilometer östlich der iranischen Hauptstadt Teheran, das Leben genommen haben.Das Aussendepartement (EDA) bestätigte den Bericht iranischer Staatsmedien.
Die Meldung lässt aufhorchen. Wer ist der Schweizer? Was tat er im Iran? Und unter welchen Umständen ist er wirklich ums Leben gekommen? All das ist derzeit unklar.
Er soll Bodenproben genommen haben
Laut iranischen Medien soll der Schweizer im Iran spioniert haben. Die iranische Nachrichtenagentur Tabnak wird konkreter: Sie schreibt, der Mann sei bei der «Entnahme von Bodenproben» erwischt worden. Dabei stützt sie sich auf eine Quelle aus dem iranischen Sicherheitsapparat. Wann das war, bleibt offen. Angeblich sollen die Iraner nicht nur den Schweizer, sondern auch ein «Netzwerk von Kollaborateuren» verhaftet haben. Mit dem Untersuchen von Bodenproben auf Uranpartikel können Rückschlüsse auf das iranische Atomprogramm gemacht werden.
Der inhaftierte Schweizer soll am Donnerstagmorgen Suizid begangen haben. Gemäss Medienberichten hat er einen Mithäftling darum gebeten, ihm Essen zu bringen. Diesen Moment habe er genutzt, um sich das Leben zu nehmen, sagte der Justizchef der Provinz, Mohammed Sadeq Akbari. Gefängnismitarbeiter hätten sofort interveniert und versucht, ihn am Leben zu behalten. Laut Akbari handelt es sich eindeutig um einen Suizid, dies würden Spuren und Dokumente zeigen.
Suizid mit Geheimdienstmethode?
Das Newsportal Tabnak schreibt, der Mann habe für den Suizid Mittel einer «früheren Geheimdienst-Ausbildung» genutzt. Darunter könnte, das ist allerdings Spekulation, beispielsweise die Einnahme einer Zyankali-Kapsel gemeint sein.
Das Aussendepartement steht eigenen Angaben zufolge in Kontakt mit den iranischen Behörden, um den mysteriösen Tod aufzuklären. Weitere Informationen gibt das EDA nicht. Die Schweiz hat ein spezielles Verhältnis zu Iran: Seit über vier Jahrzehnten vertritt die Schweiz als Schutzmacht die Interessen der USA in der islamischen Republik. Im Gegenzug hätten die Iraner bisher Schweizer Staatsbürger verschont, sagen Exil-Iraner. Das Regime sei an einem guten Verhältnis zur Schweiz interessiert. Darum zeigen sich manche überrascht vom jetzigen Vorfall.
Mysteriöse Todesfälle und «Selbstmorde» von Schweizern im Iran
Insider sagen, dass der Schweizer Nachrichtendienst zuletzt nicht mehr im Iran aktiv war, weil dies offenbar als zu gefährlich eingestuft wurde. Das sei ein Entscheid von NDB-Chef Christian Dussey gewesen. Er muss wissen, wovon er spricht. Er war bis zu seinem Amtsantritt als Geheimdienstchef selbst Botschafter in Iran.
In diese Zeit fiel der mysteriöse Tod der Schweizer Diplomatin Sylvie B., die 2021 mitten in der Nacht vom Balkon ihres Hotels fiel und starb. Die Schweizer Bundesanwaltschaft untersuchte den Fall, stellte das Verfahren aber im November 2024 ein. Es deute (fast) alles auf einen Selbstmord hin, so der Befund. Jedenfalls konnte Fremdeinwirkung nicht nachgewiesen werden.
Der Tod der Diplomatin ist kein Einzelfall. 2023 zog sich der für die Region zuständige Schweizer Verteidigungsattaché bei einem Sturz in einem Teheraner Hotelzimmer schwere Verletzungen zu. Er wurde später in die Schweiz zurückgeflogen. Die Versionen, was passiert war, gingen auseinander. Jedenfalls nahm der Mann wenig später ein tragisches Ende: Im März 2024 wurde er, erst 63 Jahre alt, leblos in seiner Dienstwohnung in Pakistan gefunden, wie es hiess.
Suizide von politischen Gefangenen häufen sich im Iran
Was Exil-Iraner in den letzten zwei Jahren feststellen, und was in ihren Augen gewisse «Selbstmorde» erklären könnte: «Viele politische Gefangene im Iran haben sich kurz nach ihrer Freilassung das Leben genommen. Dabei waren diese Personen keineswegs psychisch oder charakterlich so, dass sie Selbstmord begehen würden», sagt ein Exil-Iraner. Auch innerhalb der Gefängnisse hätten die angeblichen Selbstmorde zuletzt auffällig zugenommen.
«Wir sind es gewohnt, von Selbstmorden politischer Gefangener innerhalb und ausserhalb der Gefängnisse zu hören. Sie wurden verursacht durch das Verhalten, den Druck und den Missbrauch durch Gefängnisbeamten sowie durch Medikamentenmissbrauch», sagt der Iraner, der in der Schweiz lebt.
Verbindung zum Fall Abedini in Lausanne?
Fall Abedini: Exil-Iraner äusserten spontan den Verdacht, dass die Verhaftung des Schweizers auch mit dem Fall von Cecilia Sala zusammenhängen könnte. Die italienische Journalistin war vor Weihnachten in Teheran festgenommen worden, um Druck auf Italien auszuüben. Dies als Reaktion darauf, dass die Italiener im Dezember auf Ersuchen der USA den Iraner Mohammad Abedini verhaftet hatten.
Der Mann, der bis 2022 an der ETH Lausanne als Postdoktorand eingeschrieben war, befand sich auf der Reise aus Istanbul nach Lausanne, als er in Mailand festgenommen wurde. Die Amerikaner werfen ihm Terror-Unterstützung vor: Er habe, zusammen mit einem US-Iraner, über eine Tarnfirma in Lausanne US-Technologie für Killerdrohnen an den Iran geliefert. Sie wollen seine Auslieferung.
Am Mittwoch wurde Sala von den Iranern überraschend freigelassen. Abedini sitzt weiter in Italien in Haft, aber es scheint festzustehen, dass Italien ihn nicht an die US-Justiz ausliefern wird. Die Mullahs hätten damit ihr Hauptziel erreicht. Hier spielte im Hintergrund offenbar auch ein Deal zwischen Italiens Regierungschefin Meloni und dem künftigen US-Präsidenten Trump.