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Grosse Schäden in erstaunlich weiter Entfernung zum Epizentrum

Ein Seismologe des Schweizerischen Erdbebendiensts erklärt, warum es in Myanmar zu derartig heftigen Beben gekommen ist.

Ein gewaltiges Erdbeben hat mehrere südostasiatische Länder erschüttert. In der thailändischen Hauptstadt Bangkok brach ein im Bau befindliches Hochhaus zusammen. Am Freitagnachmittag wurden aus Myanmar rund 150 Tote und über 700 Verletzte gemeldet, die Zahl der Opfer dürfte noch weiter ansteigen.

Der Ort des Epizentrums des Erdbebens konnte inzwischen von den Seismologen gut eingegrenzt werden, wie Paolo Bergamo vom schweizerischen Erdbebendienst der ETH Zürich (SED) erklärt. Sowohl der amerikanische Erdbebendienst USGS wie auch das deutsche Helmholtz-Zentrum für Geowissenschaften geben ähnliche Koordinaten für den Epizentralpunkt an. Das Epizentrum liegt demnach im von Bürgerkrieg versehrten Myanmar, etwa 25 Kilometer westlich der Stadt Mandalay.

Riesige Ausstrahlung des Erdbebens

Die Ausstrahlung des Bebens ist dabei riesig. Das Ereignis war neben Myanmar in Thailand und auch im südlichen Teil Chinas zu spüren, wo ebenfalls Schäden gemeldet wurden. Betroffen waren chinesischen Medien zufolge unter anderem die Grossstadt Kunming oder die bei Touristen beliebten Orte Lijiang und Dali. In der Stadt Ruili soll es Verletzte und Schäden an Häusern gegeben haben. «Es ist allerdings nicht ungewöhnlich, dass Erdbeben dieser Grösse Hunderte von Kilometern vom Epizentrum entfernt Schäden verursachen», sagt Bergamo.

Mit einer Stärke von 7,7, wie sie die US-Erdbebenwarte gemessen hat, kommt es immer zu grossen Schäden. «In dieser Region gab es seit 1900 sechs weitere Erdbeben der Stärke 7 und mehr im Umkreis von etwa 250 Kilometer um das heutige Erdbeben», sagt der ETH-Seismologe. Das jüngste dieser Beben war ein Beben der Stärke 7,0 im Januar 1990, das 32 Gebäude zum Einsturz brachte. Ein Erdbeben der Stärke 7,9 ereignete sich südlich des heutigen Bebens im Februar 1912.

Die Ursache für die starken Erdbeben in dieser Gegend ist das Ergebnis eines Spannungsaufbaus zwischen der indischen und der eurasischen Platte. Die eurasische Platte umfasst einen grossen Teil des europäischen und asiatischen Festlands. Die tektonische Spannung wird erzeugt, weil sich die indische Platte rund fünf Zentimeter pro Jahr auf die eurasische Platte zu bewegt. Die Region um Myanmar ist tektonisch sehr komplex, das Erdbeben ereignete sich auf der Sagaing Störung, die in Nord-Süd Richtung Myanmar durchläuft.

Das Nachbarland Thailand, insbesondere sein westlicher Teil, ist ebenfalls einer relativ hohen Erdbebengefahr ausgesetzt. Dies ist ebenfalls auf das System seismischer Verwerfungen an der Grenze zwischen der eurasischen und der indischen Platte zurückzuführen. «Dass das Beben auch in Bangkok stark verspürt wurde, ist bei der Stärke des Bebens zu erwarten», sagt Bergamo. Der berichtete Einsturz des im Bau befindlichen Hochhauses sei allerdings überraschend. In dieser grossen Entfernung von mehr als 1000 Kilometern vom Epizentrum weg, würde man eigentlich nicht mit grösseren Schäden rechnen. «Hier können eventuell lokale Effekte des Untergrunds eine Rolle gespielt haben», erklärt der Seismologe.

Entspannen kann sich die Bevölkerung in den betroffenen Ländern nicht. «Diese Ereignisse werden in der Regel von Nachbeben begleitet, und tatsächlich gab es bereits einige Nachbeben», sagt Bergamo. Wenige Minuten nach dem Erdbeben der Magnitude 7,7 ereignete sich etwa 30 Kilometer südlich ein Beben der Magnitude 6,4. Etwa eine Stunde danach ereigneten sich drei kleinere Beben der Stärke 4,5. In einer Region etwa 70 Kilometer nördlich des Epizentrums des Bebens in Myanmar sogar der Stärke 7,7. «Auch in den nächsten Tagen und Wochen ist mit weiteren Nachbeben zu rechnen, die zum Teil auch so stark sein können, um direkt wieder Schäden hervorzurufen», sagt Paolo Bergamo.