Erfolglose Suche nach einem fünften Gemeinderat: Wiliberg muss sich eine unangenehme Frage stellen
Wiliberg sucht einen neuen Gemeinderat oder eine neue Gemeinderätin. Die Person sollte im besten Fall auch bereit sein, das Amt des Vizeammanns zu übernehmen. Die Vakanz wäre per nächstes Jahr zu füllen, weil sich der amtierende Manfred Müller dazu entschieden hat, pünktlich zur Legislaturhalbzeit Ende Jahr zurückzutreten – nach sechs Jahren im Amt, zwei davon als Vizeammann. Der Rücktritt erfolgt aus beruflichen Gründen: Die Aufträge seiner MM Gartenpflege GmbH hätten in den letzten Jahren derart zugenommen, dass sich beides nicht mehr unter einen Hut bringen lasse.
Deshalb findet am 22. Oktober in Wiliberg eine Ersatzwahl statt. Nur: Bislang kandidiert niemand – die offizielle Anmeldefrist verstrich ungenutzt, weshalb auf dem Wahlzettel im Oktober auch niemand zur Wahl vorgeschlagen wird. Weder als Gemeinderat und schon gar nicht als Vizeammann.
Der Wahlsonntag als Kandidatensuche
Das erstaunt nicht, die Suche nach geeignetem und willigem Personal dürfte sich in der kleinsten Gemeinde des Kantons und mit rund 140 Wahlberechtigten als ziemlich herausfordernd gestalten. Das bestätigt der Wiliberger Gemeindeammann Patric Jakob. «Da wir darüber hinaus auch keine Parteien oder andere Interessensgemeinschaften haben, werden auch sehr wenige Personen zur Wahl vorgeschlagen.»
Hinzu kommt in Wiliberg erschwerend, dass die Gemeinde auch nicht über einen enormen Schwall an Neuzuzügern verfügt. Jakob: «Die meisten unserer Bürgerinnen und Bürger waren schon einmal im Gemeinderat, die können wir natürlich nicht noch einmal fragen.»
Man will die Wahl vom 22. Oktober nun als eine Art Kandidatensuche nutzen, erklärt Jakob: «Man kann ja trotzdem Personen wählen, auch wenn niemand kandidiert. Und wenn sich jetzt am Wahlsonntag jemand abhebt, gehen wir auf die Person zu und fragen, ob sie sich das Amt vorstellen könnte.» Ausserdem müsse man nun halt das Feld weiter öffnen, fügt er an: «In der Vergangenheit haben wir Neuzuzüger und frische Familien verschont – nun ziehen wir diese auch in Betracht.»
In einer Gemeinde mit 170 Einwohnerinnen und Einwohnern stellt sich in so einer Situation schnell die Frage nach der Selbstständigkeit. In Wiliberg noch schneller, da die Gemeinde seit Anfang der 1990er-Jahre keine eigene Gemeindeverwaltung mehr hat, die wurde damals nach Bottenwil ausgelagert.
Jakob: «Natürlich müssen wir uns fragen, ob wir noch weiter selbstständig sein können und wollen, wenn wir den Gemeinderat nicht mehr vollständig besetzen können.» Die letzte Umfrage zu diesem Thema habe man vor rund fünfzehn Jahren durchgeführt, da sei die Unabhängigkeit Wilibergs von der Bevölkerung noch klar bestätigt worden. Es sei zwar vielleicht langsam Zeit, die Umfrage wieder einmal durchzuführen.
Steuererhöhung um 18 Prozentpunkte
Ob die Gemeinde mittelfristig aber eigenständig bleiben kann, ist derzeit sowieso noch unklar. Wegen den Finanzen, erklärt Jakob: «Lässt man einmalige Sondereffekte weg, sah es finanziell gesehen die letzten zwei Jahre in Wiliberg nicht gut aus.» Man stecke gerade mitten in den Arbeiten für das Budget 2024, auch dort rechne man mit einem Verlust. Eine Erhöhung des Steuerfusses von aktuell 109 Prozent sei zwar derzeit kein Thema, so Jakob. Aber: «Bekommen wir keine neuen Steuererträge, sind wir mittel- bis langfristig auf Ergänzungsbeiträge des Kantons angewiesen.»
Diese Ergänzungsbeiträge gibt es seit der Einführung des neuen Finanzausgleichssystems im Jahr 2018. Dafür muss man laut Jakob jeweils die letzten vier Jahresabschlüsse dem Kanton vorlegen – dieser entscheidet dann, ob eine Gemeinde beitragsberechtigt ist.
Eine Bedingung dafür ist, dass die Gemeinde ihren Steuerfuss soweit erhöht, bis er 25 Prozentpunkte über dem kantonalen Mittelwert von 102 Prozent liegt. Stand heute müsste Wiliberg seinen Steuerfuss auf 127 Prozent erhöhen – um stolze 18 Prozentpunkte. Laut Jakob liegt das derzeit noch in der Ferne. Trotzdem müsse man sich bewusst sein, dass Selbstständigkeit längerfristig ihren Preis habe.