
Erfolgreicher Schriftsteller, scharfsinniger Beobachter – Peter Bichsel stirbt kurz vor seinem Geburtstag
Der Schriftsteller Peter Bichsel ist tot. Er starb am Samstagmittag, wie seine Familie am Montag der Solothurner Zeitung bestätigt. Im Kreise seiner Familie sei er friedlich eingeschlafen. Bichsel wurde 89 Jahre alt, am 24. März hätte er seinen 90. Geburtstag gefeiert.
Peter Bichsel gehört zu den bekanntesten und erfolgreichsten Schriftstellern der Schweiz. Geboren 1935 in Luzern, aufgewachsen ebendort und später in Olten, verbrachte er den grössten Teil seines Lebens in Bellach bei Solothurn. Er war zunächst Volksschullehrer und einige Jahre Berater des Solothurner SP-Bundesrates Willi Ritschard, für welchen er auch zahlreiche Reden verfasste.
Als Schriftsteller gelang Bichsel 1964 mit der Kurzgeschichtensammlung «Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen» der Durchbruch. Er erhielt zahlreiche nationale und internationale Preise: vom Solothurner Literaturpreis, über den Preis der Gruppe 47 oder den Grossen Schillerpreis. Er war Mitglied der legendären Gruppe 47, der auch Autorengrössen wie Ingeborg Bachmann oder Günter Grass angehörten. Ausserdem gründete Peter Bichsel 1978 die Solothurner Literaturtage mit.
Blick für das Alltägliche, einfacher Stil
Bezeichnend für Bichsels Werk war sein Blick für das Alltägliche, Unscheinbare, Selbstverständliche. Dabei schenkte er mit seiner einfachen Sprache jenen Menschen eine Stimme, die auf den ersten Blick unscheinbar oder unwichtig wirken. In kleinen Erzählungen ging er dabei grosse Fragen an.
Vor kurzem wurde in Solothurn der Verein «Büro Bichsel» gegründet, der Bichsels Werk zugänglich machen will. Zum Projekt gehören ein Begegnungsort, eine Website und ein mobiles Museum. Am 24. März, wenn Bichsel seinen 90. Geburtstag gefeiert hätte, stellt der Verein sein Jahresprogramm vor und weiht den Begegnungsraum an der Solothurner Schaalgasse ein.
In der medialen Öffentlichkeit fiel Bichsel als scharfsinniger Beobachter der politischen und sozialen Schweiz auf. Er nutzte seine Stimme, um auf Missstände und Ungesagtes hinzuweisen. Nicht zuletzt in seinen unzähligen Kolumnen hielt Bichsel der Schweiz den Spiegel vor.
So nahm Bichsel auch in seinem letzten Interview im Februar kein Blatt vor den Mund und nannte Trump und Putin «zwei narzisstische Bösewichte». Und weiter: «Es sind leider letztlich die Leute, die sich einen mächtigen Mann wünschen, der für sie alles in Ordnung bringt. Das macht mich traurig. Ich selbst hatte nie im Sinn, eine Biografie zu leben. Ich habe erst nach dem Erscheinen des Romans über Cherubin Hammer gemerkt, dass ich über mich geschrieben hatte. Zur falschen Zeit am falschen Ort – und ich hätte durchaus das Leben eines erfolglosen Schriftstellers haben können.»