Fast 300 Köhler aus ganz Europa und ein grosses Volksfest: Bald entzündet Erlinsbach wieder einen Kohlemeiler
Die beiden Erlinsbach feiern heuer ihr 850-jähriges Bestehen – nicht nur einmal, sondern mit vielen Highlights übers Jahr verteilt. Nun steht bald das nächste an. Eines, auf das viele Speuzer schon seit 2018 «plangen». Dann fand nämlich das letzte Köhlerfest in der Gehren statt, und es hätte nicht stimmungsvoller sein können.
Nun dauert es weniger als einen Monat, bis im Erzbachtal erneut ein Kohlemeiler entzündet wird – am 6. September geht es los. Im zehntägigen Fest integriert ist ein ganz besonderer Anlass: Erlinsbach darf das 14. Treffen des Europäischen Köhlerverbandes ausrichten. Rund 280 nationale und internationale Gäste werden die regionale Festgemeinschaft für drei Tage ergänzen.
Manche kommen von weit her: aus Südfrankreich, England oder Slowenien. «Die weitaus grösste Delegation kommt aber aus Deutschland, wo die Köhler untereinander gut vernetzt sind», erzählt Markus Lüthy, Präsident des Köhlervereins Speuz und SVP-Grossrat. Eine der grossen Herausforderungen sei es gewesen, genügend Unterkünfte zu finden; in der Region hat es bekanntlich zu wenige Hotelbetten. «Die Gäste werden nun von Rohr bis nach Oftringen verteilt», so Lüthy.
Am Köhlertreffen erwartet sie – neben dem Fachsimpeln – auch ein Besuch beim Küttiger Weinbauern Wehrli, in der Bandweberei Kuny und in Aarau, wo sie eine Stadtführung erhalten. In Erlinsbach gehen sie ausserdem in den Wald, um die hiesige Forstwirtschaft kennenzulernen – schliesslich ginge ohne Holz absolut gar nichts. Apropos: 20 Ster werden für den Kohlemeiler benötigt; er ist damit leicht grösser als jener im 2018.
Der Europäische Köhlerverband besteht seit 1997 und umfasst über 3500 Köhlerfans aus zwölf Ländern. Dass Speuz die Ehre zufällt, das alle zwei Jahre stattfindende Treffen ausrichten zu können, hängt erstens damit zusammen, dass die Schweiz nach zehn Jahren wieder einmal an die Reihe kommen sollte. Und: «Wir sind ein relativ grosser Verein, was es für die Durchführung eines solchen Anlasses auch einfach benötigt», sagt Lüthy. Sagenhafte 550 Mitglieder zählt der Verein. Allerdings köhlert nur ein Bruchteil davon. Hauptsächlich geht es ums Beisammensein und um die Erhaltung des Dorflebens. Und eben: Um die Ausrichtung des Köhlerfests.
Dem Vereinspräsidenten ist es wichtig, zu betonen: «Es ist nicht nur ein Europäisches Köhlertreffen, sondern ein Volksfest. Wir freuen uns auf viele Gäste aus der ganzen Region.»
Vom 6. bis zum 8. September wird der Meiler aufgebaut – bereits mit Rahmenprogramm – , bevor er am «Anzündefest» am Samstag, 9. September, dann in Betrieb genommen wird. Von da an brennt er eine Woche (ganz genau genommen verkohlt das Holz, es handelt sich um eine «trockene Destillation») – bis zum «Löschifest» am 16. September. Für den Meiler verantwortlich sind wie schon 2018 die Köhlerinnen Doris Wicky und Heidi Moy.
Ein Blick aufs Programm zeigt: Die Speuzer haben alles gegeben und für jeden der zehn Tage etwas Besonderes organisiert – mal singt das Nostalgiechörli Buchs, mal gibt es eine «Köhlerbilly Rocknight», mal «Comedy fürs Dorf», mal gibt es einen Jassnachmittag. Da kann man ruhig mehrmals vorbeigehen, auch weil die Festwirtschaft fast jeden Tag ein anderes Menü bereithält. Zwischendurch wird der «Speedcarver» Lukas Senn Holzskulpturen sägen, die am letzten Tag versteigert werden. Das genaue Programm sowie Details zur Anfahrt sind unter www.koehlerfest-speuz.ch ersichtlich.
Ein Köhlerfest, grösser als das letzte, mit internationaler Beteiligung: eine Gewaltsaufgabe für den Vereinspräsidenten? Markus Lüthy lacht; noch sei er entspannt. «Das OK besteht aus 16 Personen – eine gute, eingespielte Truppe. Ich muss nur noch die Fäden ziehen, dann läuft’s. Wenn uns das Wetter keinen wahnsinnigen Streich spielt, sind wir gut dran.»
Unter dem uralten Handwerk der Köhlerei versteht man die Herstellung von Holzkohle mit Hilfe eines Meilers. Das ist ein Holzstapel, der in Form einer Halbkugel errichtet wird. Er wird entzündet und dann so verschlossen, dass immer nur eine genau dosierte Menge Sauerstoff zufliesst. Das Holz im Innern glimmt bei etwa 500 Grad über einige Tage, manchmal sogar Wochen, vor sich hin. So entsteht Holzkohle; etwa 70 Kilogramm pro Ster Holz. Während des Prozesses wird der Meiler von Köhlerinnen und Köhlern eng betreut.