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Erste Wikonerin im Luzerner Kantonsrat – und nach knapp 40 Jahren wieder eine Vertretung der Gemeinde in Luzern

Der Mitte-Kantonsrat Ludwig Peyer tritt diesen Monat zurück. Die Wikoner Gemeindepräsidentin Michaela Tschuor rutscht nach. Sie will sich im Kantonsparlament für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie einsetzen.

Der Willisauer Kantonsrat Ludwig Peyer tritt per 21. Juni aus dem Luzerner Kantonsrat zurück (das ZT berichtete). Der 57-jährige Mitte-Politiker hat im Juni 2006 im damaligen Luzerner Grossrat Einsitz genommen und wurde viermal wiedergewählt.

Nachfolgerin von Peyer wird Michaela Tschuor-Naydowski, Gemeindepräsidentin von Wikon und Vizepräsidentin Die Mitte Kanton Luzern.

Die 44-jährige Juristin leitet den Wahlkampf der Kantonalpartei 2023. Michaela Tschuor wird die erste Frau aus Wikon im Kantonsparlament sein und das sechste Rats-Mitglied aus der Gemeinde seit 1803 (siehe Box).

Tschuor trat an den Kantonsratswahlen 2019 an und holte damals 6963 Stimmen. Vor ihr lag Jakob Lütolf mit 7127 Stimmen. Beide wurden nicht gewählt. Damals verlor die CVP ausserdem im Wahlkreis Willisau einen Sitz (von 7 auf 6 Sitze). Der Sitz der zurückgetretenen Gemeindeschreiberin und Notarin Marlis Roos Willi aus Geiss konnte nicht verteidigt werden.

Jakob Lütolf konnte und wollte nicht

Für den Ludwig Peyer nachgerutscht wäre jetzt Jakob Lütolf. Er war auf dem ersten Ersatzplatz. Er hat jedoch aus zeitlichen und beruflichen Gründen verzichtet. «Er hat mich gefragt, ob ich Freude an diesem Amt hätte», sagt Michaela Tschuor. «Ich freue mich sehr. Aber es sind grosse Fusstapfen, in die ich trete», sagt sie, «Ludwig Peyer ist eine wichtige Persönlichkeit in der Kantonspolitik und ein Vorbild, auch für mich persönlich», sagt die Mitte-Politikerin bescheiden. Noch steht nicht definitiv fest, wann sie ihr neues Amt antreten wird.

Hat sie sich schon politische Ziele gesetzt? Die baldige Kantonsrätin will die Mitte-Politik im Kantonsrat und in der Region schärfen. Dazu gehöre, gute Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen. «Das liegt mir sehr am Herzen, gerade weil ich selbst Mutter bin und das am eigenen Leib erlebt habe. Wir haben viele Frauen, die nicht arbeiten gehen können, obwohl sie gebraucht würden in der Wirtschaft, weil es sich für die finanziell nicht lohnt und die Tagesstrukturen für die Kinder fehlen.»

Sie findet das Gesetz zur Kinderbetreuung «schwammig»

Das möchte sie ändern helfen. Die Gemeinden stehen ja laut Gesetz in der Pflicht, die Tagesstrukturen zu schaffen. Was sagt sie denn als Gemeindepräsidentin dazu? Das Gesetz sei zu schwammig formuliert. Es verlange von der Gemeinde, eine Umfrage zu starten, ob Bedarf vorhanden sei. «Das löst Angst vor hohen Kosten aus», sagt die Wikoner Gemeindepräsidentin.

Sie glaubt, dass die Gemeinden mehr Druck haben sollten zu handeln, und die Kosten gerechter verteilt werden sollten. Sprich, der Kanton sollte sich stärker beteiligen.  «Heute zahlt der Kanton nur etwas an die Betreuung im Volksschulbereich und wälzt vieles auf die Gemeinden ab.»

Der Fachkräftemangel in verschiedensten Branchen – Verwaltung, Pflege, Gesundheitsberufe und Medizin (Michaela Tschuor arbeitet in einer von ihrem Mann und ihr betriebenen Tierarztklinik) ist das zweite grosse Thema, das sie beschäftigt. Sie findet, dass der Kanton dringend etwas unternehmen und nicht nur darüber reden sollte.

Michaela Tschuor leitet auch den Wahlkampf 2023 der kantonalen Mitte-Partei. Es ständen bereits viele Kandidatinnen und Kandidaten in den Startlöchern. Fest steht: «Die Wahlkreispartei Willisau will den 2019 verlorenen Sitz zurückerobern», sagt sie.

Die Frage, wer von den fünf anderen bisherigen Mitte-Ratsmitgliedern aus dem Wahlkreis Willisau wieder antritt, kann sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. «Sie haben mir das noch nicht zurückgemeldet.»

Ich freue mich sehr. Aber es sind grosse Fussstapfen, in die ich trete.

Michaela Tschuor

designierte Kantonsrätin der Mittepartei, Wikon

Fünf liberale Grossräte und bald eine neue Mitte-Kantonsrätin

Michaela Tschuor ist die erste Frau und die erste Mitte-Politikerin aus Wikon, die ins Luzerner Kantonsparlament einzieht. Nach knapp 40 Jahren hat Wikon damit wieder eine Vertretung in Luzern. Tschuor ist aber nicht das erste Parlamentsmitglied aus der Nachbargemeinde von Zofingen. Laut unseren Recherchen im Staatsarchiv müsste sie das sechste Mitglied sein. Bis zum Wahljahr 2007 hiess das Parlament noch Grosser Rat (wie heute noch im Kanton Aargau). Es gab fünf Grossräte aus dem Dorf Wikon, und sie waren allesamt Liberale (heute FDP-Die Liberalen). Der Landwirt Ignaz Kaufmann (1805-1872) politisierte nur relativ kurz, von 1841 bis 1845. Johann Kaufmann (1850-1931), ebenfalls Landwirt, war von 1905 bis 1915 im Parlament. Der gelernte Landwirt und Posthalter Johann Arnold (1837-1905) sass über 30 Jahre, von 1871 bis 1905, im Grossen Rat. Der Fabrikant Josef Hunkeler (1895-1967) politisierte von 1935 bis 1955 für die Liberalen. Der kaufmännische Angestellte Fritz Hebeisen (1925-2012) schliesslich war Grossrat von 1967 bis 1983 – und damit der letzte Wikoner im Parlament. Er hatte Wurzeln im bernischen Langnau, die anderen Grossräte hatten Wikon als Heimatort. Im Herbst 2018 nominierte die FDP-Ortpartei Wikon den damaligen Gemeindepräsidenten René Wiederkehr als Kandidat für die Kantonsratswahlen 2019; danach hört man nichts mehr von dieser Kandidatur. Ende 2018 trat Wiederkehr bekanntlich von seinem Amt zurück. (ben)

Die Wikoner Gemeindepräsidentin Michaela Tschuor an einer Gemeindeversammlung 2021. Künftig wird sie auch im Kantonsrat politisieren. Tschuor wurde 2012 in den Gemeinderat von Wikon gewählt. Sie war zuerst Sozialvorsteherin. Nach dem Rücktritt von René Wiederkehr wurde sie als Gemeindepräsidentin gewählt.
Bild: Marc Benedetti