
Überlebende des Hamas-Massakers singt den Song von Israel für Basel – so politisch ist er
«Ein neuer Tag wird anbrechen. Jeder weint. Weine nicht allein. Die Dunkelheit wird verblassen. Aller Schmerz wird vergehen. Aber wir werden bleiben. Auch wenn du auf Wiedersehen sagst», heisst es im Song «New Day Will Rise» (Ein neuer Tag bricht an), dem israelischen Beitrag für den ESC in Basel. Interpretin Yuval Raphael singt den Refrain in englischer und französischer Sprache, gefolgt von hebräischen Versen aus dem biblischen Hohelied: «Mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen, auch Ströme schwemmen sie nicht hinweg.»
Eigentlich ein harmloser Text über Schmerz, Hoffnung, Liebe und Erneuerung, wie er in der Popmusik immer wieder vorkommt. Die Europäische Rundfunkunion (EBU) hat den Entstehungsprozess des Liedes eng verfolgt und ihn denn auch schon vor der offiziellen Veröffentlichung am letzten Sonntagabend genehmigt.
Der Text enthält keine expliziten politischen Botschaften oder Forderungen. Er verletzt die EBU-Grundsätze der Nicht-Politisierung nicht, weshalb die Teilnahmebedingungen erfüllt sind und einem Auftritt in Basel nichts mehr im Wege steht. Die EBU hat richtig entschieden.
Kennt man die persönlichen Hintergründe der Interpretin, erhält der Song aber unweigerlich eine hochpolitische Dimension: Yuval Raphael war am 7. Oktober 2023 am Supernova-Musikfestival und hat den mörderischen Terrorangriff der Hamas nur überlebt, weil sie sich unter Leichen versteckte. Im Musikvideo zum Song gibt es immerhin leichte Anspielungen auf die Vorfälle. Es zeigt junge Menschen in einer grünen Landschaft mit roten Anemonen, die Blume symbolisiert den israelischen Süden, also das Gebiet, wo der Terrorangriff der Hamas erfolgte.
Hinter Schweden und Österreich auf Platz 3
Yuval Raphael, die als Jugendliche drei Jahre mit ihrer Familie in Genf lebte, teilte in Interviews mit, dass sie ihre persönlichen Erlebnisse wie die Erfahrung ihres Landes teilen möchte. Das ist verständlich, legitim und hat es gerade in jüngster Zeit zum Beispiel in ukrainischen Beiträgen immer wieder gegeben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass man am Eurovision Song Contest das Politische nie ganz ausschliessen kann. Ob das jene auch so sehen, die schon vor der Veröffentlichung des Songs den Ausschluss von Israel forderten, ist leider zu bezweifeln. Anti-israelische Proteste und Demonstrationen sind deshalb auch in Basel zu erwarten.
Die EBU und die Organisatoren in Basel müssen auf der Hut sein. Szenen wie am letzten ESC im schwedischen Malmö, wo die israelische Vertreterin Eden Golan angefeindet und ausgebuht worden war, dürfen sich nicht wiederholen. In den Wettbüros ist die wunderschöne und optimistische Ballade aber sehr gut aufgenommen worden. Sie kletterte hinter Schweden und Österreich auf Platz 3.