Fehlender Durchhaltewillen und wenig Belastbarkeit – haben die Lehrbetriebe gar keine Lust mehr auf die Jungen?
Ende November hat das Bundesamt für Statistik neue Zahlen zu Lehrvertragsauflösungen und dem Wiedereinstieg in die Berufswelt veröffentlicht. Das Thema wurde von diversen Medien aufgegriffen. Dies nahm SVP-Grossrätin Nicole Müller-Boder zum Anlass für einen Vorstoss.
«Gemäss diverser Medienberichterstattungen befinden wir uns in puncto Lehrvertragsauflösungen auf einem traurigen Rekordniveau», schreibt sie in ihrer Interpellation, die sie am 6. Dezember im Grossen Rat eingereicht hat. Sie bezieht sich dabei auf eine Schlagzeile des Onlineportals «Nau.ch», wonach mehr als jeder Fünfte seinen Lehrlingsvertrag auflöse.
22,4 Prozent aller Lehrlingsverträge würden aufgelöst, in manchen Branchen seien es gar fast 50 Prozent. «Dies sollte die Politik beschäftigen», schreibt sie, vor allem auch unter dem Aspekt, dass ein Studium einem Ausbildungsplatz immer öfter vorgezogen werde. Dabei benötige die Wirtschaft nicht nur Studierte, sondern eben auch Handwerkerinnen, Handwerker und «Büezer».
Missmut bei den Ausbildungsbetrieben?
Besonders häufig würden gemäss Statistik Lehren in handwerklichen Berufen abgebrochen, zum Beispiel auf dem Bau oder in der Industrie. Als Grund für diese Entwicklung werde angegeben, dass die Jugendlichen falsche Vorstellungen hätten. Viele Lernenden seien erstaunt, wenn sie viel stehen und allenfalls schwere Türen anheben müssen. Auch Allergien auf Staub oder Lösungsmittel führten zu Vertragsauflösungen, genauso wie Pflichtverletzungen oder Konflikte.
Zudem bezieht sich Nicole Müller-Boder in ihrer Interpellation auf Informationen, wonach die «Generation Z» – Jahrgänge geboren nach 1997 – zudem häufiger einen sinnstiftenden Beruf wählten und «nicht einfach eine billige Arbeitskraft sein» wollten. «Zum einen erstaunen mich solche Begründungen, zum anderen widerspiegelt es aber auch die heutige Gesellschaft», so ihre Bilanz.
Im Berufsleben erkenne sie, dass fehlende Motivation und Belastbarkeit sowie fehlender Durchhaltewillen der Auszubildenden auch zu Missmut bei den Lehrbetrieben führe und die Bereitschaft, weiterhin Lehrlinge einzustellen, damit sinke.
Wolle man allerdings auch künftig als Wirtschaftsstandort funktionieren, braucht es ein Umdenken. Von der Regierung möchte Müller-Boder deshalb Antworten, wie hoch die Quote bei den Lehrlingsvertragsauflösungen im Kanton Aarau in den vergangenen Jahren war, wie sich die Vertragsauflösungen auf die Branche und Lehrberufe verteilen oder wie sich die Quote zwischen Studienabgängern und Lehrabgängern verhalte.