Mediengesetz: Die Linke fordert von den bürgerlichen Präsidenten «eine Distanzierung von extremen Kreisen»
Cédric Wermuth wird deutlich. «Bei den Gegnern des Mediengesetzes haben wir es mit einem rechten Propaganda-Sumpf zu tun», sagt der Co-Präsident der SP: «mit den Blocher-Medien rund um ‹Weltwoche› und ‹Nebelspalter›, rechtslibertären Kreisen und äussersten Rechten.»
Von diesen Kreisen seien SP, Mitte und FDP schon in der Abstimmungskampagne zur Revision des Covid-Gesetzes «mit Drohungen, Hass und Lügen» eingedeckt worden. «Jetzt stehen die bürgerlichen Parteipräsidenten Seite an Seite mit genau diesen Leuten», sagt Wermuth. «Das überrascht mich sehr.» Er erwarte nun von den bürgerlichen Präsidenten «eine klare Distanzierung von diesen extremen Kreisen».
Auch Balthasar Glättli erwartet eine klare Abgrenzung
Das fordert auch Grünen-Präsident Balthasar Glättli. «Nachdem die ‹Freunde der Verfassung› gegen die angeblichen Staatsmedien trycheln», sagt er, «erwarte ich von den bürgerlichen Parteipräsidenten eine ganz klare Abgrenzung.»
Die Nein-Kampagne zum Mediengesetz setzt sich aus verschiedenen Pfeilern zusammen. Es gibt ein politisches Komitee, ein Comité romand, ein Journalistenkomitee sowie weitere Nein-Komitees in den Kantonen. Zentral ist aber das Abstimmungskomitee «Mediengesetz Nein». Dem Vorstand gehören die vier Personen an, die das Referendum zustande brachten: Peter Weigelt (Medienunternehmer, alt Nationalrat der FDP), Philipp Gut (Kommunikationsunternehmer, Ex-«Weltwoche») und die Verleger Bruno Hug und Christian Keller.
Diese Köpfe aus dem rechtsbürgerlichen Milieu brachten 66’907 Unterschriften zusammen. Parallel dazu hatten auch die Massnahmenkritiker Unterschriften gesammelt, vor allem die «Freunde der Verfassung» und die Jugendorganisation «Mass-Voll». Sie steuerten rund 50’000 Unterschriften bei.
Verbindungen zwischen Komitee und Massnahmenkritikern existieren auch sonst. So hat sich das Onlineportal «Die Ostschweiz» zunehmend zum Medium der Massnahmenkritiker entwickelt. Ein Gastbeitrag auf dem Portal rückte die Impfkampagne des Bundes gar in die Nähe des Völkermords. Peter Weigelt, Präsident des Abstimmungskomitees, ist Verwaltungsratspräsident des Portals, das er gemäss Kampagnen-Website finanziert.
Philipp Gut berät auch die «Freunde der Verfassung»
Auch Philipp Gut, Geschäftsführer des Komitees, hat Beziehungen zu den Massnahmenkritikern. Mit seinem Büro «Gut Communications» berät er die «Freunde der Verfassung». Das wird im Umfeld der Bewegung bestätigt. Gut selbst sagt: «Ich gebe grundsätzlich keine Auskunft über meine Kommunikationsmandate und die Kunden.»
Im erweiterten Komitee sitzt zudem Nicolas A. Rimoldi, der Gründer von «Mass-Voll». Rimoldi hatte sich mit seiner Reaktion auf das deutliche Ja zur Covid-Gesetzesrevision vom 28. November ins Abseits manövriert. Er bezeichnete das Resultat als «nicht legitim und für uns nicht bindend». Weil es im Prozess des Abstimmungskampfes «beispiellose Unregelmässigkeiten» gegeben habe. Diese Aussagen bestätigt Rimoldi. Er betont aber: «‹Mass-Voll› grenzt sich zu 100 Prozent ab von Extremismus und Gewalt.»
«Ideologisches Ausgrenzungsdenken»
Aufgefallen sind im Abstimmungskampf ferner die «Helvetiatrychler». Sie trugen mehrfach an Umzügen das Plakat «Nein zu staatlich finanzierten Medien», so etwa auch an der Coronademo vom 8. Januar in Zürich.
Wie reagiert Philipp Gut auf Wermuths und Glättlis Forderungen? Dieses «ideologische Ausgrenzungsdenken» sei einer Demokratie «unwürdig», sagt er. «Es ist in aller Schärfe zurückzuweisen. Wir leben in einem liberalen Rechtsstaat mit freiheitlicher Ordnung.» Und: «Wer keine Argumente mehr hat, der diskreditiert die Gegenseite.»
«Ich distanziere mich ganz klar von diesen Organisationen»
Bei den bürgerlichen Präsidenten sehen es nicht mehr alle so locker, dass sie prominent auf der Website des Nein-Komitees aufgeführt werden. «Ich distanziere mich klar von diesen Organisationen», sagt GLP-Präsident Jürg Grossen. «Ich will nicht mit diesen Kreisen in Verbindung gebracht werden, habe nichts mit ihnen zu tun. Wir sind nur zufällig in einer Einzelfrage gleicher Meinung – aus unterschiedlichen Gründen.»
Grossen sagt Nein, obwohl Parteivorstand und Mehrheit der Fraktion für das Gesetz sind. Gegner und Befürworter würden sich nur in der Gewichtung unterscheiden, sagt er. Den Gegnern missfällt die Strukturerhaltung, den Befürwortern gefällt die Online-Förderung.
Bei der Mitte war «die klare Mehrheit der Fraktion für das Mediengesetz», betont die Ständerätin Andrea Gmür. «Medial wird aber nur die Minderheit gehört, genau wie beim Covid-Gesetzt.» Für Gmür ist ganz klar: «Wir, die Mitte, halten die Schweiz zusammen – und dafür braucht es eine lebendige Medienvielfalt.»
Pfister liess intervenieren beim Nein-Komitee
Dass das Komitee alle bürgerlichen Präsidenten prominent auf der Nein-Website verkauft, stösst ihr auf. «Es suggeriert damit, die bürgerlichen Präsidenten seien Mitglieder des Komitees», sagt sie. «Es hat aber bei Gerhard Pfister nicht nachgefragt, ob es Namen und Bild verwenden darf. Das passt dazu, wie es arbeitet: mit Halbwahrheiten und Fake News.»
Und was sagt Pfister selbst? «Die Verantwortlichen wurden darauf aufmerksam gemacht, dass ich nicht Mitglied ihres gegnerischen Komitees bin», sagt der Mitte-Präsident. «Ebenso wurde das Komitee gebeten, den Eindruck zu korrigieren, den ihre Website fälschlicherweise hervorruft.»
FDP und SVP sind klar gegen das Mediengesetz
Nicht distanzieren will sich FDP-Präsident Thierry Burkart. «Die FDP lehnt das Mediengesetz ab», sagt er. Diese Position vertrete er mit sachlichen Argumenten in der Öffentlichkeit. «Ich muss mich von niemand distanzieren, mit dem ich nichts zu tun habe. Die Linken distanzieren sich nicht einmal, wenn sie auf ihrer Seite Organisationen haben, die sogar mit illegalen Aktionen für dasselbe Ziel kämpfen wie sie.»
Und SVP-Präsident Marco Chiesa sagt: «Die SVP hat die Nein-Parole gefasst und engagiert sich gegen das für unsere Demokratie schädliche Medienförderungsgesetz.»