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Von Pussy Riot bis Picknicks: Das passiert am diesjährigen Frauenstreik

In 31 Städten der Schweiz sind Aktionen geplant für den diesjährigen feministischen Streiktag. Im Zentrum der Forderungen stehen die AHV-Reform und die Revision des Sexualstrafrechts.

«Immer noch hässig»: Mit diesem Slogan wollen feministische Kollektive dieses Jahr wieder Tausende für einen landesweiten Streik auf die Strassen bringen. 2019 hatten sich circa eine halbe Million Menschen beteiligt – es war eine der grössten politischen Aktionen der Schweizer Geschichte.

Seither erschwerte die Pandemie die Mobilisierung. Doch die Bewegung wusste auch kreativ damit umzugehen, etwa mit Forderungen zur Pflege- und Betreuungsarbeit sowie Aktionen wie der «feministischen Schluckimpfung» von 2021 in Aarau.

Ein Blick auf das Programm der regional organisierten Kollektive zeigt: Dieses Jahr sind die dominierenden Themen die Erhöhung des Frauenrentenalters und die Revision des Sexualstrafrechts.

In Bern ruft die Unia zur Demonstration gegen die AHV-Reform und auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund schreibt auf Anfrage von CH Media: «Die gewerkschaftliche Mobilisierung fokussiert dieses Jahr klar auf die Rentenfrage.» Die AHV-Reform würde «einseitig von den Frauen bezahlt» und dies obwohl die Frauen im Schnitt einen Drittel weniger Rente erhielten.

Konzert von Pussy Riots ausverkauft

Schweizweit sind die Aktionen aber sehr breit aufgestellt. In Zürich gibt es bereits seit dem 10. Juni verschiedenste Anlässe, darunter Spray-, und Siebdruck-Workshops sowie ein «Beschwerdetelefon» in Zusammenarbeit mit dem lokalen Radio Lora. Am Nachmittag vom 14. Juni gibt es unter anderem ein «Internationales Picknick».

Auch in kleineren Orten ist der Frauenstreik dieses Jahr aktiv. Zum Beispiel wird auch in Baden und Glarus gemeinsam gepicknickt. In Schaffhausen findet eine öffentliche Strickaktion statt, in Altdorf ein Sitzstreik und in Lugano ein Flashmob.

Die grösseren Versammlungen sind überall erst gegen Abend geplant. In Zürich, Basel, Luzern und Genf beginnen die Demonstrationen um 18.00 Uhr, in Lausanne um 18.30 Uhr und in Bern um 19.00 Uhr.

Besondere Aufmerksamkeit erregen dürfte ein Konzert der Pussy Riots in Basel. Tickets gibt es bereits keine mehr. Die feministische Punkband aus Russland ist derzeit auf einer europaweiten Tournee gegen den Krieg in der Ukraine. Dass sie ausgerechnet am Schweizer Frauenstreiktag in der Schweiz spielen, ist Zufall. Bandmitglied Olga Borasova freuts, wie sie gegenüber CH Media sagt: «Ich bin sehr glücklich, dass wir genau an diesem Tag in der Schweiz auftreten werden.»

Feministische Bewegung scheint weniger ermüdet als Klimastreik

Trotz all den geplanten Veranstaltungen ist vielen Aktivistinnen klar, dass sich der diesjährige Frauenstreik nicht mit demjenigen von 2019 wird messen können. In Basel rechnet Rhea (26) vom Streikkollektiv mit 1000 bis 1500 Leuten an der Demo, also circa so vielen wie letztes Jahr. «Die Mobilisierung ist durch die Pandemie eindeutig abgeflacht, aber dieses Problem haben viele Bewegungen», so Rhea.

Als Beispiel dafür taugt die Klimabewegung. Auch deren Aktionen haben nicht mehr die gleiche Schlagkraft wie vor der Pandemie. Ausserdem scheinen viele Aktivistinnen und Aktivisten ausgelaugt und frustriert zu sein. Beim Frauenstreik scheint die Situation weniger angespannt. «Es ist schon so, dass es manchmal frustrierend ist und einige müde sind», sagt Rhea aus Basel. «Aber unsere Wut ist immer noch stark.»

Neue Themen dank Coronapandemie

Ähnlich sieht es Jane (22) aus Luzern. «Es gibt auch bei uns Leute, die sich ab und zu etwas zurücknehmen müssen. Diejenigen, die 2019 sehr aktiv waren, haben die Aufgaben Leuten mit neuem Elan übergeben», so Jane gegenüber CH Media. Die diesjährige Mobilisierung sei schwierig abzuschätzen. «Es gab den Riesenanlass von 2019 und dann die Pandemie. Wir hoffen, es bleibt in Luzern dieses Jahr bei rund 2000 Leuten.»

Laut Anna-Béatrice Schmaltz (29) vom Zürcher Kollektiv ist der Vergleich mit dem Klimastreik schwierig, weil der feministische Streik nur einmal im Jahr stattfinde. «Zudem ist die Motivation bei vielen während der Coronakrise nochmals gestiegen, weil sich die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern verschärft haben», so Schmaltz.

Themen wie Sorge- und Betreuungsarbeit, häusliche Gewalt seien verstärkt auf die Agenda gekommen. Grundsätzlich sieht Schmaltz im feministischen Streik noch immer «grosses Mobilisierungspotenzial». In Zürich rechnet sie mit mehreren Tausend Menschen.

Hier finden die Aktionen in der Schweiz statt. Die Website «14. Juni» hat die Anlässe gesammelt.