Aargauer Fernwanderer mit Silberhaaren im Wind: «Unsere Körper machen bis jetzt gut mit»
Seit gut einem Monat sind die beiden pensionierten Kollegen aus dem Bezirk Brugg zu Fuss Richtung Nordsee unterwegs. Am 27. April nahm das Abenteuer auf Schloss Habsburg in der Wohngemeinde von Filmer Hanspeter Bäni seinen Anfang.
Seither haben sich Bäni und Sozialpädagoge Jürgen Podlass aus Scherz nicht nur viel besser kennengelernt, sondern auch schon etwa 450 Kilometer – gut einen Drittel – auf dem 1300 Kilometer langen Marsch zum Leuchtturm auf der Insel Sylt zurückgelegt. Am Wochenende erreichten die Neurentner Frankfurt.
«Unsere Körper machen bis jetzt gut mit, obwohl wir schon Etappen mit 25 Kilometer absolviert haben über Stock und Stein», lautet das Zwischenfazit von Hanspeter Bäni. Natürlich kann es mal Blasen oder eine Magenverstimmung geben. Bänis Gepäck mit Camping- und Kameraausrüstung wiegt über 35 Kilo, das von Podlass etwas weniger.
Beide schieben es mit einem Handwagen vor sich her. Bäni musste sein Wägeli bereits reparieren, weil die Deichsel aus Aluminium gebrochen war.
Sie haben sich auf eine Arbeitsteilung geeinigt
Überhaupt wurde die Ausrüstung schon einigen Härtetests unterzogen – insbesondere zu Beginn des Abenteuers. Im fast endlosen Schwarzwald gäbe es bestimmt angenehmere Erfahrungen, als in einem nassen Schlafsack zu übernachten.
Der Dok-Filmer bezeichnet die Stimmung zwischen den beiden Männern als gut. Es könne aber auch mal Reibereien geben. «Dann diskutieren wir alles schnell aus und sind nicht nachtragend», erklärt Bäni.
Inzwischen haben sich die Kollegen auf eine Arbeitsteilung geeinigt: Als ehemaliger Wanderleiter navigiert Jürgen Podlass die beiden Abenteurer durch die Gegend und Hanspeter Bäni konzentriert sich aufs Filmen, damit am Schluss ein Kinofilm entstehen kann. Selbstironisch erzählt Bäni, wie die Arbeitsteilung im Alltag funktioniert:
«Geht es um das Finden des Nachtlagers, komme ich zum Zug. Ich drücke jeweils die Klingel bei Leuten und erzähle den Menschen mit unüberhörbarem Schweizer Akzent, wer wir sind, woher wir kommen und wohin wir gehen wollen.»
So erlebten sie Gastfreundschaft vom Feinsten. «Nachdem wir jeweils im Garten der Leute unsere Zelte aufgebaut haben, werden wir oft zum Abendessen und Frühstück eingeladen. Zudem dürfen wir duschen», schwärmt der Habsburger.
«Wir reden über Pensionierung, Gastfreundschaft, Glück und Sinn des Lebens.» Nicht selten filme er die Begegnungen mit den Gastgebern.
Ein Abstecher in ein buddhistisches Kloster
Vergangene Woche nächtigten die beiden Aargauer in einem buddhistischen Kloster in Wald-Michelbach zwischen Heidelberg und Darmstadt.
Bäni durfte die Nonne und Leiterin des Klosters, Hue Nghiem, die früher Monika hiess und in der Parfümindustrie arbeitete, interviewen. «Durch ihre Aussagen wird der Film Tiefe erhalten», verspricht der Dok-Filmer.
Diese Woche wird – als weiteren Höhepunkt für Hanspeter Bäni – Oliver Lazar, der den Bestseller «Jenseits von Materie» geschrieben hat, die Neurentner ein Stück weit begleiten. Der Professor für Informatik und Medizin habe sich unter anderem an eine nach wissenschaftlichen Kriterien gerichtete Studie gemacht, deren zentrale Frage war: Gibt es ein Leben nach dem Tod? «Das wird dann noch weitergehen als die Weisheiten, die ich aus dem Kloster mitgenommen habe», so Bäni.
Damit beschäftige er sich mit Fragen, «die sich uns zwei Junior-Rentnern stellen, die ihrem letzten Lebensabschnitt bewusst entgegentreten möchten». Aus persönlicher Erfahrung kann Bäni versichern:
«Es gibt auch ein Leben vor dem Tod. Aber man muss es sich selbst gestalten, falls man die Möglichkeit dazu hat.»
In seinem wöchentlichen Update auf Facebook beschreibt er mit einem Augenzwinkern, wie er sich in Gelassenheit übt.