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Schönere Bio-Äpfel und obendrauf Strom produzieren: Der Aargau prescht bei diesen neuartigen Solaranlagen vor

Mit speziellen Solarmodulen kann auch auf dem Acker oder in Obstplantagen Strom produziert werden. Eine Pilotanlage in Frick soll zeigen, welche Vorteile dies für die lokale Landwirtschaft bringt. Bis 2026 sind zwei weitere Anlagen im Aargau geplant.

Der wichtigste Gast kam zu spät: die Sonne. Gemeinsam drückten Landwirtschaftsdirektor Markus Dieth und Jürn Sanders vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) am Donnerstagmorgen den Buzzer – und nahmen so die erste von drei sogenannten Agri-Photovoltaikanlagen in Betrieb. Doch der Nebel, der noch über dem Fricktal hing, verhinderte, dass die Anlage direkt auf Hochtouren lief.

Genug Strom, um die Glühbirnen zum Erleuchten zu bringen, produzierten die in Glas eingeschweissten Solarzellen trotzdem. Der offizielle Start des Forschungsprojekts AgriSolar war damit gelungen.

Die Idee hinter Agri-Photovoltaik, kurz Agri-PV, ist einfach: Auf der gleichen Fläche Nahrungsmittel und Solarstrom produzieren. Doch in der Praxis stellen sich noch viele Fragen zur neuen Anbaumethode. Diese soll das Forschungsprojekt am FiBL in den kommenden Jahren beantworten.

Matthias Müller, Leiter der kantonalen Abteilung Landwirtschaft, betonte, dass der Mehrwert für die Nahrungsmittelproduktion im Fokus stehe und nicht die Stromproduktion. So schützen die Solarmodule die Kulturen vor Regen oder zu viel Sonne. Das ist umso wichtiger, weil Wetterextreme mit dem Klimawandel zunehmen. Zudem gilt es, auf immer weniger Fläche immer mehr zu produzieren.

Wie funktioniert die Versuchsanlage in Frick?

Die Agri-Photovoltaikanlage befindet sich auf dem Gelände des FiBL. Über eine Fläche von 600 Quadratmetern wurden Apfelbäume mit transparenten Solarmodulen auf Metallstützen überdacht. Die Anlage produziert rund 50 Kilowatt-Peak Strom. Das ist etwa fünf Mal so viel wie eine typische Dachsolaranlage auf einem Einfamilienhaus.

Statt Netzen schützen nun transparente Solarmodule die Äpfel vor Hagel oder zu viel Sonne an Hitzetagen.
Bild: Raphaël Dupain

Die zweite Hälfte der Plantage ist standardmässig mit Hagelnetzen abgedeckt. So kann direkt verglichen werden, wie gut die Bio-Äpfel der Sorten Gala und Rustica je nach Anbaumethode wachsen.

Ähnliche Anlagen auf Obst- und Beerenplantagen gibt es bereits im In- und Ausland. Speziell an der Anlage in Frick ist allerdings die Lage am Hang. Zudem sollen künftig Regenrinnen das Wasser auffangen und in einem künstlich angelegten Teich sammeln.

Was ist zu den anderen zwei Pilotanlagen bekannt?

Die zweite Pilotanlage wird 2025 auf einem Feld in Suhr gebaut. Der genaue Standort steht noch nicht fest. Auf einer Fläche von einer Hektare sollen drehbare Solarmodule installiert werden. So lässt sich die Stromproduktion optimieren. Stehen die Module senkrecht, kann das Feld zudem immer noch mit Maschinen bearbeitet werden.

Läuft alles nach Plan, wird 2026 die dritte Pilotanlage in Betrieb gehen. Sie wird auf einer Wiese im Fricktal gebaut. Vorgesehen ist, dass die Solarmodule an Seilen aufgehängt sind.

Was verspricht sich der Kanton vom Forschungsprojekt?

Viele Bäuerinnen und Bauern zögern, eine Agri-Photovoltaikanlage zu bauen. Allein die Baubewilligung zu erhalten, ist eine Herausforderung. Bis vor kurzem durften Solaranlagen auf Landwirtschaftsland nur in Ausnahmefällen gebaut werden. Seit der Revision des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes 2022 sind sie erlaubt, wenn sie einen Vorteil für die landwirtschaftliche Produktion bringen.

Matthias Müller hofft, dass das Forschungsprojekt den Weg für den Bau von privaten Agri-Photovoltaikanlagen ebnet.
Bild: Raphaël Dupain

Was das genau bedeutet, ist allerdings unklar. Es liegt letztlich im Ermessen der kantonalen Baudepartemente, die über die Gesuche entscheiden. Matthias Müller sagte, schon nur der Nachweis, dass die eigene Anlage einen Produktionsvorteil bringt, sei im Voraus kaum zu erbringen. Hier soll das Forschungsprojekt die nötigen Erkenntnisse liefern.

Was kostet das Projekt – und wer bezahlt?

Der Bau der drei Anlagen inklusive Messtechnik für die wissenschaftliche Begleitung kostet 3,65 Millionen Franken. Geldgeber sind der Kanton und die Zürcher Leopold Bachmann Stiftung, weitere Sponsoren werden gesucht.

Gibt es schon ähnliche Anlagen in der Schweiz?

Im Aargau wurde schon vor dem Forschungsprojekt am FiBL eine Agri-PV-Anlage bewilligt. Im Mai erhielt Eva Kollmann die Erlaubnis, auf ihrem Landgut in Wiggwil eine 7000 Quadratmeter grosse Anlage über ihren Beerenzu bauen. Auch im luzernischen Aesch wachsen seit letztem Jahr Himbeeren unter Solarmodulen. Auf dem Acker gibt es aber laut FiBL noch keine Agri-Photovoltaikanlage in der Schweiz.