
Deshalb ist diese Heim-WM eine Schweizer Triumphfahrt – eine Medaille sticht dabei besonders heraus
Als Sarah Höfflin nach ihrem Sprung wieder auf ihren beiden Ski steht, hat sie die Augen ungläubig aufgerissen und den Mund offen. Ihre Hände legt sie an den Helm. Ihre Reaktion lässt vermuten, dass sie selbst überrascht über ihre Leistung an der heimischen Freestyle-Weltmeisterschaft ist.
Die 34-Jährige hat einen Medaillensatz bei den «X-Games» und eine Goldmedaille bei den olympischen Winterspielen in Pyeongchang geholt. Einzig Edelmetall an einer Weltmeisterschaft fehlte ihr noch. Viermal klassierte sie sich auf dem undankbaren Platz vier. Dass die Genferin an der Heim-WM in St. Moritz ihre Medaillensammlung erweitern konnte, wirkt wie ein Märchen. Beim Big Air im Auslauf der ehemaligen Olympiaschanze in St. Moritz springt Höfflin zu Silber.
Vor der heimischen Weltmeisterschaft musste sie wegen einer Fersenprellung sechs Wochen aussetzen. Bei ihrem Comeback Mitte März sprang sie lediglich auf Rang 22. Deshalb rechnete man ihr nicht grosse Chancen zu. Beim Big-Air-Wettkampf am Samstag war aber von ihrer längeren Absenz auf den Ski nichts anzumerken. Im Gegenteil.
Genferin verpasst knapp den Weltmeistertitel
Höfflin startete ideal in den Wettkampf. Nach den ersten zwei Runs – von drei Runs fliessen zwei in die Wertung ein – führte die Genferin das Zwischenklassement an und durfte sogar noch vom Titel träumen. Im letzten Run setzte sich aber die Saison-Dominatorin Flora Tabanelli aus Italien an die Spitze.
Die Genferin setzte nochmals alles daran, die Italienerin zu überflügeln und zeigte in ihrem dritten Run einen spektakulären Sprung. Bei der Landung musste sie aber hinter sich in den Schnee greifen, weshalb sie ihr Skore nicht mehr verbessern konnte. Ihre 170,75 Zähler reichten dennoch für die Silbermedaille.

Bild: Gian Ehrenzeller/AP
Mit 90,50 Punkten in ihrem ersten Run setzte Höfflin ausserdem den besten Sprung des Abends in den Schnee. Hinter der erst 17-jährigen Flora Tabanelli und Sarah Höfflin komplettierte die Finnin Anni Karava das Podest. «Ja, diese Medaille war die letzte, die mir noch gefehlt hat», sagt Höfflin gegenüber SRF. Enttäuscht über den verpassten Weltmeistertitel ist sie dennoch.
Zwischen grosser Enttäuschung und Glück
Noch enttäuschter war Andri Ragettli. Für den Bündner war der Wettkampf schon nach zwei Runs und zwei Stürzen gelaufen. Zum Verhängnis wurde dem 26-Jährigen die Landung und der weiche Schnee, wie er nach dem Wettkampf gegenüber SRF mitteilt: «Die Landung war extrem weich. Zweimal dachte ich, ich kann den Sprung stehen, aber ich bin jeweils im Schnee eingesoffen und konnte es danach nicht schön rausfahren.»

Bild: Gian Ehrenzeller/EPA
Schlussendlich belegte Ragettli den zehnten und letzten Rang in diesem Big-Air-Final. Nach dem undankbaren vierten Schlussrang im Slopestyle vor acht Tagen war dies die zweite grosse Enttäuschung an dieser Heim-WM.
Die Glücksgefühle waren an diesem Wochenende beim Schweizer Snowboardcross-Duo. Im Teamwettkampf am Samstag schafften Sina Siegenthaler und Ersatzmann Valerio Jud die Überraschung und gewannen die Bronzemedaille.

Bild: Gian Ehrenzeller/Keystone
Schweiz an der Spitze der Medaillenwertung
Für den perfekten Abschluss sorgten Noé Roth und Pirmin Werner im Aerials. Die beiden holten im letzten Wettkampf Gold sowie Bronze und damit Medaillen Nummer acht und neun. Der 24-jährige Zuger verteidigte seinen Weltmeistertitel, den er vor zwei Jahren in Bakuriani holte.
«Der beste Sprung von mir ‹ever›!», sagt er gegenüber SRF. Roth kann es auch nachdem er die Goldmedaille um den Hals gehängt bekam, noch nicht wirklich glauben: «Die Chance, Weltmeister im eigenen Land zu werden, hat man einmal im Leben.»
Und Roth ist nicht der Einzige, der die begehrteste aller Medaillen abstaubte. Auch vier andere Schweizer holten an der Heim-WM Gold. Weiter gab es eine silberne und drei bronzene Medaillen. Damit klassiert sich die Schweiz nach allen 30 Entscheidungen auf dem ersten Platz des Medaillenspiegels und könnte damit diese Heim-WM nicht besser beenden.