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Warum ein junger Aargauer einen Parkschaden selbst berappen muss – obwohl die verursachende Person identifizierbar ist

Ein Parkschaden kommt einen Mann aus Frick teuer zu stehen, weil er nicht dagegen versichert ist. Weil es aber Überwachungsbilder vom entsprechenden Areal gibt, hofft er auf Hilfe der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Aus Datenschutzgründen geht das aber nicht. Wie der junge Mann doch noch Hilfe findet.

«Ich finde es blöd, dass ich so viel Geld selbst bezahlen muss», sagt der junge Mann in die Kamera des Konsumentenmagazins «Kassensturz» des Schweizer Fernsehens. Der Hintergrund: Der Fricker muss für einen Parkschaden aufkommen – 2500 Franken kostet er ihn. Und das, obwohl er ihn nicht einmal selbst verursacht hat.

Der Reihe nach: Am 8. August parkiert der Fricker den BMW, den er sich mit seinem Vater teilt, auf dem Parkplatz der Citygalerie in Brugg. Bevor er am Abend wieder losfährt, kontrolliert er das Auto. «Ich schaue es eigentlich immer an, bevor ich einsteige», sagt er.

Dabei stellt der 20-Jährige fest, dass ein anderes Fahrzeug mit seinem kollidiert sein muss. An der rechten Vorderseite hat der BMW eine sehr grosse Delle. Gegenüber «Kassensturz» sagt er: «Ich habe gleich geschaut, ob irgendeine Notiz hinterlegt ist oder vielleicht eine Adresse oder eine Nummer.» Fehlanzeige.

Auf dem Parkplatz Citygalerie in Brugg ist es zum Vorfall gekommen.
Noah Merz

Staatsanwaltschaft kann Kamerabilder als Beweismittel nicht zulassen

Also erstattet der Fricker bei der Polizei Anzeige gegen unbekannt. Wenige Tage später erinnert sich der Aargauer daran, dass der Parkplatz videoüberwacht ist. Er kontaktiert den Hausmeister und dieser überprüft die Aufnahmen. Er bestätigt ihm, dass auf den Aufnahmen zu sehen sei, wie jemand in das Auto hineinfahre und den Ort verlasse. Auch das Nummernschild sei erkennbar.

Die Polizei prüft in der Folge die Aufnahmen und reicht den Fall der Staatsanwaltschaft weiter. Kurze Zeit später meldet sich die Polizei beim Geschädigten. Was dieser zu hören bekommt, ist ernüchternd. Die Aufnahmen der Überwachungskameras seien von der Staatsanwaltschaft als Beweismittel abgelehnt worden.

«In der vorliegenden Situation ist es für den Autofahrer schlicht nicht ersichtlich gewesen, dass er überwacht wird», sagt Adrian Schuler, Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Aargau, gegenüber SRF. Das entsprechende Hinweisschild gebe es zwar, doch: «Es ist so klein, dass es nicht ersichtlich ist, und deshalb konnten wir die Überwachungsbilder nicht als Beweismaterial beiziehen.»

Adrian Schuler, Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Aargau.
Dominic Kobelt

Damit solche Aufnahmen verwendet werden dürften, müssten Autofahrer schon beim Eingang des Parkplatzes auf Kameras hingewiesen werden, sagt Adrian Schuler weiter. Zudem sei es der Staatsanwaltschaft nur möglich, solche Videoaufnahmen bei schweren Vergehen oder Verbrechen als Beweismittel zuzulassen. Für diese Begründung wiederum hat der Fricker wenig Verständnis. Er sagt:

«Was die Staatsanwaltschaft sagt, macht für mich nicht so viel Sinn. Die Kameras sind ja nicht als Dekoration da.»

Immobilienfirma gibt Überwachungsaufnahmen an Polizei weiter

Das Gesetz habe seine Berechtigung, sagt Ursula Uttinger von der Hochschule Luzern. Sie ist Datenschutzexpertin und erklärt den Fall näher: «Es geht hier um den Schutz der Privatsphäre. Es kann nicht sein, dass man in der Öffentlichkeit ständig überwacht wird.» Das Stichwort sei «Transparenz». Eine Person müsse darauf hingewiesen werden, dass sie gefilmt wird. Und dennoch hat sie ein Verständnis für den Betroffenen, sagt Uttinger im Beitrag.

Der Parkplatz in Brugg wird vom Immobilienkonzern Wincasa verwaltet. Die Firma wäre dafür verantwortlich gewesen, die Kameras korrekt zu beschildern. Mittlerweile hat Wincasa bei der Parkplatzeinfahrt ein grosses Schild angebracht.

Gegenüber dem «Kassensturz» sagte Wincasa, sie sei im rechtlich vorgegebenen Rahmen bereit, dem Betroffenen zu helfen. Die Aufnahmen könnten aber nur an die Polizei weitergegeben werden. Wieder kein Erfolg also für den jungen Autofahrer, der damit nach wie vor auf den Kosten sitzen bleibt.

Doch noch ein Happy End

Das stimme zwar, sagt Datenschutzexpertin Ursula Uttinger, es gebe aber eine andere Möglichkeit, damit dem jungen Mann aus Frick geholfen werde: Die Immobilienfirma könne die Autonummer auf den Videoaufnahmen überprüfen und die Person, die den Unfall verursacht hat, kontaktieren und die bitten, für den Schaden aufzukommen. Uttinger betont: «Das ist aber freiwillig.»

Genau das macht Wincasa. Die Firma kontaktiert die Schadenverursacherin und vermittelt zwischen den beiden Parteien. Und so hat die Geschichte ein Happy End. Der Fricker berichtet: «Die Frau hat sich bei mir entschuldigt. Sie meldet den Schaden ihrer Versicherung.» (cri)