Der zaubernde Schiedsrichter musste zuerst gegen den Krebs kämpfen – nun pfeift er an der Weltmeisterschaft
Der Schreckmoment kommt im Sommer 2022 auf der Rückfahrt aus den Ferien in Kroatien. Daniel Matkovic hält an einer Raststätte. Er entdeckt Blut im Urin. Zunächst macht er sich noch nicht zu viele Gedanken, pfeift weiterhin Spiele in der Champions League. Er ist fit, sportlich so gut wie noch nie. Erst Monate später, im Dezember, geht er endlich zu einem Spezialisten. Die Situation gab ihm keine Ruhe. Es ist ein Schock, als ihm der Arzt sagt: «Sie haben einen Tumor, Sie haben Krebs.» Es ist ein Schock. «Plötzlich stellen sich ganz andere Fragen», sagt er. Seine beiden Söhne sind zu jenem Zeitpunkt sieben und neun Jahre alt. «Ich machte mir Sorgen, zu verpassen, wie sie aufwachsen.»
Doch es kommt gut. Noch ist der Krebs zwar offiziell nicht besiegt, doch die regelmässigen Kontrollen verlaufen gut. Und der 34-jährige Berner ist schnell zumindest so fit, dass er wieder Futsalspiele pfeifen kann. Nur einige Monate nach dem Start der Behandlung – Matkovic hat wegen der Medikamente deutlich an Gewicht zugelegt – pfeift er an der U19-Europameisterschaft im September 2023 in Kroatien so gut, dass er den Final leiten darf. Der Fifa und der Uefa hat er von seiner Erkrankung nichts gemeldet. «Natürlich haben die Verantwortlichen gemerkt, dass ich aufgegangen bin wie ein Gipfeli. Aber erst vor dem Final ist durch Schiedsrichterkollegen dann durchgesickert, dass ich Krebs habe», erzählt Matkovic. Er leitet den Final ohne Probleme.
Sein bewusster Entscheid für die Halle
Inzwischen ist Daniel Matkovic wieder so richtig in Form, die zusätzlichen Kilos sind weg. An der am Samstag beginnenden Futsal-Weltmeisterschaft in Usbekistan ist er der einzige Schweizer auf dem Platz. Während der Sport hierzulande eine krasse Randsportart ist, ist er in anderen Teilen der Welt äusserst beliebt. In Südamerika, Südeuropa, Osteuropa oder Asien füllt die Sportart die grössten Hallen. Manchmal, wenn Matkovic pfeift, sind mehrere Tausend Zuschauer mit dabei.
Futsal-WM ohne die Schweiz
In Usbekistan startet am Samstag die Weltmeisterschaft im Futsal. Die Sportart ist eine aus Südamerika stammende Form des Hallenfussballs. Der Ball ist kleiner als beim Fussball, härter und weniger federnd. Gespielt wird jeweils mit fünf Spielern.
An der Weltmeisterschaft in Usbekistan sind 24 Mannschaften dabei, darunter sieben europäische Teams. Zu den Topfavoriten zählen Brasilien, Spanien und Titelverteidiger Portugal.
Deutlich nicht qualifiziert hat sich derweil das Schweizer Nationalteam. Das Team blieb bereits in der ersten von drei Phasen der Qualifikation hängen und belegte hinter Moldawien und Griechenland lediglich den dritten Rang. Beide Gegner konnten sich in der Folge ebenfalls nicht für die WM qualifizieren.
Daniel Matkovic hätte eigentlich gute Chancen gehabt, auch als Fussball-Schiedsrichter durchzustarten. Mit 25 Jahren pfeift er bereits in der 2. Liga interregional, die Türen standen offen. Übergangsmässig ist er jeweils im Winter Futsal tätig. Dort erfolgt der Aufstieg schneller. Als er Fifa-Schiedsrichter wird, setzt er vollständig auf die Halle statt auf den Rasen. «Für mich hat Futsal eine besondere Faszination», erklärt er. Die Geschwindigkeit des Spiels und die Technik der Spieler seien aussergewöhnlich. Das Einzige, was er vermisse, sei der Geruch des Rasens. Als Kind hatte er sich als grosser Fan von Manchester United bei einem verpfiffenen Spiel gegen sein Team entschieden, dass er es selber besser machen möchte.
Der missglückte Zaubertrick
Heute ist Daniel Matkovic nicht nur einer der weltbesten Futsal-Schiedsrichter, hauptberuflich arbeitet er in der Geschäftsleitung der privaten Spitex Qualis Vita. Daneben verdient er sich auch noch etwas dazu als Zauberer. In seinen Shows ist es jeweils immer sein Ziel, die Menschen zum Staunen und Lachen zu bringen. Das schafft er auch beim Interviewtermin in einem Berner Café. Matkovic macht einen Kartentrick, Journalist und Fotograf staunen. «Ich möchte mit allem, was ich mache, den Menschen Freude bereiten», sagt er.
Nur einmal hat Daniel Matkovic versucht, die Zauberei mit der Schiedsrichterei zu verbinden. Es ging gründlich schief. Matkovic pfeift ein Testspiel von Sporting Lissabon. Ein Team, das er in der Champions League schon mehrmals gepfiffen hat. Angestachelt von seinen Schiedsrichterkollegen lässt sich Matkovic vor dem unbedeutenden Spiel zu einem Scherz hinreissen. Er möchte die Münze beim Münzwurf verschwinden lassen. Doch völlig verschwitzt misslingt der eigentlich für ihn geübte Trick, die Münze landet im Gesicht des Captains von Sporting Lissabon. «Er schaute mich völlig verdutzt an, und ich versuchte, professionell zu bleiben und nicht laut loszulachen», sagt Matkovic.
Somit lässt er solche Zaubertricks an der Weltmeisterschaft lieber sein. Derweil versucht er besonders nach seiner Krebserkrankung, das Leben positiv zu sehen. «Ich versuche, solche Erlebnisse noch viel mehr zu geniessen. Eine Weltmeisterschaft in einem futsalbegeisterten Land wie Usbekistan, das wird toll», sagt Daniel Matkovic. Die Vorfreude beim einzigen Schweizer an der Futsal-WM ist riesig.